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training und coaching
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wirtschaft + weiterbildung
11/12_2015
in einem Unternehmen sein. Kotter rät,
die Dringlichkeit des Wandels mit großen
Chancen zu begründen. Bei großen Chan-
cen kann leichter sowohl der Verstand als
auch das Herz der Beschäftigten erreicht
werden, sodass die Unterstützung wahr-
scheinlich wird.
Ein Unternehmen brauche deshalb ein
„Big Opportunity Statement“. Es sollte
nach bestimmten Kriterien formuliert
werden. Es muss rational (warum wir,
warum jetzt, wozu ...), emotional über-
zeugend (aufrichtig, positiv, authentisch
ans Herz gehend) und einprägsam (klar,
kurz, ohne Fachjargon) sein. Solch ein
Statement könnte wie folgt zusammen-
gesetzt sein: „Aufgrund des Umfeldfak-
tors X und unserer speziellen Fähigkeit
Y haben wir eine echte und hochinteres-
sante Chance, den Service Z anzubieten
und dadurch beginnend in diesem Jahr
und bis zu fünf Jahren substanziell un-
sere Einnahmen und den Gewinn zu stei-
gern.“
Anknüpfend an solch ein Statement
können dann eine Change Vision sowie
strategische Initiativen in der Netzwerk-
Organisation entstehen. Welche großen
Chancen entdecken Sie für Ihr Team, Ihre
Abteilung, Ihr Unternehmen? Als Füh-
rungskraft könnten Sie der Motor sein,
um als Chancen-Finder zu agieren. Der
erste Schritt hierzu ist, dass Sie Ihre Mo-
tivation und Energie ausrichten, um aus
einem Tief wieder herauszukommen
beziehungsweise um sich selbst in der
VUCA-Welt Orientierung zu geben.
Gegenwart und Zukunft in
Balance bringen
Achten Sie bei Ihrem Motivationsaufbau
und bei der Zukunftsplanung darauf, dass
Sie sowohl kurzfristige Ziele als auch mit-
tel- und langfristige Ziele im Auge haben.
Für die großen Chancen brauchen Sie ein
Mäandern Ihrer Aufmerksamkeit zwi-
schen privatem und beruflichem Umfeld,
kurzfristiger und langfristiger Ausrich-
tung sowie Wahrnehmung Ihres engeren
Teams und weiterer wichtiger Netzwerk-
Kollegen. Verausgaben Sie sich nicht zu
früh, sondern achten Sie auf einen guten
und ausgewogenen Kräftehaushalt. Mit
Ihrem Tun und Denken in der Gegenwart
entscheiden Sie auch Ihre Zukunft. Dazu
gehört, dass Sie eine einmal getroffene
Entscheidung nicht auf alle Ewigkeit
weiter ausbaden müssen. Sie haben es
in der Hand, wie Ihr Leben weitergehen
soll. Wir können vorausdenken. Dies ist
eine hervorragende Fähigkeit, weil wir so
spüren und abschätzen können, was der
richtige Weg zumindest von einem be-
stimmten Zeitpunkt aus zu sein scheint.
Im Coaching arbeite ich mit Führungs-
kräften häufig mit einer Timeline. Dabei
werden Fragen gestellt, die den Sinn und
Nutzen des Handelns bewerten: Was sind
die Auswirkungen einer Entscheidung?
In sieben Tagen, sieben Wochen, sieben
Monaten und in sieben Jahren? Was wird
dadurch möglich, was wird verhindert?
Möglichst motivierende
Zielbilder kreieren
Setzen Sie sich bequem in einen Sessel,
zurückgelehnt, Blick nach oben in die
Ferne gerichtet. Lassen Sie Ihren Ge-
danken freien Lauf. Für jeden Bereich
menschlichen Handelns können Sie
Ziele entwickeln wie Verhaltensziele,
Lernziele, Arbeitsziele, Gesprächsziele,
private Ziele, Karriereziele, Lebensziele.
