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personalmagazin 02/16
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ORGANISATION
_ENTGELTUMWANDLUNG
J
eder Arbeitnehmer hat seit 2002
das Recht, einen Teil seines Ent-
gelts in Rücklagen für eine betrieb-
liche Altersversorgung umwandeln
zu lassen. Inzwischen bieten weit mehr
als jeder zweite Betrieb eine Entgelt-
umwandlung an. Doch nicht jede Ent-
geltumwandlung führt zum erhofften
Wohlstand im Alter - Arbeitgeber sollten
bei der Auswahl der Tarife und Versiche-
rungsgesellschaften sorgfältig vorgehen,
um Demotivation und im schlimmsten
Falle Haftungsfälle zu vermeiden.
Nahezu alle Versicherungsgesellschaf-
ten bieten für die Entgeltumwandlung
in erster Linie gezillmerte Tarife. Auch
bei vielen tariflichen Versorgungsein-
richtungen ist dieser Tariftyp zu finden.
Dabei werden die vom Arbeitnehmer
eingezahlten Beiträge zunächst mit den
Abschluss-, Vertriebs- und Akquisitions-
Von
Peter Kolm
kosten verrechnet, bevor die Prämien
zum Aufbau eines Deckungskapitals für
die Altersversorgung verwendet werden.
Das kann zu sehr geringen Rückkaufs-
werten der bAV führen, wenn der Arbeit-
nehmer schon nach kurzer Zeit aus dem
Vertrag ausscheidet, beispielsweise weil
er seinen Arbeitgeber wechselt oder den
Arbeitsplatz verliert. Bei den heute ver-
wendeten teilgezillmerten Tarifen wer-
den diese Kosten auf einen Zeitraum von
fünf bis zehn Jahren verteilt.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat
sich mit der rechtlichen Zulässigkeit ge-
zillmerter Tarife ausführlich auseinan-
dergesetzt. Es kommt im Urteil vom 15.
September 2009, 3 AZR 17/09 zu dem
Schluss, dass zumindest voll gezillmerte
Versicherungstarife bei der Entgeltum-
wandlung als „rechtlich problematisch“
zu bewerten sind. Zwar, so das BAG,
würden sie nicht gegen das gesetzliche
Gebot der „Wertgleichheit“ in § 1 Abs.
2 Nr. 3 BetrAVG verstoßen, dennoch
sieht das BAG einige Anhaltspunkte da-
für, dass Altersversorgungsverträge mit
gezillmerten Versicherungstarifen eine
unangemessene Benachteiligung nach
§ 307 BGB darstellen könnten. In Bezug
auf teilgezillmerte Tarife stellt das BAG
lediglich fest, dass es „angemessen“
sein könnte, wenn die bei einer Direkt-
versicherung anfallenden einmaligen
Abschluss- und Vertriebskosten auf fünf
Jahre verteilt werden können.
Berechnungsbeispiel Teilzillmerung
Um die Konsequenzen der Teilzillme-
rung zu verstehen, betrachten wir einen
37-jährigen Arbeitnehmer, der eine Ent-
geltumwandlung über eine Direktversi-
cherung mit 110 Euro monatlich bis zur
Regelaltersgrenze von 67 Jahren plant
(Vertragslaufzeit 30 Jahre, lebenslange
Rente). Nun ist ihm von vorne herein
klar: eine durchlaufende Bedienung der
Entgeltumwandlung bis zum Rentenein-
tritt ist eher unwahrscheinlich. Es wird
mindestens einen Arbeitsplatzwechsel
geben, möglicherweise auch arbeitslose
Zeiten, die Gründung einer Familie oder
eine Versetzung ins Ausland. Die Ge-
fahr, seinen Vertrag einmal beitragsfrei
stellen zu müssen, betrachtet er jeden-
falls als hoch. Und deshalb möchte er
wissen, mit welchen Kosten seine einge-
zahlten Beiträge behaftet sind.
Unterstellen wir, dass der Arbeitgeber
drei Rententarife anbietet (was in der
Praxis natürlich so nicht vorkommt):
Einen Einzeltarif, einen Gruppen- be-
ziehungsweise Kollektivtarif sowie ein
tarifliches Versorgungswerk. Die Tabelle
auf Seite 50 zeigt die Kostenbelastung
auf die eingezahlten Beiträge nach Jah-
ren sowie die vom Versicherer zugesagte
garantierte Rente, wenn die Beiträge oh-
ne Unterbrechung geleistet werden.
Vergleich: Kosten – erwartete bAV
In unserem Rechenbeispiel macht der
Arbeitnehmer nach der Berechnung
der Kosten und der zu erwartenden Be-
triebsrente inklusive der Abzüge, die
ihn erwarten, vier desillusionierende
Feststellungen.
Feststellung eins: In den ersten zehn
Jahren ist die Entgeltumwandlung sehr
teuer. Gerade in den ersten Jahren sollte
der Vertrag deshalb keinesfalls beitrags-
Wenn umwandeln, dann richtig
ANALYSE.
Entgeltumwandlung ist in der bAV zu Recht beliebt. Doch bei angeblich kosten-
neutralen Angeboten durch teilgezillmerte Tarife sollten Arbeitgeber genau hinsehen.
VIDEO
Wer die Entgeltumwandlung kabaret-
tistisch erklärt bekommen will, findet
in unserer App einen Auschnitt aus der
ZDF-Sendung „Die Anstalt“.
© YOUTUBE
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