personal- und organisationsentwicklung
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wirtschaft + weiterbildung
06_2018
streben wir zur Erreichung der Unter-
nehmensvision an? Was konkret wollen
wir bis wann erreichen? (Strategische
Ziele).
• Wie stellen wir es an, unsere strategi-
schen Zielsetzungen zu erreichen? Was
müssen wir bedenken? Was können
wir konkret, wie zur Zielerreichung
nutzen? (Unternehmensstrategie).
3. Teambuilding
(Sozialdimension)
Strategiearbeit ist im Rahmen systemi-
scher Strategieentwicklung Aufgabe des
Managementteams. Die intensive Grund-
satzarbeit im Rahmen moderierter Klau-
suren und Workshops ist – quasi als „Ne-
benprodukt“ – auch eine beziehungsstär-
kende Teamentwicklungsmaßnahme für
das Leitungsteam. Ist im Vorfeld erkenn-
bar, dass offene oder latente emotionale
Spannungen oder fehlendes Vertrauen in
die fachliche oder persönliche Integrität
der Teammitglieder den Prozess belas-
ten oder gefährden könnten, sollte durch
einen Teamworkshop oder eine mode-
rierte Konfliktklärung erst der Boden für
einen fruchtbaren Strategieentwicklungs-
prozess bereitet werden. Die Strategieent-
wicklung kann danach durch ein „Execu-
tive Teamcoaching“ begleitet werden.
Jeder Strategieprozess ist, über die Impli-
kationen auf das Management- und Stra-
tegieteam hinaus, kulturbildend für die
gesamte Organisation. Wird der Prozess
kommunikativ und integrativ gestaltet,
wirkt die unvermeidbar parallel zur Er-
arbeitung der strategischen Ausrichtung
ablaufende Kulturentwicklung integrie-
rend und stützt die Umsetzung der strate-
gischen Überlegungen über den Erarbei-
tungsprozess hinaus nachhaltig.
Strategieumsetzung bedeutet
Kulturwandel
Etwas zu planen ist die eine Sache, etwas
umzusetzen eine ganz andere. Wovon
jeder Projektleiter ein Lied singen kann,
gilt auch und in besonderem Maße für die
Organisations- oder Unternehmensstra-
tegie. Strategische Bemühungen bedeu-
ten immer ein absichtsvolles Einwirken
auf das bestehende soziale System und
dessen Selbstorganisationstendenzen.
Es sollen gezielt Technik, Aufbau- und/
oder Ablauforganisation sowie Regeln
und Verhaltensweisen verändert werden.
Deshalb ist Strategieumsetzung (immer
auch) Kulturwandel. Dabei ist der einfa-
chere Teil der der Management-Entschei-
dungen, auch wenn es in der Umsetzung
dann nicht immer leicht ist, deren Ein-
haltung sicherzustellen. Der schwierigere
Teil der Strategieumsetzung ist stets die
Veränderung der Unternehmenskultur.
Schwieriger ist dies deshalb, weil das Ver-
ändern von Organisationskultur vor allem
bedeutet, „geronnene Erfahrung“ und
„ungeschriebene Gesetze“ nachhaltig zu
verändern.
Da Verhalten niemals determiniert, son-
dern immer nur der „Spielraum für fak-
tisches Verhalten“ (Luhmann 1964, S.
272) verändert werden kann, bleibt stets
eine gewisse Unschärfe in den getroffe-
nen Maßnahmen beziehungsweise den
zu erwartenden Resultaten. Entscheidet
das Management-Team etwa, das Unter-
nehmen in Richtung Digitalisierung vor-
anzubringen, so ist es (als eine mögliche
Maßnahme) für IT-Experten relativ ein-
fach, neue Software zu implementieren,
deutlich schwerer ist es, die Betroffenen
damit vertraut zu machen und ihr Herz
dafür zu begeistern, sodass diese auch
(im Sinne der strategischen Zielsetzung)
genutzt wird.
Der Erfolg von strategischen Maßnah-
men steht und fällt grundsätzlich mit
der Akzeptanz durch die Betroffenen,
die für sich entscheiden, wofür sie sich
mit aller Kraft einsetzen und wofür nicht.
Die entscheiden, wofür man mit ihnen
rechnen kann und wofür nicht, was sie
mittragen oder aber unterlaufen und mit
aller Macht zu be- oder verhindern ver-
suchen. Strategie(umsetzungs)planung
muss deshalb immer auch die Planung
des erforderlichen Kulturwandels – jen-
seits großer Kulturprogramme – beinhal-
ten. Im Grunde ist es so, dass strategische
Maßnahmen und Kulturwandel zwei
Seiten derselben Medaille sind. Wird
Kulturwandel angestrebt, so hat dieser
immer eine strategische Begründung be-
ziehungsweise Zielsetzung, spricht man
von strategischen Maßnahmen, so haben
diese immer auch kulturelle Implikatio-
nen.
In Anlehnung an Heinz von Förster, der
sagte: „You can never kiss a system“,
könnte man sagen: „You can never touch
the culture“. Unternehmenskultur ist kein
Ding, dessen Form man mechanisch ver-
ändern kann. Organisationskultur kann
letztlich ausschließlich über die Modifi-
zierung von Aufbau- und/oder Ablauf-
organisation verändert werden. Es muss,
und es kann nur, der Rahmen gestaltet
werden, innerhalb dessen sich Kultur
entwickelt. Erwartungen aneinander, das
zentrale Element von Kultur, entzieht sich
dem direkten Zugriff. Kulturwandel muss
deshalb an dem ansetzen, was ist und
daran, wie es ist.
Die zentralen Fragen lauten: „Wieso ist
es derzeit so, wie es ist?“ und dann: „Was
müssen wir tun, damit es sich zu dem
wandeln kann, was künftig sein soll?“
Das zentrale Instrument zur prozessbe-
gleitenden Umgestaltung ist Moderation,
sind moderierte Dialoge, von der Vor-
standsklausur über Workshops bis hin
zu Großgruppen-Events, von der Mitar-
beiterkonferenz bis zum Story Dealing.
Welche Kommunikations-Designs man
dafür wählt, ist der jeweiligen Situation
geschuldet. In jedem Fall wird ein agiler
Entwicklungsprozess anzulegen sein, für
den ein Stück weit der Grundsatz gilt:
„Der Weg entsteht beim Gehen!“. Das
Entscheidende für solide, nachhaltige
Strategieentwicklung ist das Bewusstsein,
dass das Formulieren eines anzustreben-
den Soll-Zustands ohne Umsetzungspla-
nung dem Versuch gleichkommt, mit nur
einer Hand zu klatschen.
Josef W. Seifert
R
Josef W. Seifert
gründete im Jahr
1987 das Institut
„Moderatio“, das
sich auf die Ver-
mittlung der Moderationsmethode im
Businesskontext spezialisierte. Sei-
fert wurde bekannt für sein Prozess-
modell des „Moderationszyklus“.
Seifert & Partner
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Tel. +49(0)8446 92030
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