PERSONALquarterly 2/2017 - page 31

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02/17 PERSONALquarterly
weisbar mit sozialer Isolierung, mangelnder Beziehung zum
Unternehmen sowie mangelnder sozialer Unterstützung durch
Kollegen und Vorgesetzte verbunden ist (Koroma/Hyrkkänen/
Vartiainen, 2014). Dies hat auch Folgen für das Commitment
mobil Beschäftigter: Wer kaum noch physisch anwesend ist,
hat weniger Kontaktmöglichkeiten und damit Gelegenheiten,
sich mit den Kollegen und der Organisation verbunden zu
fühlen. Insbesondere das affektive Commitment benötigt phy-
sische Kontakte und Präsenz. Der Bindungsverlust wird auch
als ein Grund dafür genannt, warum das Unternehmen Yahoo
den Modellversuch der völlig ortsungebundenen Arbeit wieder
rückgängig gemacht hat und die Mitarbeiter jetzt wieder in die
firmeneigenen Büros zurückbeordert hat.
Auch eine mangelnde Einbindung in Planungs- und Ent-
scheidungsprozesse des Unternehmens wird in einer Be-
fragung von Pharmareferenten und Servicetechnikern oft
angemahnt (Strobel/Lehnig, 2003). Die starke Abhängigkeit
von den Arbeitsmitteln (insbesondere von Soft-/Hardware,
Mobilfunkverbindungen, Hotlines) wird dann als belastend
erlebt, wenn sie unzuverlässig oder zu langsam funktionie-
ren oder wenn die Technik zu Kontroll- und Überwachungs-
zwecken verwendet wird (Bretschneider-Hagemes, 2011).
Weil die Arbeitsbedingungen bei Vor-Ort-Arbeit durch den
Kundenbetrieb bestimmt werden, wird der Arbeits- und Ge-
sundheitsschutz häufig vernachlässigt oder missachtet und
auch die betriebsärztliche bzw. arbeitsmedizinische Betreuung
ist für diese Zielgruppe aufgrund der schwierigen Erreichbar-
keit häufig erschwert (Strobel/Lehnig, 2003).
Sozioemotionale Belastungen
Sozioemotionale Belastungen ergeben sich in erster Linie aus
dem Kundenkontakt. Eine Tagebuchstudie mit 112 Außen-
dienstmitarbeitern von Schwartz und Stone (1993) zeigt, dass
75% der befragten Teilnehmer angeben, dass die am stärksten
belastenden Tagesereignisse arbeitsbezogene Ereignisse im
zwischenmenschlichen Bereich sind. Konfliktreiche Kunden-
kontakte ergeben sich hier vor allem unter Zeitdruck (Borg/
Kristensen, 1999). Auch das Managen und Aufbauen immer
wieder wechselnder arbeitsbezogener Netzwerke kann zum
Belastungsfaktor werden. Mehrere Studien (Strobel/Lehnig,
2003; Westman, 2005) verweisen darauf, dass mobil Arbeiten-
de sich häufig nirgendwo zugehörig fühlen. Sie haben zwar
ein enorm breites Netzwerk an beruflichen Kontakten, jedoch
sind viele Beziehungen oberflächlich und durch schwache
Bindungen gekennzeichnet (Kesselring/Vogl, 2010). „I’m al-
ways going somewhere, never being anywhere“ (Westman,
2005, S. 481) bringt das Gefühl der Bindungslosigkeit auf
den Punkt. Da beruflich Mobile häufig von zu Hause arbeiten,
hat dies oft auch Folgen für die familiäre Situation. Work-
Family-Konflikte werden eher von Außendienstmitarbeitern
genannt als von Innendienstmitarbeitern und sind der häu-
figste Grund, warum Beschäftigte diese Arbeitsform aufgeben
wollen (Lüdemann, 2015).
Sozioemotionale Belastrungen können sich für mobil Ar-
beitende auch daraus ergeben, dass die Kommunikation mit
Kollegen und Vorgesetzten erschwert ist. Verhalten kann bei
physischer Distanz nicht direkt beobachtet werden, damit sind
Emotionen abwesender Teammitglieder schwerer erkennbar
und interpretierbar und es müssen andere Wege als Mimik,
Gestik, Intonation gefunden werden, um Emotionen und Stim-
mungen zu vermitteln. Wenn es hierzu keine speziellen Fort-
bildungen gibt, kann das Teamklima schnell darunter leiden.
Mobilitätsspezifische Belastungen
Mobilitätsspezifische Belastungen ergeben sich u.a. aus der
Tatsache, dass bei Vor-Ort-Arbeit Verkehrsmittel wie der
Zug, das Flugzeug, das Auto, das Hotel und jeder öffent-
liche Platz als „Arbeitsplatz“ dienen. Crawford, MacCal-
man und Jackson (2011) zeigen in ihrem Review, dass eine
unzureichende ergonomische Gestaltung der Verkehrsmit-
tel stark mit Muskel-Skelett-Erkrankungen assoziiert ist.
Durch die starke Abhängigkeit vom Verkehrsaufkommen be-
stehen darüber hinaus verkehrsbedingte Belastungen wie
Staus, Baustellen, Umwege, schlechte Witterungsverhältnisse,
Verspätungen öffentlicher Verkehrsmittel, die vor allem unter
Zeitdruck hohe Belastungen darstellen.
Betriebliche, sozioemotionale und verkehrsbedingte Belas­
tungen treffen oft zusammen. Vor allem unter der Bedingung
hoher Arbeitsintensität und Verdichtung beeinträchtigen sie
die Arbeitszufriedenheit und Gesundheit der Betroffenen
(Crawford/MacCalman/Jackson, 2011; Ducki/Nguyen, 2016).
Neben Belastungen weist mobile Arbeit aber auch Vorteile
auf. Mobil Beschäftigte haben ihre Tätigkeit meist frei gewählt.
Sie schätzen an ihrer Arbeit vor allem ihre Unabhängigkeit
und Freiheit sowie die größeren Gestaltungsfreiräume. Sie sind
häufig betrieblichen Reglementierungen durch Abwesenheit
entzogen, erleben ihre Arbeit als selbstbestimmter und freier,
geben an, mehr Gestaltungsmöglichkeiten in der persönlichen
Arbeitsorganisation zu besitzen und schätzen ihre Aufgaben-
vielfalt und Abwechslung (Brandt, 2010; Kesselring/Vogl,
2010; Strobel/Lehnig, 2003). Vor-Ort-Arbeitende bewerten die
zahlreichen Lernmöglichkeiten positiv, die sich daraus erge-
ben, dass Probleme vor Ort gelöst werden müssen, auch wenn
es dazu noch keine vorgefertigten Routinen gibt.
Als besonders wichtige Ressourcen werden die Planbarkeit
und die Vorhersehbarkeit von Kundenbesuchen und Reisen
genannt. Auf der Seite der Person werden Fähigkeiten zur Seg-
mentierung, zum Abschalten und zur Trennung von Arbeit
und Freizeit als Ressourcen hervorgehoben. Diese Fähigkeiten
können aber nur im Sinne einer Ressource zur Anwendung
kommen, wenn die Bedingungen dies auch zulassen. Eine hohe
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