WIRTSCHAFT_UND_WEITERBILDUNG 06/2016 - page 43

wirtschaft + weiterbildung
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angeschrieben wurden, dem Schreiben
also nicht ein Anruf oder eine E-Mail des
Adressaten vorausging: „Schicken Sie mir
mal ...“. Dann ist die Erwartung, per Te-
lefon unmittelbar einen Auftrag an Land
zu ziehen, in der Regel unrealistisch. Das
Ziel sollte vielmehr sein, einen persönli-
chen Kontakt zum potenziellen Kunden
herzustellen, der anschließend gehegt
und gepflegt wird. Und, sofern der Kunde
ein latentes Interesse signalisiert: auf alle
Fälle den nächsten Schritt vereinbaren.
Zum Beispiel: Wir telefonieren im Herbst
nochmals miteinander. Oder: Ich sende
Ihnen eine Beschreibung eines ähnlichen
Projekts zu, das wir bei einem anderen
Kunden durchgeführt haben. Oder: Ich
lade Sie zu unserer Kundenveranstaltung
im Herbst ein.
Dass ein solches Nachfassen meist un-
terbleibt, hat mehrere Ursachen. Eine
zentrale ist, dass viele Trainer und Be-
rater ihre Mailings falsch konzipieren.
Statt regelmäßig relativ kleine Mailings
mit niedrigen Stückzahlen zu versenden,
verschicken die meisten Institute ein bis
zweimal pro Jahr Tausende von Werbe-
briefen. Diese können selbstverständlich
nicht alle nachtelefoniert werden. Unter
anderem, weil die Anbieter beim Nach-
fassen schnell registrieren: Oft sind fünf,
sechs Kontaktversuche nötig, bis man die
gewünschte Zielperson erreicht.
Kurz: Das telefonische Nachfassen ist
sehr zeitaufwendig. Trotzdem sollten
Trainer und Berater es nicht an „Hilfs-
kräfte“ delegieren. Denn erreicht man
eine Zielperson und signalisiert sie In-
teresse an mehr Information, als das
Prospektmaterial enthält, dann ist eine
unqualifizierte Kraft bei einem beratungs-
intensiven Produkt wie Training oder
Beratung schnell überfordert. Sie kann
mit dem Gesprächspartner nicht in einen
fachlichen Dialog treten. Sie kann ihm
nicht das Gefühl vermitteln „Ich spreche
mit einem Profi“. Folglich erlahmt das In-
teresse des potenziellen Kunden wieder
und der Präsentationstermin, der zum
Beispiel angestrebt wurde, kommt nicht
zustande.
Deshalb stellen Bildungs- und Beratungs-
anbieter meist auch die Zusammenarbeit
mit externen Telefonmarketingagenturen,
die für sie Mailings nachfassen und zum
Beispiel Präsentationstermine vereinba-
ren sollen, schnell wieder ein. Die Er-
fahrung zeigt: Die Zusammenarbeit mit
solchen Agenturen rechnet sich meist nur
für Institute, die weitgehend standardi-
sierte Trainings- und Beratungsleistungen
anbieten, sodass die Agentur-Mitarbeiter
gut auf die Telefonate vorbereitet werden
können.
Scheu vor der Kaltakquise
überwinden
Viele Trainer und Berater benutzen das
Telefon als aktives Marketinginstrument
auch kaum, weil sie sich schwer mit der
Verkäuferrolle identifizieren können.
Spätestens, wenn die zweite Sekretä-
rin zu ihnen sagt: „Die Unterlagen sind
eingetroffen. Wir melden uns bei Ihnen,
wenn wir Bedarf haben“, stellen sie das
„telefonische Klinkenputzen“ ein. Hier ist
mehr Durchhaltevermögen gefragt, denn
selbst wenn die Telefonakquise ein sehr
mühsames Geschäft ist, so gilt doch: Das
Telefon bietet viel größere Möglichkeiten,
mit Kunden einen persönlichen Kontakt
aufzubauen, als alle schriftlichen Wer-
bemittel. Es sollte ins Marketingsystem
integriert sein – gerade weil viele Anbie-
ter inzwischen bei der Kommunikation
mit ihren Kunden fast ausschließlich auf
schriftliche Werbemittel setzen.
Dies gilt insbesondere für Trainer und
Berater, die ihre Kunden vorwiegend im
lokalen und regionalen Umfeld suchen.
In ihrem Marketing sollte das Telefon eine
zentrale Rolle spielen. Unter anderem,
weil sie, wenn sie eine Zielperson erst
einmal an der Strippe haben und mit die-
ser fachsimpeln, ihr ganz locker nebenbei
das Angebot unterbreiten können: „Was
halten Sie davon, wenn wir uns mal tref-
fen? Schließlich sind unsere Büros nicht
weit entfernt.“ Dann ist die Chance, dass
der Angerufene Ja sagt, viel größer, als
wenn er weiß: Für das Treffen muss der
Trainer oder Berater extra von München
nach Hamburg fliegen. Und der Trainer
oder Berater hat wieder den Fuß in der
Tür eines Kunden.
Bleibt die (verständliche) Scheu vieler
Trainer und Berater, zum Telefonhörer zu
greifen und „fremde Menschen“ anzuru-
fen. Sie lässt sich reduzieren, indem Bil-
dungs- und Beratungsanbieter ihren Wer-
bebriefen ein Faxantwortformular beile-
gen, auf der die angeschriebene Person
zum Beispiel ankreuzen kann: „Wünsche
weitere Informationen“, „Wünsche einen
telefonischen Rückruf“. Dies hat mehrere
Vorzüge. Ruft der Anbieter, nachdem ein
potenzieller Kunde ihm das Formular zu-
rücksandte, bei diesem an, reagiert er nur
auf ein Anliegen von ihm. Dadurch min-
dert sich das Gefühl, ein „telefonischer
Klinkenputzer“ zu sein.
Persönliche Kontakte pflegen
Häufiger sollten Trainer und Berater auch
das Telefon aktiv nutzen, um den Kontakt
mit (Alt-/Stamm-)Kunden zu pflegen. Oft
kontaktieren sie, nachdem sie einen Auf-
trag für einen Kunden abgewickelt haben,
diesen erst wieder, wenn in ihrem Auf-
tragsbuch Löcher klaffen. Dies registriert
auch der Kunde und geht innerlich auf
Distanz zum Anbieter.
Deshalb sollten Trainer und Berater bei
ihren (derzeitigen und potenziellen)
Schlüsselkunden definieren, in welchen
zeitlichen Abständen sie diese persönlich
kontaktieren. Sonst ist die Gefahr groß,
dass im Kundenkontakt Kommunika-
tions- und Betreuungslücken entstehen,
in die Mitbewerber stoßen. Sei es, weil
sie aufgrund ihres persönlichen (Telefon-)
Kontakts zum Kunden eher von dessen
aktuellen Bedürfnissen erfahren und da-
rauf angemessen reagieren, oder sei es,
weil sie ihm stärker das Gefühl einer per-
sönlichen Wertschätzung vermitteln.
Bernhard Kuntz
Bernhard Kuntz
ist Gründer und
Inhaber der Mar-
keting- und PR-
Agentur „Die Pro-
filberater GmbH“ in Darmstadt. Er ist
Autor der Fachbücher „Die Katze im
Sack verkaufen“ und „Fette Beute für
Trainer und Berater“ sowie des PR-
Ratgebers „Warum kennt den jeder?“.
Die Profilberater GmbH
Eichbergstr. 1 , 64285 Darmstadt
Tel. 06151 89659-0
AUTOR
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