personalmagazin 2/2016 - page 41

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02/16 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
rund 50 Bereichsleiter und Vorstands-
mitglieder, nennen mindestens drei
Manager, die sie sich auf ihrem Posten
vorstellen können. Dann folgt das Mat-
ching. Basis für diese offene Wechselkul-
tur ist das Prinzip, dass ohnehin alle fünf
Jahre eine Rotation erfolgen soll. In der
Matching-Konferenz im Frühjahr werden
alle Kandidaten ihren Wünschen zuge-
ordnet und die Stellenverantwortlichen
diskutieren, wohin die Reise gehen kann.
„Da gibt es so manche Überraschung“,
erläutert Astrid Neben. „Führungskräfte,
die bisher nicht aufgefallen sind, werden
entdeckt. Und mancher, der sich zu viel
zutraut, erhält dies als Feedback, zum
Beispiel mit konkreten Entwicklungs-
angeboten.“ Mit jedem Kandidaten wird
nach dem Matching gesprochen – über
das, was ihn auszeichnet und über das,
was ihm noch fehlt. Die Entscheidung,
welchen Weg und wie er weitergeht, trifft
der Manager selbst. Erkennt er, dass bei
Lufthansa Technik auf absehbare Zeit für
ihn die Aufstiegschancen nicht optimal
sind, kann er sich im Gesamtkonzern
umschauen oder gar extern. Oder Mana-
ger, die sich bisher nicht kannten, verab-
reden sich, um auszuloten, ob eine künf-
beitgeber. Nicht überall fördert die Spitze,
dass sich jeder von seinem Job weg- zu
Höherem hin bewerben sollte. „Einer, der
sich meldet, muss die Balance halten, um
nicht abzustürzen“, rät Jürgen Hesse, der
schon 1992 das Büro für Berufsstrategie
gründete und mit seinem Kollegen Chri-
stian Schrader Bewerber-Klassiker ver-
öffentlicht. „Manche Vorgesetzte spüren
Undankbarkeit und Fahnenflucht, da ist
Diplomatie gefragt.“ Sich heimlich von
dannen zu schleichen, kann ein Eigentor
werden – spätestens, wenn sich Chef und
Jungmanager in neuen Rollen wieder-
treffen. Aber generell befürwortet Hesse,
wenn sich einer in aller Sensibilität seiner
Umgebung gegenüber selbst zu Wort mel-
det: „Auch wenn man Lücken sieht und
die Stelle nicht zu 100 Prozent passt, ist
es gut sich zu trauen und zu vertrauen.“
Wer sollte es sonst tun?
Unterschiedliches Zusammenspiel
Das Zusammenspiel zwischen interes-
sierten Kandidaten, die sich – zu Recht
oder aus Selbstüberschätzung – beru-
fen fühlen, und Arbeitgebern kann sehr
unterschiedlich aussehen. Die Perso-
nalentwicklungsabteilungen
können,
von der Unternehmensspitze und den
Fachabteilungen Selbstnominierung zu-
lassen, begrüßen oder gar fördern. Zu
den bisher noch wenigen Unternehmen,
die die Selbstnominierung systematisch
betreiben, gehört die Lufthansa Technik
AG in Hamburg. Im Zweijahresrhyth-
mus werden alle 150 Führungskräfte im
mittleren Management aufgefordert, bis
zu zehn Jobs zu nennen, die sie sich vor-
stellen können. Die Stelleninhaber, also
tige Zusammenarbeit infrage kommt.
Die Leiterin Personal- und Organi-
sationsentwicklung beschreibt das In-
strument als zeitintensiv, aber äußerst
wirksam: „Wir haben zu einemZeitpunkt
relativ unaufgeregt ganze Rotationsket-
ten gebildet.“ Wird bis zur nächsten Run-
de eine Position tatsächlich frei, reicht
ein Knopfdruck für die Shortlist – und
mit einem Assessment Center wird eru-
iert, wer konkret am besten passt.
Umsichtig agieren
Wird Selbstnominierung in Unterneh-
men nicht gepflegt, gilt es, umsichtig
zu agieren. Dorothea Assig betont den
Unterschied zwischen Managern auf
den unteren Karrierestufen und Topma-
nagern: „Teamleiter und Mittelmanager
müssen den Switch schaffen aus der
Phase, in der sie durch Leistung und
Fleiß überzeugen, und der Situation,
in der sie von den richtigen Personen
gefunden werden.“ Dazu müsse man
„seinen Brand in die Welt streuen“, be-
tont die Fachfrau fürs Topmanagement-
Coaching, die gemeinsam mit Dorothee
Echter „Ambition – Wie große Karrieren
gelingen“ schrieb. An der Schwelle nach
ganz oben sei es wichtig, sich so zu ver-
halten, als gehöre man schon zur Topma-
nagementliga. „Arbeit spricht für sich,
aber Menschen sprechen für mich“, so
lautet Assigs Slogan für diesen Wechsel
vom Leistungsmodus in den Kommuni-
kationsmodus des Topmanagements.
RUTH LEMMER
ist freie Journalistin in
Düsseldorf.
„Manche Vorgesetzte spüren Undank-
barkeit und Fahnenflucht. Da ist
Diplomatie gefragt.“
Jürgen Hesse, Gründer des Büros für Berufsstrategie
„Führungskräfte, die bisher nicht auf-
gefallen sind, werden entdeckt. Und wer
sich zu viel zutraut, erhält Feedback.“
Astrid Neben, Leiterin Personal bei Lufthansa Technik AG
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