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02/19 PERSONALquarterly
ten Trend zur Gehaltstransparenz und verfolgt in einem Dritt-
mittelprojekt seit 2017 die Frage, welche Implikationen diese
Entwicklung auf Gehälter und Arbeitsbeziehungen hat. In ver-
schiedenen Laborexperimenten untersucht er unter anderem,
ob Unternehmen und Mitarbeiter anders miteinander verhan-
deln, wenn Gehälter transparent gemacht werden. Aktuelle
Ergebnisse werden im Herbst 2019 erwartet. In einer früheren
Studie untersuchte Werner zusammen mit Gary Bolton von
der University of Texas at Dallas den Effekt von Gehalts- und
Produktivitätsunterschieden in Laborexperimenten. Die Aus-
wertungen legten nahe, dass, so Werner, „negative Effekte der
Transparenz über die Gehaltshöhe durch Informationen über
die Produktivität abgeschwächt und Gehaltsunterschiede ak-
zeptabler werden können“. Ob Transparenz ungerechtfertigte
Unterschiede aufdeckt und damit zwangsläufig – so das erklär-
te Ziel – zu mehr Gerechtigkeit, einer höheren Arbeitsmotiva-
tion und einer größeren Zufriedenheit führt, scheint jedenfalls
weitaus differenziertere Bedingungen zu benötigen als bisher
angenommen.
Nachvollziehbarer Link zwischen Leistung und Lohn
In einer weiteren Studie an der Kölner Universität hat Peter
Werner mit den Professoren Axel Ockenfels und Dirk Sliw-
ka anonymisierte Gehaltsdaten eines Konzerns mit Umfrage­
ergebnissen zur Arbeitszufriedenheit gekoppelt. Die Forscher
konnten einen asymmetrischen Effekt zwischen sozialen Ver-
gleichen und Arbeitszufriedenheit feststellen. „Relativ schlech-
ter dazustehen, mindert signifikant die Arbeitszufriedenheit“,
fasst Professor Werner zusammen. „Aber High Performer wer-
den nicht zusätzlich dadurch zufriedener, wenn sie wissen,
dass sie besser dastehen als andere.“ Bereits diese Untersu-
chung gab also den Hinweis, dass „ein nachvollziehbarer Link
zwischen Leistung und Lohn die Akzeptanz von Lohnunter-
schieden verbessern kann“, kommentiert Peter Werner.
Es reicht also nicht, das Gehaltsgefüge offen zu legen. „Wenn
nicht auch die Aufgaben bekannt sind, kommen Geschichten
auf“, sagt Petra Nieken. Die Lehrstuhlinhaberin Human Re-
source Management am Karlsruher Institut für Technologie
(KIT) nutzt die experimentelle Wirtschaftsforschung, um den
Wettbewerbseffekt von Bonussystemen zu untersuchen. „Es
gibt einen Topf, um den die Teilnehmer des Laborexperiments
konkurrieren“, beschreibt Nieken. „Die Struktur des Wett­
bewerbs ist komplett durchsichtig.“ Erste Ergebnisse dieses
DFG-Projekts belegen nicht nur, dass Menschen, die im Wett-
bewerb hinten liegen, sich weniger anstrengen.
Menschen im Wettbewerb greifen zu Sabotage
Sie sabotieren sogar die Arbeit der Spitzenleute, die im Expe-
riment eine höhere Arbeitsanstrengung bringen und daher hö-
here Chancen auf den Bonus haben. „Die Leute wissen, dass sie
sich unethisch verhalten“, meint Forscherin Nieken. „Dennoch
nehmen sie auch im Labor anderen mit unlauteren Mitteln
Punkte und damit Gewinne weg.“ Und: Am oberen Ende der
Bonus-Skala möchte auch niemand stehen, die Spitzenleute
halten ihre Leistung zurück, um nicht zum Opfer von Sabotage
zu werden.
In einem weiteren Experiment entschieden Dreierteams
über die Verteilung des Bonustopfs. Der enthielt eine Summe,
die sich nicht durch drei dividieren ließ. Die Gruppe sollte un-
tereinander über Leistung und Entlohnung verhandeln. Hier
gewann die Neigung zur Harmonie trotz allem die Oberhand.
Ob dies ein kurzfristiger oder ein langfristiger Effekt ist, wird
KIT-Forscherin Nieken als Nächstes in einem Langzeitexperi-
ment untersuchen. Das ist auch deshalb spannend, weil so die
Referenzgruppe dauerhaft in den Mittelpunkt gerät. Schwe-
dische Untersuchungen zeigen nämlich, dass die Wechsel-
wahrscheinlichkeit steigt, wenn ein Gehaltsgefüge als unfair
empfunden wird.
V. l. n. r.: Univ.-Prof. Dr. Jürgen Weibler (Fernuniversität Hagen), Dr. Peter Werner (Universität Maast-
richt), Prof. Dr. Petra Nieken (Karlsruher Institut für Technologie KIT)
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