wirtschaft und weiterbildung 11-12/2016 - page 49

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wirtschaft + weiterbildung
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Artikel, Bücher, die der Coach schrieb,
oder Vorträge, die er hielt. Auch das sind
kleine Bausteinchen, die dazu beitragen,
dass bei Interessenten das Gefühl ent-
steht: Das ist ein echter Profi.
Bei Trainern ist es oft wichtig, wie groß
ihr „Trainingsinstitut“ ist …
Kuntz:
Es gibt viele weitere Ersatzindi-
katoren – zum Beispiel die Art, wie der
Coach die Kommunikation mit seinen
Zielkunden gestaltet: Wie gut ist er er-
reichbar? Wie schnell ruft er zurück? Wie
viel Zeit nimmt er sich für das Vorge-
spräch? Wie gezielt fragt er nach? Aus all
diesen Faktoren schließt der potenzielle
Kunde auf die Kompetenz des Coachs
und macht sich ein Bild von ihm. Dieses
Bild aktiv zu gestalten, ist im Coaching-
Business sehr wichtig. Denn Coach ist
kein geschützter Beruf. Jeder kann sich
so nennen und entsprechende Leistungen
anbieten. Entsprechend groß ist nicht nur
die Zahl der „Dünnbrettbohrer“, sondern
auch der seriösen Mitbewerber in diesem
Markt.
Wie kann sich ein Coach trotzdem im
Markt behaupten?
Kuntz:
Unter anderem, indem er aus
seiner Leistung, die man scheinbar an
jeder Straßenecke kaufen kann, eine un-
verwechselbare Dienstleistung macht.
Lassen Sie mich dies an einem Beispiel
erläutern. Ein zentrales Coaching-Thema
ist, wenn man den Werbeunterlagen der
meisten Coachs glaubt, das Lösen oder
Bearbeiten von Konflikten. Beim Sichten
der Werbeunterlagen der meisten Coachs
gewinnt man jedoch den Eindruck: Sie
haben vom Thema Konflikte wenig Ah-
nung.
Warum?
Kuntz:
Weil sie das Thema Konflikte so
oberflächlich behandeln, eigentlich nur
streifen, dass man das Gefühl gewinnt:
In ihren Augen sind alle Konflikte gleich.
Dabei gibt es nahezu unendlich viele
Konfliktarten, -ursachen und -konstella-
tionen. Es gibt nicht nur die unterschied-
lichsten intrapersonalen Konflikte wie
Rollen-, Entscheidungs- und Zielkonflikte,
sondern auch die unterschiedlichsten in-
terpersonellen Konflikte. So haben zum
Beispiel Mütter und Väter nicht nur mit
ihren Kindern, sondern auch mit ihren
Lebenspartnern häufig Differenzen. Und
in den Unternehmen? Dort gibt es nicht
nur Konflikte zwischen den Führungs-
kräften und ihren Mitarbeitern, sondern
auch zwischen den Führungskräften
selbst und den Bereichen. Zudem haben
Unternehmen häufig Konflikte mit Kun-
den und Lieferanten. Und es gibt gesell-
schaftliche Konflikte – ich erinnere nur
an die aktuelle Flüchtlingsfrage. Auf all
diese Konfliktarten könnten sich Coachs,
abhängig von ihrer Vorerfahrung, spezi-
alisieren. Ebenso auf die verschiedenen
Konfliktursachen – seien diese persönli-
cher, beruflicher, finanzieller oder kultu-
reller Natur. Sie tun es aber nicht.
Woran könnte es liegen?
Kuntz:
Weil viele nicht nur das Denken
verinnerlicht haben „ein Konflikt ist ein
Konflikt“, sondern auch „Coachen ist
Coachen“. Oft denkt der Anfänger, wer
eine Coaching-Ausbildung durchlau-
fen habe, könne Gott und die Welt coa-
chen – egal, wo der Schuh drückt. Das
ist natürlich Nonsens. Abhängig von den
Zielpersonen oder -organisationen sowie
Coaching-Anlässen benötigen Coachs ein
unterschiedliches Persönlichkeits- und
Kompetenzprofil. Das machen sich viele
Coachs entweder nicht bewusst oder sie
machen es nicht transparent. Entspre-
chend blass ist ihr Profil.
Die Arbeitsweise sollte besser
beschrieben werden?
Kuntz:
Auf den meisten Webseiten fin-
det man nur Floskeln wie „Ich arbeite
Foto: Profilberater
Foto: thodonal / AdobeStock
Bernhard Kuntz.
Der Geschäftsführer der Profilberater GmbH, Darmstadt, unter-
„Fette Beute für Trainer und Berater“ sowie „Warum kennt den jeder?“.
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