R
wirtschaft + weiterbildung
11/12_2015
37
nung, sodass Ihnen sowohl für Ihre be-
rufliche Rolle als Führungskraft als auch
für Ihre privaten Rollen die Prioritäten
bewusst sind.
Zur Zukunftsplanung werden in Unter-
nehmen Strategielandkarten, Zielkaskade,
Meilensteine, Jahreszielvereinbarungsge-
spräche, Maßnahmenkataloge, Cockpit-
Projekte verwendet. Diese Herangehens-
weise setzt die Annahme einer linearen
Planbarkeit und Vorhersehbarkeit von
Ergebnissen voraus. Ich halte viel von
dem Spruch: „Entscheidend ist nicht, wie
der Wind weht, sondern wie ich die Segel
setze.“ Aber immer mehr müssen wir im
Unternehmensumfeld mit Windböen und
Flauten rechnen, gegebenenfalls sogar
zum gleichen, aber sicher immer zum
vermeintlich „falschen“ Zeitpunkt.
Diese Situation kann mit VUCA beschrie-
ben werden: Volatilität, Unsicherheit,
Complexity (Komplexität) und Ambi-
guität. Zum Beispiel ändern sich Preise
kurzfristig, Experten kommen auf der
Basis gleicher Daten zu konträren Inter-
pretationen. Durch die globale Vernet-
zung sind Auswirkungen einer Handlung
kaum übersehbar. Und zudem müssen
wir oftmals mit widersprüchlichen Anfor-
derungen im Rahmen einer Projekt- und
einer Linienverantwortung klarkommen.
Das Akronym VUCA wurde von ameri-
kanischen Militärs entwickelt, die als
Reaktion auf die VUCA-Welt inzwischen
mehr auf Einsätze kleiner Spezialeinhei-
ten setzen als auf die Mobilmachung der
gesamten Armee.
Diese Spezialeinheiten können sich regi-
onal und situativ leichter an die jeweili-
gen Gegebenheiten anpassen. Für eine
Führungskraft bedeutet dies, um resilient
im Sinne von situationselastisch agieren
zu können, dass sie einerseits zur Orien-
tierung mittelfristige Ziele setzen sollte
und andererseits genügend Spielraum
zur situativen Anpassung bei günstigen
Gelegenheiten benötigt. Ausgangspunkt
dieses Denkens ist damit einerseits das
zukünftige Ziel und gleichzeitig die ak-
tuelle Situation mıt ihrem Potenzial.
Pragmatische Experimente, deren (Miss-)
Erfolgsfaktoren schnell ausgewertet und
für die nächsten Aktionen „eingerechnet“
werden können, ergänzen dann eine Pla-
nungsorientierung.
Veränderungen mit „großen
Chancen“ begründen
Zukunftsorientierung hat immer auch mit
Veränderung zu tun. John P. Kotter, Vor-
denker des Veränderungsmanagements,
entwirft in seinem neuen Buch „Acce-
lerate“ ein Dual Operating System, wel-
ches neben der stabilen und verlässlichen
Hierarchie auch noch auf die Geschwin-
digkeit, Anpassungsfähigkeit und Inno-
vationskraft von Netzwerken in einem
Unternehmen setzt. Kotter verspricht sich
von gut vernetzten Change Agents eine
stärkere Veränderungsbereitschaft und
Adaptionsfähigkeit.
Aufgabe dieser Change Agents soll dabei
sein, große Chancen zu entdecken und
schnell zu nutzen. Große Chancen kön-
nen einerseits im Umfeld eines Unter-
nehmens entdeckt werden (neue Märkte,
neue Technologien, neue Bedarfe) oder/
und andererseits durch Änderungen in-
nerhalb der Organisation (neue Produkte,
neue Menschen) entstehen. Eine große
Chance muss rational aufgrund der ver-
fügbaren Daten, aber zugleich emotio-
nal überzeugend für die Beschäftigten
Kritisches Feedback.
Im Berufsleben geraten Führungs-
kräfte immer wieder in Stresssituationen, weil Mitarbeiter
bestimmte Arbeiten nicht rechtzeitig fertigstellen. Jutta Hel-
ler empfiehlt, möglichst schnell ein fünfstufiges Gespräch
mit Überarbeiteten und Burn-out-Gefährdeten zu führen:
1.
Die Situation erkennen und verstehen.
Die Führungskraft merkt, das ein Mitarbeiter sehr belastet
ist. Es kann an ungesunder Arbeitsverdichtung, aber auch
an falschem Zeitmanagement liegen. Da Überarbeitung zu
Burn-out führen kann, muss die Situation geklärt werden.
2.
Die Situation zutreffend beschreiben.
„Ich habe bemerkt, dass Sie in letzter Zeit viel länger als
andere arbeiten und sehr viele Überstunden leisten. Und
trotzdem und obwohl ich Sie schon darauf angesprochen
habe, liefern Sie im Gegensatz zu früher XY leider nicht
rechtzeitig.“
3.
Bedenken zum Ausdruck bringen.
„Ich mache mir Sorgen um Sie. Ich habe die Befürchtung,
dass Sie sich übernehmen ... Zudemmöchte ich vermeiden,
dass unsere Abteilung bei bestimmten Aufgaben als unzu-
verlässig wahrgenommen wird.“
4.
Den Mitarbeiter nach seiner Sichtweise fragen.
„Wie sehen Sie die Situation?“, „Wie muss sich ihrer Mei-
nung nach die Situation ändern, damit Sie weniger Über-
stunden machen müssen?“ Es gilt, durch Fragen auf eine
akzeptable Veränderung hinzuarbeiten. „Was wünschen
Sie sich, damit Sie in Zukunft die Deadlines einhalten kön-
nen?“, „Wer könnte Ihnen dabei helfen?“
5.
Die Vorteile einer Veränderung aufzählen.
„Wenn Sie einige Aufgaben an Ihre Mitarbeiter delegieren,
dann wird Sie das erheblich entlasten. Ich bin mir sicher,
dass wir dann auch wieder wie früher unsere Arbeit recht-
zeitig abliefern können und unseren guten Ruf festigen.“
Gefährdete ansprechen