W+W 11/2015 - page 42

training und coaching
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wirtschaft + weiterbildung
11/12_2015
kanischen Finanzexperten und der spa-
nischen Medizinerin über eine Marke-
tingstrategie in China und sie müssen
gemeinsam zu einem Ergebnis kommen.
Ein Schlüsselkriterium für ein gutes MBA-
Programm ist daher die strenge Auswahl
der Teilnehmer. Je qualifizierter sie sind,
desto größer der Lerneffekt und je re-
nommierter die Business School, desto
strenger die Zulassungskriterien. So wur-
den an der Graduate School of Business
der berühmten Stanford University beim
Vollzeit-MBA 2014 lediglich 7,1 Prozent
der Bewerber zugelassen. An der Harvard
Business School waren es elf Prozent. Das
heißt, von 9.543 Bewerbern bekamen nur
1.053 einen Studienplatz. Bei berufsbe-
gleitenden Programmen oder Executive
MBAs für erfahrene Führungskräfte ist
die Auswahl zwar in der Regel nicht so
streng, aber gute Schulen achten auch
hier genau auf die Qualifikation der Kan-
didaten. In Deutschland wird das Kon-
zept dagegen oftmals auf den Kopf ge-
stellt. Je niedriger die Zulassungshürden,
desto größer ist häufig die Nachfrage. Der
MBA als Massenprodukt für jeden.
2. Missverständnis:
Beim MBA geht es um die Praxis,
Forschung spielt da keine große Rolle.
Ein großer Unterschied zum traditionel-
len Studium ist die stärkere Praxisorien-
tierung beim MBA. Das bedeutet aber
nicht, dass Forschung keine Rolle spielt.
Im Gegenteil. „Es gibt eine hohe Korre-
lation zwischen erstklassiger Forschung
und erstklassigen MBA-Programmen“,
erklärt Professor Jens Wüstemann, Prä-
sident der Mannheim Business School.
„Die weltweit besten MBA-Schulen ge-
hören auch in der Forschung zur Spitze.“
Professoren von führenden Business
Schools zeichnen sich gerade dadurch
aus, dass sie selbst Forschung betreiben
und diese auch in renommierten wissen-
schaftlichen Journalen veröffentlichen.
Zudem verfügen sie über eigene Praxis­
erfahrung in Unternehmen und beraten
Firmen. Ihre Expertise besteht darin,
ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse auf
einem hohen Niveau so in den praxisori-
entierten Kontext zu transformieren, dass
die MBA-Teilnehmer sie bei der Lösung
von konkreten Managementproblemen
nutzen können. MBA-Studenten – und
das gilt natürlich besonders für Führungs-
kräfte – lernen so, warum es in einer Si-
tuation besser ist, in einer bestimmten
Weise zu agieren. Professoren, die das
können, sind rar und weltweit begehrt.
In Deutschland versteht man unter Pra-
xisorientierung häufig – mehr oder we-
niger fundierte – Tipps aus der Praxis.
Professoren und Dozenten vermitteln
Studieninhalte aufgrund ihrer eigenen
Praxiserfahrung „wirtschaftsnah“, heißt
es dann. Auch Fallstudien, Planspiele und
Praktika gelten als Beleg für die Praxisori-
entierung. Das ist natürlich alles gut und
richtig, nur entspricht es nicht dem, was
renommierte Business Schools darunter
verstehen.
3. Missverständnis:
Ein MBA-Programm erfüllt hohe Quali-
tätsansprüche, weil es akkreditiert ist.
Beim Thema Akkreditierung geht es in
Deutschland häufig durcheinander. Denn
hier treffen nationale und internationale
Akkreditierungs-Systeme aufeinander. Da
ist einmal die deutsche Akkreditierung
Bei einem MBA erweitert man seine
Kenntnisse in Betriebswirtschaft und
lernt, wie man eine Bilanz liest. Das ist
zwar nicht ganz falsch, trifft aber nicht
den Kern eines MBA-Studiums.
1. Missverständnis:
Ein MBA-Studium ist eigentlich so
etwas wie ein BWL-Studium.
Ein gutes MBA-Programm ist ein Gesamt-
paket aus den richtigen Inhalten, wis-
senschaftlich exzellenten Professoren,
vielfältigen Kontakten zu Unternehmen
und das Ganze möglichst noch auf Eng-
lisch und im internationalen Kontext.
Zielgruppe sind in erster Linie Akademi-
ker ohne wirtschaftswissenschaftliches
Erststudium. Ziel ist die Vermittlung
von Managementwissen kombiniert
mit Persönlichkeitsentwicklung und der
Verbesserung der Führungskompetenz.
„Beim MBA lernt man, wie man ein be-
triebswirtschaftliches Problem ganzheit-
lich löst, indem man seine praktischen
Erfahrungen mit theoretisch fundiertem
Wissen kombiniert“, erklärt Professor
Christian Scholz von der Universität des
Saarlandes in Saarbrücken, wo es bereits
seit 1990 ein MBA-Programm gibt. Daher
ist auch eine mehrjährige und fundierte
Berufserfahrung nach dem Erststudium
Pflicht. Grundidee ist das gemeinsame
Erarbeiten von Lösungen, bei dem jeder
Teilnehmer seine Erfahrungen einbringt.
Das Lernen voneinander spielt daher
eine große Rolle. Im Idealfall haben die
Teilnehmer nicht nur einen unterschied-
lichen fachlichen Hintergrund, sondern
kommen auch aus verschiedenen Bran-
chen und Ländern. Da diskutiert dann
der deutsche Ingenieur mit dem ameri-
MBA: Fünf Missverständnisse
MBA-MARKT.
Es gibt noch immer einige falsche Vorstellungen über das Konzept der
MBA-Ausbildung. Das betrifft sowohl die Interessenten, die sich für höhere
Managementaufgaben qualifizieren wollen als auch für Personalverantwortliche,
die das MBA-Studium zur Mitarbeiterbindung einsetzen oder einen Weg in Richtung
Internationalisierung der Führungskräfte beschreiten wollen.
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