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PERSONALquarterly 02/17
SCHWERPUNKT
_VIRTUELLE KOOPERATION
M
it dem Strukturwandel und der Digitalisierung
wird die Zahl der Tätigkeiten, die ortsunabhängig
durchgeführt werden können, auch in Zukunft
zunehmen (Schulze/Meissner/Weichbrodt,
2014). Mit der Zunahme ortsunabhängiger mobiler Arbeit stel-
len sich zugleich Fragen zur Gestaltung dieser Arbeitsform und
zur Unterstützung dieser Beschäftigtengruppe durch das Per-
sonalmanagement. Dabei sind neben organisatorischen und
juristischen Fragen auch soziale Fragen zur Bindung mobil Ar-
beitender an das Unternehmen zu beantworten (Bretschneider-
Hagemes, 2011; Kesselring/Vogl, 2010).
Der folgende Beitrag basiert auf den Ergebnissen eines Sco-
ping Reviews zum Thema „Mobilität und Gesundheit“ von
Ducki und Nguyen (2016), das im Rahmen des Projekts „Psy-
chische Gesundheit in der Arbeitswelt“ der Bundesanstalt für
Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) erstellt wurde. 156
Quellen, davon 54 Primärstudien, liegen dem Review zugrun-
de. Es wurden verschiedene berufsbezogene Mobilitätsformen
voneinander unterschieden und ausgewertet. Im Folgenden
wird beispielhaft für mobiles Arbeiten die Vor-Ort-Arbeit in
ihren Besonderheiten und Konsequenzen für die virtuelle
Kommunikation und Kooperation sowie die Personalarbeit be-
schrieben.
Einordnung mobiler Arbeit und Verbreitung
Was genau bedeutet es, mobil zu arbeiten? Beschäftigte üben
„mobile Arbeit“ aus, wenn sie zehn Stunden pro Woche oder
mehr als 20 Prozent ihrer Arbeit außerhalb des Firmenbüros
oder des Heimarbeitsplatzes leisten und dabei neue Informa-
tionstechnologien nutzen (Benz, 2010; Brandt, 2010). Mobile
Arbeit kann an jedem beliebigen Ort stattfinden, was sie von
der Telearbeit unterscheidet, die ortsgebunden erfolgt. Koro-
ma, Hyrkkänen und Vartiainen (2014) nennen als Kennzeichen
mobiler Arbeit den flexiblen Gebrauch von Zeit und Ort, die
Nutzung mobiler Endgeräte sowie eine Kollaboration, die an
verschiedenen Orten (auch virtuell) erfolgen kann (ebd).
Mobile Arbeit kann den berufsbedingten Mobilitätsformen
zugeordnet werden, bei denen sich die Mobilitätserfordernisse
aus der Arbeit selbst ergeben. Dauer, Häufigkeit, Rhythmus
und Rahmenbedingungen der Mobilität werden betrieblich
Mobiles Arbeiten: Konsequenzen für die
strategische Personalarbeit
Von
Prof. Dr. Antje Ducki
(Beuth Hochschule für Technik Berlin),
Dr. Susanne Gerstenberg
(BAuA) und
Huu Tan Nguyen
(Beuth Hochschule für Technik Berlin)
festgelegt und sind somit auch durch betriebliche Maßnahmen
veränderbar. Mobile Arbeit lässt sich danach unterscheiden,
ob sie durch eine Aufgabenerledigung an wechselnden oder
wiederkehrenden Orten verursacht ist (Vor-Ort-Tätigkeiten,
Dienst- und Businesstrips oder Entsendungen) oder ob die
Bewegung an sich zentrales Aufgabenelement ist, wie es bei
Transport- und Beförderungsaufgaben der Fall ist (Ducki/Ngu-
yen, 2016).
Neben berufsbedingten Mobilitätsformen gibt es berufs
assoziierte Mobilitätsformen wie das tägliche, wöchentliche
oder saisonale Pendeln. Berufsassoziierte Mobilität ist der
Arbeit vor- und nachgelagert und dient dazu, berufliche und
außerberufliche Anforderungen zu koordinieren (ebd.). Viele
Erwerbstätige sind multimobil, d.h. sie üben einen mobilen
Beruf aus und pendeln zusätzlich.
Abbildung 1 stellt alle berufsrelevanten Mobilitätsformen in
der Übersicht dar.
Für das Personalmanagement und die Gestaltung von Mo-
bilitätsbedingungen ergeben sich durch die Unterscheidung
berufsassoziierter und berufsbedingter Mobilitätsformen
bedeutsame Unterschiede, da berufsassoziierte Mobilitäts-
formen, wie z.B. das tägliche oder auch wöchentliche Pendeln,
vorrangig in den Verantwortungsbereich der Einzelpersonen
bzw. gesellschaftspolitischer Institutionen fallen. Im Fall der
berufsbedingten Mobilität, wie z.B bei der mobilen Arbeit von
Servicetechnikern, Pharmareferenten oder auch bei Beför-
derungstätigkeiten fällt die Gestaltung der Mobilitätsbedin-
gungen eindeutig in den Verantwortungsbereich des Betriebs.
19% der Erwerbstätigen geben in einer repräsentativen Er-
werbstätigenbefragung des Deutschen Gewerkschaftsbundes
(DGB) an, häufig oder ständig an wechselnden Arbeitsorten
tätig zu sein. Vor allem Beschäftigte im Baugewerbe, im Berg-
bau, in der Energiegewinnung, Land- und Fortwirtschaft,
Energie- und Wasserversorgung sowie Verkehr und Nachrich-
tenübermittlung sind vorrangig mit wechselnden Arbeitsorten
konfrontiert (Brandt, 2010), aber auch Unternehmensberater
können zu den mobil Arbeitenden gezählt werden.
Zugenommen haben in den letzten Jahren Geschäftsreisen.
Laut Geschäftsreisenanalyse des Verbandes Deutscher Reise-
managements (VDR) gab es 2015 182,7 Millionen Geschäfts-