PERSONALquarterly 2/2016 - page 47

02/16 PERSONALquarterly
47
des Mitarbeiters. Empirische Befunde einer Metaanalyse zei­
gen, dass materielle Entlohnungen die intrinsische Motivation
mindern (d = -0.34
1
), wenn diese an Leistungsaufgaben gebun­
den sind (Deci, Koestner & Ryan, 1999). Dieser Effekt wird in
der Literatur als „overjustification effect“ (auch: Korrumpie­
rungseffekt, Verdrängungseffekt oder „undermining effect“)
bezeichnet und beschreibt die Einschränkung intrinsischer
Motivation durch externe Motivationsfaktoren. Die Autoren der
Metaanalyse nehmen basierend auf der Selbstbestimmungs­
theorie an, dass externe Motivationsfaktoren wie beispielswei­
se materielle Entlohnungen, die direkt an Leistungsaufgaben
gebunden sind, das Grundbedürfnis nach Autonomie ein­
schränken und somit die intrinsische Motivation mindern. Es
wird also argumentiert, dass Individuen durch die externe Ent­
lohnung eine geminderte Selbstbestimmung in ihrem Handeln
wahrnehmen und somit weniger intrinsisch motiviert sind.
Die Ergebnisse dieser oft experimentellen Studien sind je­
doch schwer auf den Arbeitsalltag zu übertragen, da intrin­
sische und extrinsische Motivation im Arbeitskontext nicht
stets präzise voneinander getrennt werden können. Zudem ist
die Annahme, dass Mitarbeiter zunächst intrinsisch motiviert
sind und dies durch spezifische Arbeitsbedingungen gemin­
dert erleben, schwer zu belegen. Diese Annahme würde die
Option ausschließen, dass Mitarbeiter ihre Arbeit primär ex­
trinsisch motiviert ausgewählt haben. Was allerdings für den
Arbeitskontext von großer Bedeutung ist und zugleich mess­
bar, ist der Zusammenhang zwischen intrinsischer Motivation
und Leistung.
Cerasoli, Nicklin und Ford (2014) fassten in ihrer Metaana­
lyse die Ergebnisse von 183 Studien zusammen und zeigten in
einer Stichprobe von 212.468 Individuen, dass ein hohes Aus­
maß an intrinsischer Motivation mit einer positiven Leistung
einhergeht (r = 0.21
2
). Die Autoren fanden weiterhin heraus,
dass dieser positive Zusammenhang durch qualitative Arbeits­
aufgaben gestärkt (r = 0.28) und durch quantitative Aufgaben
geschwächt wird (r = 0.20). Die Autoren erklären den positiven
Moderationseffekt von qualitativen Aufgaben dadurch, dass
qualitative Aufgaben oftmals komplex sind, eine tiefergehende
Auseinandersetzung mit der Aufgabe und somit ein starkes
Arbeitsengagement erfordern. Studienbefunde zeigen, dass
diese Eigenschaften mit intrinsischer Motivation einherge­
hen. Intrinsisch motivierte Individuen zeigen ein hohes Maß
an Arbeitsengagement (Rich, LePine & Crawford, 2010), was
mit einem erhöhten Maß an qualitativer Leistung einhergeht
(Simpson, 2009). Zudem erfordern qualitativ herausfordernde
Arbeitsaufgaben nicht nur Engagement, sondern auch die Au­
tonomie, um sich mit der Arbeitsaufgabe zu beschäftigen. Auf
Basis der Selbstbestimmungstheorie (Deci & Ryan, 1985) kann
man also argumentieren, dass das Grundbedürfnis der Auto­
nomie bei qualitativen Aufgaben gestärkt und somit auch die
intrinsische Motivation gestärkt wird. Hierbei sollte angemerkt
werden, dass eine Reziprozität des Zusammenhangs zwischen
intrinsischer Motivation und Leistung nicht auszuschließen
ist, also auch eine gute Leistung auf die Motivation wirken
könnte (Roberts, Hann & Slaughter, 2006). Es gibt allerdings
nicht ausreichend Längsschnittstudienbefunde, um hierzu
konkrete Aussagen zu treffen.
Der negative Moderationseffekt von quantitativen Arbeits­
aufgaben wird dadurch erklärt, dass quantitative Aufgaben
oftmals weniger komplex und kognitiv fordernd sind und somit
ein geringeres Ausmaß an intrinsischer Motivation erfordern.
Cerasoli und Kollegen (2014) fanden weiterhin heraus, dass
es keine statistisch signifikanten Zusammenhänge zwischen
intrinsischer Motivation und Geschlecht oder Nationalität gab,
aber einen positiven Zusammenhang mit Alter. Mit steigendem
Alter nimmt die intrinsische Motivation also zu (Effektmaße
variieren zwischen r = 0.16 und 0.27).
Extrinsische Motivation und Mitarbeiterleistung
Die Selbstbestimmungstheorie (Deci & Ryan, 1985) nimmt
an, dass Individuen im Laufe ihrer Entwicklung Druck sowie
Erwartungen ihres sozialen Umfelds ausgesetzt sind und so­
mit vermehrt Aktivitäten ausüben, die extrinsisch motiviert
sind. Extrinsische Motivation beschreibt die Erbringung einer
Leistung, um externe Ergebnisse zu erzielen (zur Wirkung
leistungsabhängiger Anreize siehe auch Biemann, Sliwka
und Weckmüller, 2011). Hierbei unterscheidet die Theorie
zwischen unterschiedlichen Formen der extrinsischen Moti­
vation in Abhängigkeit des Ausmaßes an externer Kontrolle.
Diese variieren von einer vollständigen bis hin zu einer gemä­
ßigten externen Regulation. Da die Mehrzahl empirischer For­
schungsstudien die extrinsische Motivation als ein einzelnes
Konstrukt untersucht hat, und auch zur Veranschaulichung
der Zusammenhänge beschränken wir uns auf die verein­
fachte Darstellung von Forschungsbefunden zur extrinsischen
Motivation.
Condly, Clark und Stolovitch (2003) untersuchten in ihrer
Metaanalyse den Zusammenhang zwischen externen Anreizen
(finanziell, materiell, aber nicht finanziell und nicht materi­
ell) und Leistung im Arbeitskontext. Teamzentrierte Anreize
übten hierbei einen stärkeren positiven Einfluss auf Arbeits­
leistung aus als individuumszentrierte Anreize. Weiterhin
hatten finanzielle Anreize einen stärkeren positiven Effekt auf
Arbeitsleistung als andere materielle Anreize. Allerdings wei­
sen Condly et al. (2003) darauf hin, dass dieses Ergebnis mit
Sorgfalt interpretiert werden sollte, da mehr Studien zu finan­
ziellen Anreizen als Studien zu materiellen, aber nicht finan­
ziellen Anreizen in der Metaanalyse berücksichtigt wurden.
Mit diesen Ergebnissen bestätigten und erweiterten Condly et
1 Beim Effektmaß Cohen’s d entspricht ein Wert bis zu 0.2 einem kleinen Effekt, ein Wert bis zu 0.5
einem mittleren Effekt und ein Wert bis zu 0.8 einem großen Effekt.
2 Beim Effektmaß r entspricht ein Wert bis zu 0.1 einem kleinen Effekt, ein Wert bis zu 0.3 einem
mittleren Effekt und ein Wert bis 0.5 einem großen Effekt.
1...,37,38,39,40,41,42,43,44,45,46 48,49,50,51,52,53,54,55,56,57,...60
Powered by FlippingBook