PERSONALquarterly 2/2019 - page 50

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ESSENTIALS
_REZENSIONEN
PERSONALquarterly 02/19
F
rauen sind in Führungspositionen immer noch deut-
lich unterrepräsentiert. Eine in der Politik und der
Wirtschaft viel diskutierte Möglichkeit, um diese
Unterschiede abzubauen, ist die Einführung und
Anwendung von Geschlechterquoten. In Norwegen zum Bei-
spiel müssen Unternehmen seit dem Jahr 2008 eine Quo-
te in Höhe von 40% für weibliche Aufsichtsräte einhalten.
Es gibt jedoch begrenzte und widersprüchliche Evidenz be-
züglich der Auswirkungen von Geschlechterquoten. Auf der
einen Seite haben Geschlechterquoten zu einer Erhöhung der
Frauenquote in Führungspositionen geführt; andererseits
gibt es Hinweise darauf, dass Frauen, die im Rahmen von
Geschlechterquoten ernannt werden, als weniger gut legi-
timiert, weniger qualifiziert und weniger kompetent in ih-
rer Rolle angesehen werden. Wie gut Geschlechterquoten in
Anwesenheit von Peer Reviews funktionieren, untersuchten
die Wissenschaftler mithilfe eines Laborexperiments. Peer
Reviews sind an vielen Arbeitsplätzen üblich – fast 90% aller
Fortune-500-Unternehmen verlassen sich auf ein 360-Grad-
Feedback.
Die Wissenschaftler verglichen hierzu Peer-Evaluationen
mit der Möglichkeit zu Sabotage in Wettbewerbssituationen
mit und ohne Geschlechterquote. Die Ergebnisse sind frap-
pierend: Erstens zeigt sich, dass Geschlechterquoten Frauen
nicht ermutigen, inWettbewerbssituationen einzutreten, wenn
es Peer-Review-Prozesse gibt. Zweitens zeigen sich in der Be-
dingung mit einer Geschlechterquote heftige Gegenreaktionen
gegen Frauen, indem diese vorrangig zu Zielen der Sabotage
wurden. Interessanterweise waren es hier die Frauen, die sich
darauf konzentrierten, einander zu sabotieren, während Män-
ner wahllos sabotierten.
Die Wissenschaftler ziehen aus den Resultaten der Studie
den Schluss, dass vor der Einführung von Geschlechterquo-
ten in Umgebungen, in denen Peer Review die Bezahlung be-
stimmt, gewarnt werden sollte. Affirmative Politikmaßnahmen
können Gegenreaktionen gegen Frauen hervorrufen, die mit
potenziellen wirtschaftlichen Kosten verbunden sind.
Besprochen von
Katharina Laske
, Seminar für ABWL und
Personalwirtschaftslehre, Universität zu Köln
Schaden Frauenquoten den
Frauen?
Andreas Leibbrandt
(Monash University),
Liang Wang
(Mo-
nash University) &
Cordelia Foo
(Productivity Commission):
Gender Quotas, Competitions, and Peer Review: Experimen-
tal Evidence on the Backlash Against Women. Management
Science, 2018.
E
ine Reihe von Studien hat gezeigt, dass Arbeitnehmer
nach einem Arbeitgeberwechsel häufig nicht an ihre
frühere Produktivität anknüpfen können. Die (meist in
wissensintensiven Branchen untersuchten) Produktivi-
tätseinbußen bestehen über 1-2 Jahre. Doch wie lassen sich die-
se minimieren oder gar vermeiden? Klar ist: Viele Firmen sehen
(notgedrungen) keine Alternative zu externer Rekrutierung. Die
Studie von Raffie und Byun ist deshalb bemerkenswert, weil sie
nicht nur die Individual- sondern auch die Organisationsebene
berücksichtigt und dadurch zeigen kann, dass externe Rekru-
tierung mit höherer Produktivität auf Firmenebene einhergeht,
auch wenn extern rekrutierte Mitarbeiter im Durchschnitt etwa
ein Jahr benötigen, um ihre frühere Produktivität anzuknüpfen.
Zwar können die Autoren auf Basis ihrer Daten diesbezüglich
nur spekulieren; es erscheint aber sehr plausibel, dass extern
rekrutierte Mitarbeiter für die Firmen ein „Upgrade“ darstellen.
Dies und welche Faktoren die temporären Produktivitätseinbu-
ßen beeinflussen, untersuchten Raffie und Byun mittels Längs-
schnittdaten zu registrierten US-Lobbyisten, ihren Arbeitgebern
(d. h. PR-Agenturen) und durch diese abgeschlossenen Lobby-
verträge. Raffie und Byun konnten zeigen, dass die Produktivi-
tätseinbußen geringer ausfielen, wenn die extern rekrutierten
Mitarbeiter Erfahrungen zu Themen mitbrachten, die komple-
mentär zu den sonst von der Agentur bedienten Themenfeldern
waren (Humankapitalkomplementarität), wenn diese gemein-
sam mit Kollegen wechselten (internes Sozialkapital) und wenn
diese Kunden mitnehmen konnten (externes Sozialkapital). Da-
bei zeigten sich Hinweise, dass komplementäres Humankapital
durch entsprechendes Sozialkapital (und umgekehrt) ausgegli-
chen werden kann. Es braucht also das eine oder das andere,
aber nicht unbedingt beides. Dieser Befund und die Ergebnisse
der Studie im Allgemeinen sind jedoch mit Vorsicht zu genie-
ßen, da die Daten und Methoden keine kausalen Schlüsse er-
lauben. Allerdings liefert die Studie Anhaltspunkte für weitere
Forschung und bietet eine realistische Perspektive auf das sog.
„Portability Paradox“, die externe Rekrutierung nicht (nur) als
übermäßigen Optimismus brandmarkt.
Besprochen von
Benjamin P. Krebs
, Lehrstuhl International
Business, Universität Paderborn
Warum externe Rekrutie­
rung sinnvoll sein kann
Joseph Raffie
(University of Southern California),
Heejung
Byun
(Purdue University): Revisiting the Portability of Per-
formance Paradox: Employee Mobility and the Utilization of
Human and Social Capital Resources. Academy of Management
Journal, Online First (29.01.2019).
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