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02/16 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Mitarbeiter, die eine Führungsrolle aus-
probiert haben und danach eine Fach-
karriere bevorzugen, können durch eine
vom Unternehmen unterstützte Wech-
seloption zu gesteigerten Leistungen
geführt werden. Die Individualisierung
von Karrierewegen stellt also nicht nur
einen Impuls für das Employer Bran-
ding dar, sondern sie bringt handfeste
ökonomische Vorteile.
Höhere Arbeitgeberattraktivität
Die Studie analysierte nicht nur die Um-
satzwirkung von New-Work-Instrumen-
ten, sondern ermittelte auch, welche Ins-
trumente die Arbeitgeberattraktivität am
stärksten erhöhen. Hier steht die Beteili-
gung der Mitarbeiter im Vordergrund. Die
drei wichtigsten Treiber waren: erstens
die Festlegung eigener Leistungs- und
Lernziele durch Mitarbeiter, zweitens die
Beteiligung der Mitarbeiter an der Strate-
gieumsetzung sowie drittens die Beteili-
gung der Mitarbeiter an Entscheidungs-
prozessen. Wie unsere Forschung zum
Thema Mitarbeiterbefragungen jedoch
zeigt, muss bei der Einführung von Befra-
gungsmodellen zwingend eine Bearbei-
tungslogik mitgedacht werden. Während
der Einbezug von Mitarbeitern in Ent-
scheidungen einer der Leistungstreiber
schlechthin ist, gibt es für die Motivation
und Performance von Mitarbeitern nichts
Schlimmeres, als sie nach ihrer Meinung
zu fragen und dann keine Maßnahmen
folgen zu lassen. Ein solches Vorgehen er-
höht die Fluktuationsquote drastisch und
senkt das Engagement der Belegschaft
nachhaltig. Wenn Unternehmen Mitar-
beitern eine Stimme geben, müssen sie
also dringend auch bereit sein, auf diese
Problemherde angegangen werden kön-
nen. Dieses stille Wissen der Mitarbeiter
an die Oberfläche zu bringen, verbessert
nicht nur die Wertschätzungskultur des
Unternehmens, sondern spiegelt sich in
Zahlen wider: Der Umsatz steigt.
Weniger Hierarchien
An zweiter Stelle der Umsatzhebel
steht der Abbau von Hierarchiestufen:
Eine Kaskade von Entscheidungsstufen
verlangsamt jeden Innovationsprozess
– und das schlägt sich eben auch im
Umsatz nieder. Führungskräfte müssen
nah an den Mitarbeitern sein, und ers-
te Best Practices zeigen, dass es auch
ganz ohne Führungskräfte geht. Insbe-
sondere Großunternehmen werden hier
in naher Zukunft herausgefordert sein,
den neuen Anforderungen der Arbeits-
welt mit einer Reorganisation ihrer Füh-
rungssysteme zu begegnen.
Wechsel der Laufbahnen
An dritter Stelle mit einem immer noch
signifikant hohen Umsatzzusammen-
hang finden wir den vereinfachten
Wechsel zwischen Führungs- und Fach-
karrieren. Dies ist ein überraschender
Zusammenhang, wurde dieses Instru-
ment doch bislang vor allem im Kontext
von Talent-Management-Programmen
betrachtet. Es scheint jedoch nicht
nur der Mitarbeiterbindung förder-
lich, wenn Unternehmensangehörige
je nach Lebensphase flexibel zwischen
Führungs- und Fachkarriere wechseln
können, sondern sich auch in der Un-
ternehmensperformance niederzuschla-
gen. Dies kann mit der bestmöglichen
Ausnutzung von Führungsqualitäten
zusammenhängen: Unternehmen ge-
ben Mitarbeitern so die Möglichkeit,
eine Führungsposition dann zu über-
nehmen, wenn sie dafür bereit sind.
In anderen Phasen, etwa in Zeiten der
Familiengründung oder der Pflege von
Angehörigen, können sie ihr Fach-
wissen flexibel in einer Expertenrolle
einbringen, um später wieder in eine
Führungsrolle zurückzuwechseln. Auch
Stimme zu hören. Es ist sogar besser, gar
nichts zu tun, als erst zu fragen und dann
keine Reaktionen folgen zu lassen.
Hindernisse für New Work
Ein weiterer Baustein der Befragung
betrachtete die größten Hindernisse
bei der Umsetzung von New Work. Die
Teilnehmer bewerteten acht mögliche
Hemmnisse auf einer fünfstufigen Skala
(1 = gar kein Hindernis, 5 = sehr große
Hürde). Das Ergebnis war klarer als er-
wartet und lässt sich in wenigen Worten
zusammenfassen: Die Treppe muss von
oben gefegt werden. Größte Blockaden
bei der Umsetzung von New Work erwar-
teten die Befragten durch die Geschäfts-
führung (Mittelwert = 3,50), gefolgt von
den Führungskräften (Mittelwert = 3,35)
und einer starken Hierarchieausprägung
(Mittelwert = 3,24). Erst an vierter Stelle
wurden beschränkte finanzielle Ressour-
cen genannt. Weniger Bedeutung aus
Sicht der Befragten haben die Unterneh-
menskultur, das Arbeitsrecht, die Mitar-
beiter sowie der Betriebsrat.
Der Blick auf die Resultate legt die Fra-
ge nahe, ob die oberen Ebenen eine neue
Arbeitswelt mit mehr Beteiligung viel-
leicht gar nicht befürworten. Die Studie
hat jedenfalls überzeugend aufgezeigt,
dass New Work nicht nur ein Modetrend
ist, sondern sich durchaus auch ökono-
misch lohnen kann. Beginnen Sie also
bald mit Ihrer Reise nach New Work!
BENEDIKT HACKL
ist Profes-
sor für Unternehmensführung
und Personal sowie Leiter von
HR-Impulsgeber in München.
PETER FRIEDERICHS
ist
Gründer des Human Capital
Clubs und Preisträger der Dr.
Margrit-Egner-Stiftung.
MARC WAGNER
ist Partner
bei der Telekom-Tochter
Detecon International mit Sitz
in Köln.
Eine neue Führungskul-
tur, in der Hierarchien
abgebaut werden und
Führung an die Mitar-
beiter übertragen wird,
stellte sich als stärkster
Umsatztreiber heraus.
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