PERSONALquarterly 2/2019 - page 53

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02/19 PERSONALquarterly
Folgende internationale Zeitschriften verfolgen wir
für Sie regelmäßig:
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Academy of Management Journal
3
American Economic Review
3
Human Resource Management
3
Human Resource Management Review
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Journal of Applied Psychology
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Journal of Labor Economics
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Journal of Organizational Behavior
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Journal of International Business Studies
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Journal of Political Economy
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Management Science
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Personnel Psychology
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Quarterly Journal of Economics
3
Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie
Unser Rezensenten-Team wird darüber hinaus an dieser Stelle
auch richtungsweisende Veröffentlichungen aus weiteren
Publikationen darstellen.
Neues aus Top-Journals
I
n den letzten Jahren hat es mehrere öffentliche Skandale
wegen unethischen Verhaltens gegeben. Verschiedenen
Unternehmen wie der Deutschen Bank, Siemens oder VW
wurde vorgeworfen, unehrliche Geschäftspraktiken wie
fragwürdige Buchhaltungsmethoden, Korruption und Betrug
angewandt zu haben. In vielen Fällen schien dabei betrüge-
risches Verhalten in Gruppen eher aufgetreten zu sein als auf
individueller Ebene. Haben Menschen in Gruppen tatsächlich
die Tendenz sich unehrlicher zu verhalten als Einzelpersonen
und wenn ja, warum?
Die Wissenschaftler untersuchten in einem Laborversuch
die Umstände, die unehrliches Verhalten von Einzelpersonen
und Gruppen fördern. Insbesondere analysierten sie, wie sich
zwei unterschiedliche Governance-Strukturen – Anreize und
Kommunikation – auf die Neigung zu unehrlichem Verhalten
auswirken. Dazu entwickelten die Wissenschaftler eine neuar-
tige Aufgabe, die es ermöglicht, Unehrlichkeit auf individueller
Ebene zu messen. Den Studienteilnehmern wurden Videos von
Würfelwürfen gezeigt und gebeten, die auf dem Würfel ange-
zeigte Zahl im Video zu melden. Je höher die gemeldete Zahl,
desto größer war die finanzielle Vergütung für die Teilnehmer.
Daher hatten die Teilnehmer einen Anreiz, die Experimen-
tatoren anzulügen, wenn auf dem Video ein Würfelwurf mit
einer niedrigen Zahl angezeigt wurde. Die Teilnehmer wurden
einzeln und in zwei anonymen Gruppenbedingungen bewer-
tet, in denen die Mitglieder innerhalb ihrer Gruppe über eine
Chat-Funktion kommunizieren konnten, bevor sie ihre Zahlen
berichteten. Sie sahen immer die gleiche Zahl innerhalb einer
Gruppe. In der ersten Gruppenbedingung mussten alle Mitglie-
der der Gruppe das gleiche Ergebnis der Würfelrolle melden,
um die Auszahlung zu erhalten. In der zweiten Gruppenbedin-
gung erhielten die Mitglieder die Auszahlung entsprechend
ihrem eigenen Bericht, unabhängig von den Berichten ihrer
Teammitglieder.
Die Wissenschaftler beobachteten einen starken Wechsel im
Unehrlichkeitsverhalten vom Individuum zu den Gruppenbe-
dingungen: Gruppen lügen viel häufiger als Einzelpersonen.
Die Unehrlichkeitsbewegung wird hauptsächlich durch die
Kommunikation in Gruppen getrieben. Die Möglichkeit für
Gruppenmitglieder, mögliche Rechtfertigungen für ihr unehr-
Lügen Menschen in Grup­
pen häufiger als allein?
Martin G. Kocher
,
Simeon Schudy
&
Lisa Spantig
(Ludwig-
Maximilians-University of Munich): I lie? We Lie! Why? Experi-
mental Evidence on a Dishonesty Shift in Groups. Management
Science, 2018
liches Verhalten auszutauschen und zu diskutieren, kann zu ei-
ner allgemeinen Verschiebung in der Überzeugung der Gruppe
darüber führen, was moralisch gerechtfertigtes Verhalten ist.
Im Gegensatz zur Kommunikation führt die Anreizstruk-
tur innerhalb von Gruppen (Einstimmigkeitserfordernis ver-
sus Einzelentscheidungen nach der Gruppenkommunikation)
nicht zu unehrlichem Verhalten in Gruppen. Auch die Zusam-
mensetzung der Gruppe im Hinblick auf das bisherige unehr-
liche Verhalten war keine starke Determinante. Selbst Gruppen
aus Teilnehmern, die bei individueller Befragung wahrheitsge-
mäß berichteten, beschlossen, nach der Kommunikation mit
anderen falsch zu berichten und damit zu lügen.
Die Wissenschaftler ziehen aus den Resultaten den Schluss,
dass Institutionen die potenziellen Nachteile der Kommunika-
tion in Bezug auf die im Experiment dokumentierte erodieren-
de Ehrlichkeit berücksichtigen sollten. So kann es bspw. für
Unternehmen von Vorteil sein, teambasierte Entscheidungs-
prozesse, aber auch Normen und moralische Werte genauer
zu überwachen.
Besprochen von
Katharina Laske
, Seminar für ABWL und
Personalwirtschaftslehre, Universität zu Köln
1...,43,44,45,46,47,48,49,50,51,52 54,55,56,57,58,59,60
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