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personalmagazin 02/16
MANAGEMENT
_MBA-PROGRAMME
Master-Studiengang dahinter, der sich
als MBA eben besser verkauft. Dabei
spielen auch die Akkreditierungsorga-
nisationen nicht immer eine glückliche
Rolle. „Letztlich können fragwürdige An-
bieter nur auf dem Markt agieren, wenn
ihre Programme akkreditiert sind“, so
Christian Tauch, Leiter Bildung bei der
Hochschulrektorenkonferenz (HRK).
Die HRK wolle daher zusammen mit der
Kultusministerkonferenz den deutschen
Qualifikationsrahmen für Hochschul-
abschlüsse überarbeiten. Der legt fest,
welche Merkmale ein Hochschulstudium
erfüllen muss und ist wiederum Grund-
lage für die Akkreditierung.
Im internationalen MBA-Markt spie-
len die deutschen Akkreditierungen kei-
ne Rolle. Hier zählen die Gütesiegel von
AACSB, AMBA und EQUIS, die als deutlich
anspruchsvoller gelten als die deutschen
Akkreditierungen. Während AACSB und
EQUIS dabei jeweils die gesamte Busi-
ness School – was in Deutschland der
wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät
entspricht – begutachten, prüft die AMBA
jeweils alle MBA-Programme einer Schu-
le. AACSB und EQUIS sind auch notwen-
dig, um an den wichtigsten Rankings wie
dem der Financial Times teilnehmen zu
können. Lediglich neun deutsche Hoch-
schulen sind von der AACSB und jeweils
fünf von EQUIS und AMBA akkreditiert.
Anrechnung der Berufserfahrung
Viertes Missverständnis: „Meine Berufs-
erfahrung wird angerechnet.“
Ein paar Jahre Berufserfahrung ge-
hören zu den Zulassungsvorausset-
zungen jedes guten MBA-Programms.
In Deutschland ist für weiterbildende
Studiengänge wie dem MBA mindestens
ein Jahr Pflicht. An führenden Business
Schools haben die Teilnehmer oftmals
deutlich mehr als fünf Jahre Berufs-
erfahrung. Beim Executive MBA wird
manchmal sogar mehrjährige Führungs-
erfahrung vorausgesetzt.
In Deutschland wird das Prinzip im-
mer häufiger umgedreht. So kann man
einen MBA inzwischen häufig schon
ohne Erststudium machen. Lehre oder
Praktika gelten als Berufserfahrung und
berufliche Praxis wird als akademische
Leistung anerkannt. Schuld daran sind
auch die politischen Vorgaben. So ist es
politisch gewünscht, Berufserfahrenen
einen einfacheren Zugang zu einem
Hochschulstudium zu ermöglichen. Das
führt jedoch gerade beim MBA, der per
se Berufserfahrung voraussetzt, manch-
mal zu absurden Folgen.
So rechnet die TH Ingolstadt bei ihrem
MBA Beschaffungsmanagement, den sie
zusammen mit Audi entwickelt hat, die
Berufserfahrung als Studienleistung
an und die Studenten beginnen gleich
im zweiten Semester. Rechtlich ist das
zulässig. Professor Thomas Doyé, Vize-
präsident der Hochschule, behauptet
sogar, dass es „das Gesetz zwingend vor-
schreibt“ die vorhandenen Kompetenzen
anzurechnen und verweist dabei auf
die FIBAA. Würden renommierte Busi-
ness Schools das genauso handhaben,
könnten sie wohl gleich mit der Vergabe
des Abschlusszeugnisses starten. „Da
kann man nur den Kopf schütteln“, sagt
Professor Karlheinz Schwuchow von der
Hochschule Bremen, der im deutschen
MBA-Markt eine „Spirale nach unten“
beobachtet. Dass hier nicht alles optimal
läuft, weiß man auch bei der HRK. „Die
Verfahren zur Anrechnung beruflicher
Kompetenzen stecken noch in den Kin-
derschuhen“, erklärt HRK-Mitarbeiter
Tauch. Daher bestehe durchaus die Ge-
fahr, „dass manche Hochschulen Stu-
dieninteressenten mit zu großzügigen
Anrechnungsversprechen ködern, weil
sie dahinter ein lukratives Geschäftsmo-
dell sehen“.
Unternehmen kennen sich im
MBA-Markt häufig zu wenig aus
Fünftes Missverständnis: „Wenn mein
Unternehmen ein MBA-Programm un-
terstützt, muss es auch gut sein.“
Leider fehlt vielen Unternehmen der
Überblick über den MBA-Markt oder
sie setzen auf möglichst preisgünstige
und bequeme Angebote. Ein Beispiel
ist der „duale MBA“, den die Steinbeis
School of International Business and
Entrepreneurship (SIBE) anbietet. Die
MBA-Studenten bearbeiten zwei Jahre
als eine Art Praktikanten für 1.000 Euro
imMonat Projekte im Unternehmen und
absolvieren berufsbegleitend ein MBA-
Studium. Das Unternehmen bezahlt die
Studiengebühren etwa in gleicher Höhe
und bekommt so für rund 2.000 Euro im
Monat einen Mitarbeiter mit Bachelor-
Abschluss. Beim berufsbegleitenden
Master of Science von SIBE bekommen
die Teilnehmer sogar nach einem drei-
wöchigen Studientrip nach Brasilien
und einer 30-seitigen Hausarbeit noch
gratis einen MBA-Abschluss der brasili-
anischen Partnerschule dazu. Zahlreiche
deutsche Konzerne unterstützen das Ma-
ster-Programm mit Mogel-MBA.
Letztlich entscheiden daher auch die
Unternehmen, ob sie eine Hochschule
mit fragwürdigen MBA-Angeboten mit-
finanzieren, indem sie ihre Mitarbeiter
dorthin schicken. „Als Unternehmen
muss es mir doch wichtig sein, dass das
Studium eine hohe wissenschaftliche
Qualität hat“, sagtMichael Donat. Er habe
bisher bei einem Drittel der vorgeschla-
genen Programme Nein gesagt, weil die
Qualität nicht ausreichend war, erklärt
der HR-Chef bei der Managementbera-
tung Sopra Steria Consulting in Frank-
furt und sieht die Personalmanager in
der Pflicht. „Man muss sich schon das
Curriculum und die Dozenten genauer
anschauen.“ HR müsse sich intensiver
um den Markt kümmern. Hier sieht auch
Wüstemann Verbesserungsbedarf. „Es
ist schon mitunter irritierend, was auf
dem Markt abläuft“, so der Mannheim-
Präsident. Er fragt sich, ob es manchen
Unternehmen dabei nur darum gehe,
ihre Mitarbeiter mit einer durch den
MBA-Titel aufgewerteten Form der Wei-
terbildung „glücklich zu machen“.
BÄRBEL SCHWERTFEGER
ist freie
Journalistin und betreibt das Portal
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