PERSONALquarterly 2/2017 - page 18

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PERSONALquarterly 02/17
SCHWERPUNKT
_VIRTUELLE KOOPERATION
Neben einer hohen Menge kann eine geringe Qualität die
Verarbeitung von Informationen beeinträchtigen und damit
zu einer Überflutung beitragen. Charakteristische Besonder-
heiten wie fehlende soziale Kontextfaktoren und unterschied-
liche Erwartungen an die E-Mail-Kommunikation erschweren
die Interpretation von Nachrichten und machen Rückfragen
notwendig (Soucek, 2009). E-Mails eignen sich für die Über-
mittlung von kurzen Sachinformationen; für umfassende Dis-
kussionen ist das Medium E-Mail aufgrund der textbasierten
und asynchronen Übermittlung wenig geeignet.
Ein weiterer Einflussfaktor der Informationsüberflutung ist
eine ineffiziente Informationsverarbeitung. In diesem Sinne
argumentieren Bellotti/Ducheneaut/Howard/Smith/Grinter
(2005), dass nicht die Menge an E-Mails, sondern vielmehr
der nicht medienadäquate Einsatz dieser Technologie zu Infor-
mationsüberflutung führt. Beispiele sind die Anhäufung vie-
ler und irrelevanter E-Mails im Postfach oder eine mangelnde
Strukturierung der Ablage (Szostek, 2011). Bleibt das E-Mail-
Programm geöffnet, unterbrechen kontinuierlich eintreffende
E-Mails den Arbeitsablauf (Kushlev/Dunn, 2015). Schließlich
wird das Medium oft zweckentfremdet: Eine Terminabstim-
mung – insbesondere zwischen mehreren Personen – lässt
sich mit spezialisierten Diensten, wie z.B. Doodle, deutlich ef-
fizienter erledigen, als mit dem Austausch mehrerer, zeitver-
setzter E-Mails.
Gestaltungsansätze auf individueller und
organisationaler Ebene
Informationsüberflutung entsteht aus dem Zusammenwirken
der eingehenden Informationsflut und der Informationsverar-
beitungskapazität. Dadurch ergeben sich zwei grundlegende
Ansatzpunkte zur Gestaltung der E-Mail-Kommunikation: Stär-
kung der individuellen Informationsverarbeitung und Verrin-
gerung der Informationsflut.
Die Stärkung der individuellen Informationsverarbeitung
umfasst all jene Aspekte, welche die Kompetenz des Einsatzes
und Umgangs mit dem Medium verbessern. Moser/Soucek
(2004) entwickelten ein Training zur E-Mail-Kommunikation,
das durch die Förderung von Medienkompetenz einen effizi-
enten und belastungsgünstigen Umgang mit E-Mails sicher-
stellt. Im Rahmen dieses Trainings wurde zum einen der
Umgang mit den E-Mail-Programmen vermittelt (z.B. Struk-
turierung des E-Mail-Eingangs; Szostek, 2011), wie auch An-
sätze zur Integration der E-Mail-Kommunikation in das eigene
Zeitmanagement (Kushlev/Dunn, 2015). Die Wirksamkeit die-
ses Trainings wurde im Rahmen einer Evaluationsstudie mit
Beschäftigten bestätigt (Soucek/Moser, 2010). Das Training
führte zu einem geringeren Ausmaß an Informationsüberflu-
tung, obwohl sich die Menge der zu bearbeitenden E-Mails
nicht verringert hat. Insofern verbesserte sich der Umgang mit
einer gegebenen Menge an Informationen.
Auf organisationaler Ebene kann eine Verringerung der In-
formationsflut durch eine Begrenzung der Anzahl eingehender
E-Mails oder eine Verbesserung der Qualität von E-Mails er-
reicht werden. Beispiele einer Begrenzung der Menge finden
sich etwa mit der Einrichtung von „E-Mail-freien“-Freitagen
oder dem Aussetzen der Zustellung von E-Mails, die während
des Urlaubs eintreffen („Mail on Holiday“-Programm,
könnten Newsletter nicht mehr pauschal per E-Mail an alle
Beschäftigten versendet werden, sondern z.B. als RSS-Feed,
den jeder Mitarbeitende gezielt abonnieren kann, angeboten
werden. Diese Zuordnung von unterschiedlichen Nachrichten-
inhalten zu bestimmten Informationskanälen unterstützt die
Informationsverarbeitung, da dies bereits eine inhaltliche Se-
lektion darstellt und den E-Mail-Eingang entlastet.
Eine Verbesserung der Qualität von E-Mails kann durch eine
Klärung der gemeinsamen Erwartungen erreicht werden, die
den Einsatz und den Umgang mit dem Medium definieren und
dadurch einen zielgerichteten Einsatz fördern. Diese Vereinba-
rungen können den Einsatz von Funktionen (z.B. Verwendung
von Bcc bei E-Mails) oder die gegenseitige Korrespondenz be-
treffen (z.B. Definition von Antwortzeiträumen).
Untersuchung von Vereinbarungen zur
E-Mail-Kommunikation
Im Folgenden wird eine Untersuchung zum Einfluss von
Vereinbarungen zur E-Mail-Kommunikation vorgestellt. Die
grundlegende Fragestellung lautet dabei: Helfen solche Ver-
ABSTRACT
Forschungsfrage:
Was sind die Ursachen einer Informationsüberflutung und welche Ge­
staltungsansätze fördern einen belastungsgünstigen Einsatz der E-Mail-Kommunikation?
Methodik:
Webbasierte Untersuchung mit Fragebogen.
Praktische Implikationen:
Vereinbarungen zur E-Mail-Kommunikation sind vor allem auf
der Ebene von Arbeitsgruppen wirksam.
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