WIRTSCHAFT_UND_WEITERBILDUNG 06/2016 - page 44

training und coaching
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wirtschaft + weiterbildung
06_2016
nicht mehr nur Höflichkeitsformen oder
die unterschiedlichen Muster des Verste-
hens und Verhaltens, die für Reibungen
sorgen. Es ist die vielschichtige Unterneh-
menskultur an sich, die die Führungs-
kräfte vor Herausforderungen stellt. Die
interkulturelle Kompetenz sollte im Sys-
tem betrachtet werden und darf sich nicht
auf den einzelnen Kontakt begrenzen.
Hierarchische Strukturen
analysieren
Für eine bessere Verständlichkeit ein klei-
ner Exkurs in die Organisationsberatung.
Um zu verstehen, wie ein Unternehmen
„tickt“, gibt es verschiedene Vorgehens-
weisen. Ein sehr aufschlussreicher Weg,
sich der Unternehmenskultur anzunä-
hern, ist, zu beobachten, wie mit dem
Thema Autorität umgegangen wird be-
ziehungsweise wie sich die hierarchische
Struktur im Alltag abbildet.
Besonders in Unternehmen, die von sich
behaupten, flache Hierarchen zu haben
und darauf untersucht werden, wie es in
Wirklichkeit mit ihnen und der Hierarchie
bestellt ist, tritt häufig das Gegenteil zu-
tage. Die Entscheidungsfindung, die Kom-
munikation im Unternehmen und die
Transparenz von Informationen zeichnen
ein ehrliches Bild der tatsächlich geleb-
ten Führungskultur. Aber auch die Frage,
wie viel Verantwortung an die Mitarbeiter
delegiert wird oder wie mit Fehlern um-
gegangen wird, gibt einen umfangreichen
Einblick in das Thema Autorität. Mit In-
teresse und einer geschulten Wahrneh-
mung für gruppendynamische Phäno-
mene können so die Beobachtungen zu-
sammengetragen und die Führungskultur
beschrieben werden.
Schon in Unternehmen mit wenig Diver-
sifikation ist das kein leichtes Unterfan-
gen. In einer internationalen Organisation
wird dieses System noch komplexer, da
sich häufig verschiedene Unternehmens-
kulturen und gesellschaftliche Prägungen
in einer Organisation treffen. Auch wenn
das Gesamtunternehmen feste Führungs-
grundsätze hat und den Anspruch ver-
folgt, einen weltweiten Führungsstandard
zu etablieren, wird das Autoritätsver-
ständnis doch immer verschieden blei-
ben. Zur Verdeutlichung muss der Blick
nicht nach Asien, Osteuropa oder sonst
in die Ferne gehen. Schon ein deutsch-
französisches Unternehmen ist von einer
sehr unterschiedlichen Hierarchieorien-
tierung geprägt. In Deutschland gilt die
Delegation von Entscheidungen häufig
als Führungsstärke, in Frankreich eher als
Schwäche.
Das Verständnis, wie Führung Erfolg
versprechend ist, wird sehr verschieden
bewertet. Was sich nach viel Komple-
xität anhört, ist für die Führungskraft
Alltag, die in multikulturellen Meetings
Erfahrung sammelt. In Deutschland wer-
den Meetings häufig für die Entschei-
dungsfindung genutzt, was bei einem
französischen Kollegen schnell Irritation
erzeugt. In Frankreich dienen die Bespre-
chungen nämlich überwiegend einem
Informationsaustausch und Entschei-
dungen werden erst nach anschließender
Rücksprache und von der Führungskraft
getroffen. Für beide Parteien ist diese Un-
terschiedlichkeit häufig frustrierend und
demoralisierend.
Interkulturelle Kompetenz gehört inzwi-
schen schon fast wie selbstverständlich
zum Repertoire einer zeitgemäßen Füh-
rungskraft. Teams sind heute deutlich
diverser als früher und darüber hinaus
hat sich durch die Digitalisierung und
erhöhte Mobilität die Zusammenarbeit
mit Abteilungen in anderen Firmensitzen
intensiviert. Eine Führungskräfteentwick-
lung muss das berücksichtigen und kann
mittels auf die Unternehmensbedürfnisse
zugeschnittener Seminare die Akteure ge-
zielt auf die Zusammenarbeit vorbereiten.
Doch ist es mit zwei Seminartagen getan?
Für Führungskräfte definitiv nicht, da
sich das Verständnis der interkulturellen
Kompetenz weiterentwickelt hat. Es sind
Internationale Führungskräfte­
entwicklung mit System
TRAINING.
Durch die kulturellen Unterschiede, aber auch konkurrierenden Interessen und
knappen Ressourcen werden leitende Angestellte in einer Organisation immer wieder vor
neue Herausforderungen gestellt. Den Umgang mit ihnen kann man gezielt trainieren,
sagt Sven Janka. Er empfiehlt „gruppendynamisches Erfahrungslernen“ mit festen
Rahmenbedingungen und Spielregeln.
Sven Janka
Dipl.-Betriebsw.
(FH), arbeitet seit
2009 als Senior-
berater und Trai-
ner für die Akademie für Führungs-
kräfte der Wirtschaft. Drei Jahre lang
war er zuvor Personalentwickler sowie
Teamleiter für den Bereich Training
bei einem Berliner Unternehmen. Er
ist Experte für Gruppen- und Organi-
sationsdynamik sowie für Führungs-
themen.
Akademie für Führungskräfte der
Wirtschaft GmbH
Seepromenade 19
D-88662 Überlingen
AUTOR
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