personalmagazin 2/2016 - page 40

40
MANAGEMENT
_TALENT MANAGEMENT
personalmagazin 02/16
A
lenka Bratušek sollte 2014
Vizepräsidentin der EU-Kom-
mission für den Bereich der
Energieunion werden. Von
Mitgliedern des EU-Parlaments wurde
Sloweniens Ex-Regierungschefin in der
Anhörung kritisiert, sie habe sich selbst
nominiert. Bratušek widersprach. Man
habe drei Namen genannt, weil die Re-
gierungskoalition sich nicht habe eini-
gen können. Es nutzte ihr nichts. Die
Parlamentarier ließen sie durchfallen.
Und die Politikerin verzichtete auf ihre
weitere Kandidatur.
Selbstnominierungen als Flop. Anders
in der Wirtschaft. Da werden Initiativbe-
werbungen von extern und Selbstnomi-
nierung vielfach positiv gesehen, wenn
es um Stellenbesetzungen, Nachfolgepla-
nung oder Talentpools geht. Das jeden-
falls beschreibt die HKP Group in einer
kleinen Studie. Von 38 Unternehmen
unterschiedlicher Größe fördern 42 Pro-
zent das Instrument fürs Talent Manage-
ment. Sich für Entwicklungsmaßnahmen
selbst zu melden, honorieren 39 Prozent,
wohingegen nur 12 Prozent die Selbstno-
Von
Ruth Lemmer
minierung bereits als festen Bestandteil
ihrer Nachfolgeplanung nennen. Frank
Gierschmann, Senior Manager der Be-
ratung HKP Group und Studienleiter,
stößt in Gesprächen immer wieder auf
Vorbehalte. „Doch die Befürchtung, man
würde viel zu viele Bewerbungen er-
halten oder es käme zu Konflikten zwi-
schen Kandidat und Vorgesetztem, ist
ungerechtfertigt.“ Selbstnominierung
trägt zum Netzwerken bei. Wer sich mel-
det, zeigt Selbstbewusstsein, reflektiert
aber sicher auch seine Fähigkeiten und
Chancen. Es melden sich im Schnitt eher
Männer als Frauen und Mitarbeiter, die
sich vom Vorgesetzten übersehen füh-
len. Aber, so Gierschmann, „eine negati-
ve Selektion gibt es nicht“. Dafür werde
der Prozess transparenter. „Es geht
zwar ein Machtverlust der Vorgesetzten
damit einher, aber das kann lehrreich
sein, weil sie in Zukunft in Zielvereinba-
rungsgesprächen genauer hinschauen
und mehr Kandidaten vorschlagen.“
Vorgesetzte ohne Vetorecht
In der SMS Group wird jede Stelle aus-
geschrieben, auch fürs Management. Der
Düsseldorfer Maschinen- und Anlagen-
bauer mit weltweit 14.000 Mitarbeitern
besetzt dort 80 Prozent der Positionen
mit eigenen Mitarbeitern. Möchte ei-
ner auf der Karriereleiter eine Sprosse
nach oben steigen, die Abteilung wech-
seln oder einfach mal an einen anderen
Standort im In- oder Ausland, kann er
sich bewerben, ohne seinen Chef zu in-
formieren. „Wenn der Vorgesetzte vom
Typ her ein Förderer ist, dann ist es gut
sich zu besprechen“, sagt Peter Lang-
ner, Leiter des Zentralbereichs Personal.
„Aber es ist Alltag, dass einer sich erst
einmal bewirbt, seine Chance auf dem
internen Bewerbermarkt auslotet und
nach der Entscheidung etwas sagt.“ Be-
werbungsgespräche sind vertraulich.
Ein Vetorecht hat der Vorgesetzte nicht.
Eigeninitiative macht da viel aus – auch
in der freiwilligen Weiterbildung. Zum
Beispiel in der SMS Akademie, wo Kurse
und Webseminare zu so unterschiedli-
chen Themen wie Intrapreneurship und
Skype for Business oder Metallurgie und
Umwelttechnik per Katalog angeboten
werden. Die Kosten trägt das Unterneh-
men, der Mitarbeiter steuert die Zeit bei.
Die Zertifikate kommen in die elektroni-
sche Personalakte. „Wir sprechen mit je-
dem Bewerber“, betont Langner. „Manch-
mal kommt vielleicht heraus, dass erst
einmal ein Coaching notwendig ist, um
Führungskraft zu werden, oder ein in-
terkultureller Kurs, um nach Asien zu
gehen.“ Und weil die Mitarbeiter um die
Ernsthaftigkeit des Bewerberprozesses
wissen, bleibt der interne Arbeitsmarkt
in Bewegung.
Wer sich mehr zutraut, sollte vertraut
sein mit den Usancen beim eigenen Ar-
Rotationsketten bilden
PRAXIS.
Ob es heikel ist, sich beim eigenen Arbeitgeber auf eine andere Stelle intern
zu bewerben, hängt von Personalentwicklern und Linienmanagern ab.
„Die Befürchtung, es käme zu Konflik-
ten zwischen Kandidat und Vorgesetz-
tem, ist ungerechtfertigt.“
Frank Gierschmann, Senior Manager der HKP Group
1...,30,31,32,33,34,35,36,37,38,39 41,42,43,44,45,46,47,48,49,50,...76
Powered by FlippingBook