Auffallend beim Economist-Ranking sind
vor allem die absurden Auf- und Ab-
stiege mancher Schulen. In diesem Jahr
verzeichnen 28 der 100 Schulen einen
zweistelligen Auf- oder Abstieg. Einige
schnitten mehr als 30 Plätze schlechter ab
als im Vorjahr, andere mehr als 20 Plätze
besser. Da sich die MBA-Programme je-
doch innerhalb eines Jahres kaum so gra-
vierend verändern dürften, liegt das vor
allem an der ausgesprochen fragwürdigen
Methodologie.
So hatte das IMD laut „Economist“ im
Jahr 2008 noch das weltbeste MBA-Pro-
gramm, im vergangenen Jahr lag es auf
Platz 32. Dabei dürfte kaum einer daran
zweifeln, dass das MBA-Programm des
IMD nach wie vor zu den besten der
Welt zählt. Allerdings unterscheidet es
sich von anderen Programmen vor allem
darin, dass die Teilnehmer mit durch-
schnittlich 31 Jahren älter und mit sieben
Jahren Berufserfahrung deutlich erfahre-
ner sind. Und 69 Prozent der IMD-Absol-
venten landen in der Industrie, während
die Absolventen anderen Schulen ins
Consulting und in die Finanzabteilungen
wechseln. Die IMD-Absolventen sind be-
ruflich also schon „gefestigter“ und ma-
chen nicht solch große Karrieresprünge,
die in vielen Rankings zu Spitzenplätzen
führen.
Mit seiner Weigerung, beim Economist-
Ranking mitzumachen, ist das IMD kei-
neswegs allein. Auf der Economist-Web-
site gibt es eine Liste mit 16 Schulen, die
eine Teilnahme abgelehnt haben, darun-
ter die Bradford School of Management,
die Ceibs in Shanghai, die McGill Univer-
sity und die Indian School of Business.
Nicht erwähnt werden dabei das IMD
und die Oxford Said Business School,
die offenbar auch keine Daten vorgelegt
hatte. Dafür heißt es dort, man bewerte
gelegentlich eine Schule, die ihre Teil-
nahme verweigert hat und nutze dafür
andere Quellen.
„Selbst für Platz 1 würde ich
mich schämen“
„Selbst wenn wir auf Platz 1 wären,
würde ich mich schämen, bei so einem
Ranking dabei zu sein“, sagt MBA-Direk-
tor Boscheck. Immerhin landete das IMD
auch ohne aktuelle Daten auf Platz 23
und schnitt neun Plätze besser ab als im
Vorjahr. Die ebenfalls zwangs-gerankte
Oxford Said School of Business landete
nur auf Platz 83. Eine Stellungnahme
gab Oxford dazu auf Anfrage nicht ab.
Die Frage, warum das IMD nicht recht-
zeitig über die Zwangsbewertung infor-
miert wurde (und die Daten noch nach-
reichen hätte können) und warum der
„Economist“ nicht auf die zahlreichen
„logischen Fehler“ reagiert, beantwortet
Economist-Redakteur William Ridgers
nicht. Stattdessen reagiert er mit einer
billigen Retourkutsche. Das IMD sei
eben enttäuscht, dass es nicht mehr so
gut abschneide. „Das Ziel unseres Ran-
kings ist es, Studenten bei der Auswahl
des MBA-Programms zu helfen“, schreibt
Ridgers. „Ein Ranking, das nur Schulen
umfasst, die glücklich mit ihrer Positio-
nierung sind, bringt nicht viel Nutzen.“
Eine ziemlich dreiste Aussage, wenn man
bedenkt, dass schon mindestens 16 Schu-
len ihre Teilnahme verweigern.
Das IMD ging in die Offensive und
schrieb auf seiner Website, man wisse
nicht, welche Daten der Economist nutze.
„Was wir wissen, ist, dass das Econo-
mist-Ranking nun auch noch den letzten
Hauch seiner Seriosität verloren hat.“
Das Vorgehen des Economist sei untrag-
bar, erklärt Boscheck. Der MBA-Direktor
kennt aber auch die Vergeblichkeit seines
Protests. Denn selbst wenn ein Ranking
noch so abstrus ist, gibt es immer Schu-
len, die stolz mit ihrer Platzierung wer-
ben. „Aber einer muss doch die Fahne
mal hochhalten“, meint Boscheck. Daher
hat er zudem im „Economist“ eine einsei-
tige Anzeige gekauft, in der das IMD klar-
stellt: „Wir haben nicht an dem Ranking
teilgenommen und sind überrascht, dass
wir trotzdem gerankt wurden. Leider gibt
es nur wenig, was wir tun können, damit
der Economist sein Vorgehen stoppt.”
Bärbel Schwertfeger