Wirtschaft- und Weiterbildung 7-8/2018 - page 36

personal- und organisationsentwicklung
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wirtschaft + weiterbildung
07/08_2018
Oft wollen Führungskräfte in Trainings
und Coachings wissen, wie sie die einzel-
nen effektiven Führungsverhaltensweisen
ganz konkret anwenden können. Daher
wurden drei Kommunikationsstile in das
integrative Führungsmodell aufgenom-
men, die Studien zufolge besonders wich-
tig für den Führungsalltag sind.
Erstens sollten Führungskräfte aufmerk-
sam kommunizieren, also bei Gesprä-
chen mit Mitarbeitern auch zwischen
den Zeilen mithören und analysieren,
welche zum Teil indirekten Aussagen sie
mitteilen. Zweitens hilft eine beeindru-
ckende Kommunikation dabei, dass das
Gesagte die Mitarbeiter auch emotional
berührt und sie daher die Dinge besser
im Gedächtnis behalten. Der dominante
Kommunikationsstil ist diejenige Kompo-
nente, die nur in bestimmten Führungs-
situationen wichtig ist. Beabsichtigt eine
Führungskraft zum Beispiel, die eigene
Vision zu vermitteln, sollte sie dies in der
Regel dominant tun – also ausführlich
und lebendig.
Wirksamkeit von integrativer
Führung
Mehrere hundert Studien von unabhän-
gigen Wissenschaftlern belegen, dass
genau die Verhaltensweisen, die im Mo-
dell der integrativen Führung enthalten
sind, zur Mitarbeiterleistung, zur Moti-
vation, zu Kreativität und Mitarbeiterzu-
friedenheit führen. Zugleich sind es eben
nicht die anderen Führungsstile, die oft in
der Praxis angepriesen werden. So liest
man oft von ethischer Führung. Aber die-
ser Führungsstil hat einer aktuellen Meta-
Analyse zufolge keinen zusätzlichen Nut-
zen gegenüber der transformationalen
Führung.
Interessanterweise untersuchten die zahl-
reichen Studien den Impact von transfor-
mationaler, transaktionaler und instru-
menteller Führung auf unterschiedlichste
Ergebniskriterien. Am häufigsten wurde
die Mitarbeiterzufriedenheit, das Com-
mitment und die Leistung der Mitarbeiter
untersucht. Dabei zeigte sich unter ande-
rem, dass die genannten Verhaltenswei-
sen sich positiv auf die Leistung auf Indi-
vidual-, Team- und Unternehmensebene
auswirken. Diese Ergebnisse gelten nicht
nur für ein bestimmtes Land oder eine
bestimmte Hierarchieebene, sondern sind
unabhängig von diesen situativen Kon-
texten von Personalführung.
Aus Unternehmenssicht sind die positi-
ven Zusammenhänge zwischen diesen
Führungsverhaltensweisen und objekti-
ven Kriterien wie zum Beispiel Umsatz-
zahlen von besonderer Bedeutung. Daher
finden sich in immer mehr Unternehmen
(darunter BMW und Deutsche Bahn AG)
Führungsleitbilder, die Bestandteile von
transformationaler und transaktionaler
Führung beinhalten. Da die instrumen-
telle Führung bisher nicht berücksichtigte
strategische Führungsaspekte beinhaltet,
ist es nicht verwunderlich, dass Studien
zeigen konnten, dass instrumentelle Füh-
rung die Wirksamkeit von transforma-
tionaler Führung noch einmal erhöhen
kann.
Einer Meta-Analyse zufolge ist destruk-
tive Führung genauso eng mit Leistung
verknüpft wie die oben genannten posi-
tiven Verhaltensweisen. Der Unterschied
besteht darin, dass destruktive Führung
negativ mit der Leistung der Geführten
korreliert, während die positiven Füh-
rungsstile positiv mit der Leistung kor-
relieren. Diese Ergebnisse zeigen noch
einmal, wie wichtig es ist, sich in jedem
Unternehmen mit der dunklen Seite von
Führung auseinanderzusetzen: Wenn
negative und positive Führungsverhal-
tensweisen im selben Maße (nur mit
umgekehrten Vorzeichen) mit Leistung
verknüpft sind, dann sollten Personaler
sowohl positive Verhaltensweisen bei
Führungskräften aufbauen, wie auch ne-
gative Verhaltensweisen abbauen.
Beide Ansätze sollten sich komplemen-
tär ergänzen, denn blinde Flecken wie
das Dulden von stark destruktiven Ver-
haltensweisen können sich über mehrere
Hierarchieebenen ausbreiten, wie Studien
belegen.
Fragebogen zur Einschätzung
Um das Modell der integrativen Führung
in der Praxis der Führungskräfteentwick-
lung anwenden zu können, wurde ein
Fragebogeninstrument entwickelt, mit
dem sich die einzelnen Führungs- und
Kommunikationsverhaltensweisen mes-
sen lassen. Um den Fragebogen zur in-
tegrativen Führung, kurz FIF, möglichst
praktikabel und ökonomisch zu halten,
wurde er auf insgesamt vier Module auf-
geteilt, die zum Beispiel bei Mitarbeiter-
befragungen unabhängig voneinander
eingesetzt werden können. Soll beispiels-
weise Führungskräften ein Feedback zu
ihrem transformationalen und transak-
tionalen Verhalten gegeben werden, so
reicht es aus, wenn die Mitarbeiter ledig-
lich Modul A des Fragebogens bearbeiten.
Soll hingegen ein umfassendes Bild über
Führung und Kommunikation erreicht
werden, so können alle vier Module ge-
meinsam eingesetzt werden (siehe auch
Tabelle).
Bisher gab es vereinzelte Instrumente zur
Erfassung jeweils einzelner Führungs-
stile, die im integrativen Führungsmodell
enthalten sind, zum Beispiel der „Multi-
factor Leadership Questionnaire“ (MLQ)
zur Messung der transformationalen und
transaktionalen Führung. Mit dem Frage-
bogen zur integrativen Führung, der als
Papier- und als Onlinevariante verfügbar
R
„Destruktive Führung beeinflusst Leistung genauso
wie positive. Wird destruktives Verhalten geduldet,
kann es sich über die Hierarchieebenen ausbreiten.“
Prof. Dr. Jens
Rowold
ist Diplom-Psycho-
loge und Inhaber
des Lehrstuhls
für Personalentwicklung und Verän-
derungsmanagement an der Techni-
schen Universität Dortmund.
Technische Universität Dortmund
August-Schmidt-Straße 4
44227 Dortmund
Tel. 0231 755-1
AUTOR
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