personal- und organisationsentwicklung
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wirtschaft + weiterbildung
06_2016
Das bedeutet für die Führungskommuni-
kation: In Verlauf von Change-Projekten
sind Führungskräfte vor allem als „Er-
mutiger“ und „Ermöglicher“ gefragt. Er-
läutern Sie ihnen an konkreten Beispie-
len, wie schwer es Menschen, also auch
Ihnen, fällt, Gewohnheiten aufzugeben
– zum Beispiel nur, statt mit der rechten
mit der linken Hand die Zähne zu putzen.
Erläutern Sie ihnen zudem, wie Lernpro-
zesse bei Menschen verlaufen und wie
lange es dauert, neue Routinen zu entwi-
ckeln – zum Beispiel daran, wie wir das
Autofahren erlernten. Hierbei nahmen
wir zunächst alle damit verbundenen
Tätigkeiten wie nach dem Weg schauen,
lenken, kuppeln, Gas geben, schalten
ganz bewusst wahr. Und oft hatten wir
das Gefühl „Ich lerne das nie“, weil es
uns schwer fiel, die einzelnen Handlun-
gen zu koordinieren.
Und heute? Heute vollführen wir sie ganz
nebenbei, sodass wir uns beim Auto-
fahren noch unterhalten und nach der
Landschaft schauen können. Vermitteln
Sie dies Ihren Mitarbeitern. Suchen Sie
zudem immer wieder das Gespräch mit
ihnen darüber, inwieweit es ihnen ge-
lingt, die neuen Verhaltensweisen zu zei-
gen oder ihre neuen Aufgaben zu lösen;
des Weiteren darüber, wie Sie sie dabei
unterstützen können. Und haben und
zeigen Sie Verständnis und Geduld. Denn
auch Führungskräften gelingt es selten,
ihr Verhalten von heute auf morgen zu
ändern.
6 Change bedeutet auch
Abschied nehmen
Veränderung bedeutet stets auch Ab-
schied nehmen – von Gewohntem, bisher
Selbstverständlichem, Verhaltensmustern
und Routinen, die man häufig im Verlauf
vieler Jahre entwickelt und liebgewonnen
hat. Das fällt jedem schwer.
Das bedeutet für die Führungskommuni-
kation: Lassen Sie keinen Zweifel daran
aufkommen, dass Ihre Mitarbeiter (und
Sie) ihre Komfortzonen verlassen und so-
zusagen Neuland betreten müssen – mit
allen Unsicherheiten, Unwägbarkeiten
usw., die damit verbunden sind. Wür-
digen Sie jedoch zugleich die Leistung,
die Ihre Mitarbeiter in der Vergangenheit
erbrachten, und gewähren Sie ihnen die
erforderliche Zeit und den nötigen Raum,
um sich vom Alten, Liebgewonnenen,
Vertrauten, das sozusagen ein Teil der
Identität der Mitarbeiter und des Unter-
nehmens war, zu verabschieden.
Zeigen Sie Empathie und Mitgefühl und
sagen Sie Ihren Mitarbeitern Unterstüt-
zung zu, jedoch ohne in eine rückwärts-
gewandte Larmoyanz, also Rührseligkeit
und Wehleidigkeit, zu verfallen. Ver-
suchen Sie vielmehr, wenn die Zeit reif
ist, Schritt für Schritt den Mitarbeitern
die neue Rolle, die neue Struktur, das
neue Ziel usw. schmackhaft zu machen
– damit allmählich die nötige Zukunfts-
orientierung und Veränderungsenergie
entsteht.
7 Change kommt
„obendrauf“
Die mit Change-Projekten verbunde-
nen Aufgaben müssen Mitarbeiter meist
neben ihren Alltagsaufgaben verrichten.
Deshalb ist die Gefahr groß, dass sie lie-
gen bleiben oder zeitlich verzögert aus-
geführt werden, weil das Alltagsgeschäft
stets dringlicher erscheint.
Das bedeutet für die Führungskommuni-
kation: Brechen Sie das Change-Projekt in
Arbeitspakete herunter. Machen Sie Ihren
Mitarbeitern klar, welche Beiträge Sie von
ihnen im Projekt zusätzlich zum Tagesge-
schäft erwarten. Vereinbaren Sie mit den
Mitarbeitern zudem regelmäßig Review-
Termine, in denen Sie sich über den Ar-
beitspaketfortschritt informieren. Nur so
schaffen Sie die nötige Verbindlichkeit.
Signalisieren Sie Ihren Mitarbeitern, dass
Sie wissen, dass auf sie Mehrarbeit und/
oder eine emotionale Mehrbelastung
zukommt. Und versprechen Sie ihnen,
dass Sie ihnen jegliche Unterstützung
gewähren, die nötig und Ihnen möglich
ist. Gehen Sie zudem mit gutem Beispiel
voran: Nicht nur, indem Sie selbst auch
das gewünschte Mehr-Engagement zei-
gen, sondern indem Sie die Notwendig-
R
Sieben Tipps.
Führungskräfte sollen Menschen durch
rechtzeitige Veränderungen auf eine Welt vorbereiten, die
sie selbst noch nicht kennen. Wie kann das gehen?
· Einfach kommunizieren. Vermeiden Sie jeglichen Jargon,
Zahlenziele oder Technotexte.
· Anschauliche Botschaften senden. Metaphernartige Bil-
der, Analogien und Beispiele erzählen meist mehr als tau-
send Worte.
· Vielfalt nutzen. Nutzen Sie möglichst viele Kommunika-
tionskanäle: kleine und große Veranstaltungen, Intranet,
Newsletter, Mailings, Firmenzeitschrift, informelle Gesprä-
che, um Ihre Botschaft zu verbreiten.
· Botschaften wiederholen. Ihre Ideen setzen sich fest,
wenn Sie sie immer wieder kommunizieren („steter Trop-
fen höhlt den Stein“).
· Mit Beispiel vorangehen. Ihr Beispiel wirkt stärker als alle
Kommunikationskanäle.
· Scheinbare Widersprüche erklären. Nicht erklärte Inkon-
sistenzen oder Ungereimtheiten unterminieren Ihre Glaub-
würdigkeit.
· Dialog statt Einwegkommunikation. Ermöglichen Sie Kom-
munikation in beide Richtungen: Nutzen Sie Feedback als
Energie für den Change.
Michael Schwartz
Reden über den Wandel