wirtschaft + weiterbildung
07/08_2016
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Ancelotti: Banale Tipps für Manager
„In der Ruhe liegt die Kraft“, so lautet die Botschaft, die
Carlo Ancelotti, einer der erfolgreichsten Fußballtrainer
der Welt, für die Führungskräfte im Business bereithält. Er
wurde 1959 in Reggiolo in Italien geboren, begann seine
Karriere als Mittelfeldspieler beim AS Rom und beim AC
Mailand. Ancelotti trainierte und managte unter anderem
die Clubs AC Mailand, FC Chelsea, Paris Saint-Germain und
zuletzt das Team von Real Madrid. Er hat den wichtigsten
Titel im europäischen Fußball, die Champions League,
fünfmal gewonnen – zweimal als Spieler und dreimal als
Trainer. Zur Saison 2016/2017 unterschrieb Ancelotti als
Cheftrainer beim FC Bayern München.
„Ich verdanke meiner Ruhe alle Erfolge“
Geprägt wurde Ancelotti nach eigenen Aussagen durch das
Wesen seines Vaters, eines norditalienischen Bauern, der
ruhig, besonnen, diszipliniert und nach festen Grundsätzen
sein Leben organisierte und von allen Menschen respek-
tiert wurde. Zwar sei die Familie arm gewesen, aber so habe
er wenigstens früh den Wert von harter Arbeit erkannt.
Ancelotti nennt seine Art zu führen „Quiet Leadership“
(was wir mit „zurückhaltendem Führungsstil“ übersetzen).
„Ich glaube, dass eine Führungskraft nicht herumbrüllen
oder mit eiserner Faust regieren muss, um ihre Autorität
zu behaupten“, schreibt er. Ein zurückhaltender Führungs-
stil sei andererseits keine Nachgiebigkeit oder Schwäche.
„Wer ruhig und überlegt handelt, Vertrauen aufbaut und
besonnen Entscheidungen trifft, seinen Einfluss und seine
Überzeugungskraft einsetzt und eine Aufgabe professio-
nell angeht, der verströmt Macht und Autorität.“ Natürlich
müsse immer klar sein, wer das Sagen habe. Aber diese
Einsicht müsse das Ergebnis von Respekt und Vertrauen
sein.
„Ich weiß, dass ich meine Erfolge meiner Ruhe und Gelas-
senheit verdanke“, schreibt der Fußballtrainer. „Gelassen-
heit und Ruhe sind gut“ und „Hektik und Rumbrüllen sind
schlecht“ – diese Kernbotschaft von Ancelotti ist natürlich
purer Blödsinn. In der Wirklichkeit müssen erfolgreiche
Führungskräfte je nach Situation sowohl autoritär als auch
partizipativ führen können. Den Co-Autoren Chris Brady,
Professor für Managementstudien und Direktor des Cen-
tre for Sports Business der Salford University in England,
und Mike Forde, englischer Sportmanager, ist es zum Glück
gelungen, ein paar Weggefährten von Ancelotti zu inter
viewen, die bestätigen, dass der Italiener durchaus Wut-
ausbrüche haben kann. Einmal habe er aus Jähzorn gegen
eine Kiste getreten, sodass einem sehr berühmten Spieler
Gegenstände an den Kopf geflogen seien. Ein anderes Mal
habe sich ein Spieler aus Trotz geweigert, weiter an einem
gemeinsamen Training teilzunehmen und Ancelotti sei ihm
in die Kabine hinterhergerannt und habe ihn mit sehr erns-
ter Stimme angebrüllt: „Wenn Du nicht rausgehst, muss ich
Dich töten.“ Ein schönes Beispiel dafür, dass sich Führen
eben doch nicht auf einen simplen Lehrsatz reduzieren
lässt.
Es bleibt bei Binsenweisheiten
Die Co-Autoren versuchen zwar, Ancelotis Art als eine
besonders gelungene Form des Ansatzes der „dienenden
Führung“ von Robert K. Greenleafs darzustellen, aber dass
der Hauptantrieb eines Fußballtrainers „Fürsorge“ sein soll,
ist wenig glaubwürdig. Ansonsten gibt es am Ende eines
jeden Kapitels banale Ratschläge wie: „Fördern Sie eine
Kultur des Zuhörens“, „Ihre Gedanken müssen immer ums
Gewinnen kreisen“, „Selbstvertrauen erzeugt Vertrauen“,
„Höre nie auf zu lernen“ oder „Suche nach Lösungen und
nicht nach Schuldigen“, „Die Kultur eines Vereins frisst die
Strategie zum Frühstück“ oder „Spieler sollten nicht nur
ehrgeizig, sondern auch teamorientiert sein“.
Das Buch zum Rhema: Carlo Ancelotti, Chris Brady: „Quiet
Leadership – Wie man Menschen und Spiele gewinnt“, Ver-
lag Albrecht Knaus, München, Mai 2016, 320 Seiten, 19,99
Euro. Das Buch belegt derzeit den Amazon Bestseller-Rang
Nr. 1 in der Kategorie Bücher/Personalmanagement.
Martin Pichler
Carlo Ancelotti.
Der berühmte
Fußballtrainer
erzählt seine
Karriere und lei-
tet Tipps für das
Business ab..
Buchkritik.
Der berühmte Fußballtrainer Carlo Ancelotti hat zusam-
men mit zwei Co-Autoren ein Buch für Führungskräfte geschrieben,
um ihnen den von ihm bevorzugten Führungsstil der Ruhe zu
vermitteln. Außerdem gibt er weitere Tipps, um mit schwierigen
Situationen klarzukommen. Die Ratschläge beiben aber nebulös.