Entscheiden Sie sich für zwei bis drei
Themenbereiche, für die Sie Zielbilder
kreieren wollen. In einem ersten Schritt
sollten Sie alles zulassen, was Ihnen ein-
fällt. Lassen Sie sich dafür ausreichend
Zeit. Notieren Sie Ihre Ziele, wobei Sie
dabei die üblichen „frommen Wünsche“
außen vor lassen sollten. Dazu gehören
insbesondere solche Formulierungen, die
Verhaltensänderungen von anderen for-
dern.
In einem zweiten Schritt werten Sie Ihre
Zielesammlung aus, priorisieren diese,
um dann die konkrete Umsetzung zu
planen. Nutzen Sie dafür die folgenden
Fragen:
• Welche Ziele sind für Sie verbindlich
und gesetzt? Was sind eher Silvester-
ziele (hören sich gut an, sind schnell
wieder vergessen)? Was sind unerreich-
bare Ziele?
• Welche Ziele sind für Sie persönlich re-
levant? Was sind übergeordnete Ziele?
Welche kurzfristigen Ziele tragen zu
langfristigen bei?
• Welche Ziele sind dringlich anzugehen?
Ideal wäre, wenn Sie Ihre Ziele so konkret
visualisieren, dass Sie diese mit all Ihren
Sinnen wahrnehmen können – so als ob
sie bereits realisiert wären.
Bevor Sie konkret den Weg hin zur Re-
alisierung Ihrer Ziele planen, empfehle
ich Ihnen, noch einen kleinen Zwischen-
stopp einzulegen. Die meisten Ziele er-
reichen wir nicht mit einem einfachen
Fingerschnippen. Für viele Dinge haben
wir Verhaltensroutinen und Automatis-
men entwickelt, sodass Veränderungen
durchaus anstrengend sind und auch
Beharrlichkeit und Durchhaltevermögen
benötigen, damit sie gelingen. Ob sich
dieser Aufwand und diese Anstrengung
lohnen werden, sollten Sie entscheiden,
bevor Sie ins Handeln kommen. Fragen
Sie sich: Was ist der Preis für das Ziel?
Was gewinnen Sie durch die Zielerrei-
chung? Ist das Ziel diesen Preis wert? Der
Nutzen sollte bei dieser Betrachtung den
Aufwand eindeutig übersteigen, damit Sie
sich entscheiden und loslegen.
Hoffnung ist ein uraltes Konzept, das
natürlich gerade im Zusammenhang mit
Krisen und Belastungssituationen rele-
vant ist. Allerdings geht es weniger um
ein passives Abwarten, dass sich hof-
fentlich alles zum Guten ändert, sondern
gefordert ist konkretes Handeln. Drei
Elemente sind nach Charles R. Snyder
(einem Vertreter der Positiven Psycholo-
gie) relevant für das Hoffnungskonzept:
Die Fähigkeit, Ziele zu definieren und
Wege hin zum Ziel finden zu können. Die
Zuversicht, diese Ziele erreichen zu kön-
nen. Die Motivation, alles für die Zieler-
reichung tun zu wollen.
„Waypower“ und „Willpower“
als Elemente der Resilienz
Eva Müller bezeichnet die Fähigkeit,
Ziele und Wege zum Ziel zu definieren,
als „Waypower“ und die Motivation zur
Zielerreichung als „Willpower“. Die Zu-
versicht setzt sie mit Selbstwirksamkeit
gleich. Die Begriffe Waypower und Will-
power klingen für mich motivierend und
kraftvoll. Zielplanung klingt dagegen fast
etwas verstaubt. Auch „Führen mit Zie-
len“ oder „Zielkaskaden“ sind in man-
chen Unternehmen schon fast Unwörter
geworden. Wenn Sie jedoch etwas mit
Power, also mit voller Kraft angehen, sich
auf den Weg machen und dann noch mit
R
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