02/16 PERSONALquarterly
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des Mitarbeiters. Empirische Befunde einer Metaanalyse zei
gen, dass materielle Entlohnungen die intrinsische Motivation
mindern (d = -0.34
1
), wenn diese an Leistungsaufgaben gebun
den sind (Deci, Koestner & Ryan, 1999). Dieser Effekt wird in
der Literatur als „overjustification effect“ (auch: Korrumpie
rungseffekt, Verdrängungseffekt oder „undermining effect“)
bezeichnet und beschreibt die Einschränkung intrinsischer
Motivation durch externe Motivationsfaktoren. Die Autoren der
Metaanalyse nehmen basierend auf der Selbstbestimmungs
theorie an, dass externe Motivationsfaktoren wie beispielswei
se materielle Entlohnungen, die direkt an Leistungsaufgaben
gebunden sind, das Grundbedürfnis nach Autonomie ein
schränken und somit die intrinsische Motivation mindern. Es
wird also argumentiert, dass Individuen durch die externe Ent
lohnung eine geminderte Selbstbestimmung in ihrem Handeln
wahrnehmen und somit weniger intrinsisch motiviert sind.
Die Ergebnisse dieser oft experimentellen Studien sind je
doch schwer auf den Arbeitsalltag zu übertragen, da intrin
sische und extrinsische Motivation im Arbeitskontext nicht
stets präzise voneinander getrennt werden können. Zudem ist
die Annahme, dass Mitarbeiter zunächst intrinsisch motiviert
sind und dies durch spezifische Arbeitsbedingungen gemin
dert erleben, schwer zu belegen. Diese Annahme würde die
Option ausschließen, dass Mitarbeiter ihre Arbeit primär ex
trinsisch motiviert ausgewählt haben. Was allerdings für den
Arbeitskontext von großer Bedeutung ist und zugleich mess
bar, ist der Zusammenhang zwischen intrinsischer Motivation
und Leistung.
Cerasoli, Nicklin und Ford (2014) fassten in ihrer Metaana
lyse die Ergebnisse von 183 Studien zusammen und zeigten in
einer Stichprobe von 212.468 Individuen, dass ein hohes Aus
maß an intrinsischer Motivation mit einer positiven Leistung
einhergeht (r = 0.21
2
). Die Autoren fanden weiterhin heraus,
dass dieser positive Zusammenhang durch qualitative Arbeits
aufgaben gestärkt (r = 0.28) und durch quantitative Aufgaben
geschwächt wird (r = 0.20). Die Autoren erklären den positiven
Moderationseffekt von qualitativen Aufgaben dadurch, dass
qualitative Aufgaben oftmals komplex sind, eine tiefergehende
Auseinandersetzung mit der Aufgabe und somit ein starkes
Arbeitsengagement erfordern. Studienbefunde zeigen, dass
diese Eigenschaften mit intrinsischer Motivation einherge
hen. Intrinsisch motivierte Individuen zeigen ein hohes Maß
an Arbeitsengagement (Rich, LePine & Crawford, 2010), was
mit einem erhöhten Maß an qualitativer Leistung einhergeht
(Simpson, 2009). Zudem erfordern qualitativ herausfordernde
Arbeitsaufgaben nicht nur Engagement, sondern auch die Au
tonomie, um sich mit der Arbeitsaufgabe zu beschäftigen. Auf
Basis der Selbstbestimmungstheorie (Deci & Ryan, 1985) kann
man also argumentieren, dass das Grundbedürfnis der Auto
nomie bei qualitativen Aufgaben gestärkt und somit auch die
intrinsische Motivation gestärkt wird. Hierbei sollte angemerkt
werden, dass eine Reziprozität des Zusammenhangs zwischen
intrinsischer Motivation und Leistung nicht auszuschließen
ist, also auch eine gute Leistung auf die Motivation wirken
könnte (Roberts, Hann & Slaughter, 2006). Es gibt allerdings
nicht ausreichend Längsschnittstudienbefunde, um hierzu
konkrete Aussagen zu treffen.
Der negative Moderationseffekt von quantitativen Arbeits
aufgaben wird dadurch erklärt, dass quantitative Aufgaben
oftmals weniger komplex und kognitiv fordernd sind und somit
ein geringeres Ausmaß an intrinsischer Motivation erfordern.
Cerasoli und Kollegen (2014) fanden weiterhin heraus, dass
es keine statistisch signifikanten Zusammenhänge zwischen
intrinsischer Motivation und Geschlecht oder Nationalität gab,
aber einen positiven Zusammenhang mit Alter. Mit steigendem
Alter nimmt die intrinsische Motivation also zu (Effektmaße
variieren zwischen r = 0.16 und 0.27).
Extrinsische Motivation und Mitarbeiterleistung
Die Selbstbestimmungstheorie (Deci & Ryan, 1985) nimmt
an, dass Individuen im Laufe ihrer Entwicklung Druck sowie
Erwartungen ihres sozialen Umfelds ausgesetzt sind und so
mit vermehrt Aktivitäten ausüben, die extrinsisch motiviert
sind. Extrinsische Motivation beschreibt die Erbringung einer
Leistung, um externe Ergebnisse zu erzielen (zur Wirkung
leistungsabhängiger Anreize siehe auch Biemann, Sliwka
und Weckmüller, 2011). Hierbei unterscheidet die Theorie
zwischen unterschiedlichen Formen der extrinsischen Moti
vation in Abhängigkeit des Ausmaßes an externer Kontrolle.
Diese variieren von einer vollständigen bis hin zu einer gemä
ßigten externen Regulation. Da die Mehrzahl empirischer For
schungsstudien die extrinsische Motivation als ein einzelnes
Konstrukt untersucht hat, und auch zur Veranschaulichung
der Zusammenhänge beschränken wir uns auf die verein
fachte Darstellung von Forschungsbefunden zur extrinsischen
Motivation.
Condly, Clark und Stolovitch (2003) untersuchten in ihrer
Metaanalyse den Zusammenhang zwischen externen Anreizen
(finanziell, materiell, aber nicht finanziell und nicht materi
ell) und Leistung im Arbeitskontext. Teamzentrierte Anreize
übten hierbei einen stärkeren positiven Einfluss auf Arbeits
leistung aus als individuumszentrierte Anreize. Weiterhin
hatten finanzielle Anreize einen stärkeren positiven Effekt auf
Arbeitsleistung als andere materielle Anreize. Allerdings wei
sen Condly et al. (2003) darauf hin, dass dieses Ergebnis mit
Sorgfalt interpretiert werden sollte, da mehr Studien zu finan
ziellen Anreizen als Studien zu materiellen, aber nicht finan
ziellen Anreizen in der Metaanalyse berücksichtigt wurden.
Mit diesen Ergebnissen bestätigten und erweiterten Condly et
1 Beim Effektmaß Cohen’s d entspricht ein Wert bis zu 0.2 einem kleinen Effekt, ein Wert bis zu 0.5
einem mittleren Effekt und ein Wert bis zu 0.8 einem großen Effekt.
2 Beim Effektmaß r entspricht ein Wert bis zu 0.1 einem kleinen Effekt, ein Wert bis zu 0.3 einem
mittleren Effekt und ein Wert bis 0.5 einem großen Effekt.