PERSONALquarterly 2/2017 - page 23

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02/17 PERSONALquarterly
ABSTRACT
Forschungsfrage:
Ein adäquater Informationsfluss ist in Softwareprojekten von überragender
Bedeutung. Wie fließen Informationen in global verteilten Projekten über die Ländergrenzen
hinweg? Und wie kann analysiert werden, ob der Informationsaustausch ausreicht?
Methodik:
Einzelfallstudie in einem global verteilten Softwareunternehmen
Praktische Implikationen:
Die Kommunikation über Ländergrenzen hinweg stellt u.a.
aufgrund von Sprache und räumlicher Distanz eine kritische Stelle im Informationsfluss dar.
Wir präsentieren eine Möglichkeit, diese Schwierigkeit aufzuzeigen und zu vermeiden.
Kompetenzspinnen, d.h. Personen, die sehr viele Informatio-
nen aufnehmen und weitergeben, stellen ebenfalls kritische
Punkte im Netzwerk dar. Der Ausfall einer Kompetenzspinne
kann bspw. gravierende Folgen haben, wenn nicht in kürzester
Zeit ein angemessener Ersatz zur Verfügung steht.
Informationsfluss-Optimierung. Im letzten Schritt werden
die während der Analyse gefundenen Erkenntnisse dem Team
kommuniziert. Darüber hinaus wird nach Möglichkeiten zur
Optimierung gesucht. Dazu zählt bspw. die Entlastung von
Kompetenzspinnen und eine Steigerung der Awareness, wel-
che Dokumente wirklich benötigt werden. Zudem werden feh-
lende Informationsflüsse erkannt und ergänzt.
Anwendung im Unternehmen
Zur Beantwortung der Forschungsfrage, wie der Informations-
fluss in global verteilten Softwareteams über Ländergrenzen
hinweg funktioniert, haben wir die zuvor beschriebene FLOW-
zu berichten. Jedes Interview startet mit einer kurzen Vor-
stellung der Person, damit der Interviewer ihre Aussagen im
Gesamtkontext einordnen kann. Im nächsten Schritt wird der
Befragte gebeten, einen Überblick darüber zu geben, welche
Tätigkeiten den Kern seiner Arbeit ausmachen. Diese Tätig-
keiten ordnet der Befragte nach Relevanz und gibt im nächsten
Schritt zu jeder der Tätigkeiten die beteiligten Personen (In-
put), die entstehenden Artefakte (Output), die steuernden Ele-
mente wie Templates oder Vorgaben von der Geschäftsführung
sowie unterstützende Komponenten wie Tools an.
FLOW-Modelle. Basierend auf den zuvor erhobenen Daten
wird nach jedem Interview ein sogenanntes FLOW-Modell ge-
zeichnet bzw. ein bereits existierendes Modell erweitert (Sta-
pel, 2012). Dabei wird die eigens entwickelte FLOW-Notation
verwendet. Die zentralen Elemente sind in Abbildung1 darge-
stellt. Dabei stehen einfach auftretende Informationsspeicher
für einzelne Personen oder Dokumente, während die dreifache
Ausführung für mehrere Informationsflussspeicher des glei-
chen Typs steht. Speicher oder Pfeile stehen für Erfahrungen,
die in die Prozesse einfließen. Die Aktivitäten bilden den Kern
der FLOW-Diagramme. Sie stellen die Kernaktivitäten der be-
teiligten Personen mit ein- und ausgehenden Informationen
sowie steuernden und unterstützenden Elementen.
Das auf diese Weise entstehende Modell bietet allen Projekt-
beteiligten einen guten Überblick über die Informationsflüsse
und wird im Anschluss an das letzte Interview von einem Ex-
perten im Hinblick auf Schwachstellen und kritische Punkte
analysiert.
FLOW-Analyse. In einem FLOW-Modell finden sich verschie-
dene Muster wieder, die für oder gegen einen guten Informa-
tionsfluss sprechen. Diese Patterns müssen bei der Analyse
erkannt werden, um die Projektbeteiligen dafür sensibilisieren
zu können. Eine Kette von mehreren flüssigen Informations-
speichern („stille Post“), die nach mehreren Schritten in einem
Dokument endet, stellt bspw. ein erhöhtes Risiko dar, da die
Informationen, die schließlich im Dokument verschriftlicht
werden, nicht zwangsläufig der Information entsprechen müs-
sen, die vom ersten Glied der Kette in Umlauf gebracht wurde.
Tote Dokumente, d.h. Dokumente, die zwar geschrieben, aber
danach nicht mehr weiterverwendet werden, oder sogenannte
Quelle: Stapel, 2012
Abb. 1:
FLOW-Notation
Zustand Speicher Fluss
Aktivität
fest
<Name>
<Name>
Informationen
Erfahrungen
Steuerung
Unterstützung
flüssig
<Name>
<Name>
Informationen
Erfahrungen
ein-
gehend
aus-
gehend
ein-
gehend
aus-
gehend
<Name>
1...,13,14,15,16,17,18,19,20,21,22 24,25,26,27,28,29,30,31,32,33,...68
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