PERSONALquarterly 2/2016 - page 52

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ESSENTIALS
_REZENSIONEN
PERSONALquarterly 02/16
D
ie personalökonomische Forschung hat über die Jahre
eine Vielzahl plausibler Vorhersagen und empirischer
Resultate hervorgebracht. Wie finden Arbeitgeber und
Arbeitnehmer zusammen? Wie wirken finanzielle
Anreize? Warum bieten Arbeitgeber unterschiedliche Anreize?
Viele Einzelstudien untersuchen solche Fragen. Bandiera und
Kollegen ist es nun gelungen, ein einheitliches Bild zu schaffen.
Hierbei bedienen sie sich modell-theoretischer Ansätze sowie
eines Datensatzes aus dem italienischen Dienstleistungsbereich,
der zusammengesetzt ist aus Charakteristiken der Manager und
des Unternehmens sowie Sozialversicherungsdaten über die
Karriere der Manager. Alle Manager dieses Datensatzes sind in
der Firmenhierachie weit oben, zu 60% direkt dem CEO unter-
stellt. Mithilfe des Datensatzes ist es möglich, den Zusammen-
hang des Zusammenschlusses von Unternehmen und Managern
sowie den Verträgen, die diese verbinden, zu untersuchen. Die
empirische Analyse von Korrelationen zeigt, dass Anreize den
Anreize entscheiden
Oriana Bandiera
(London School of Economics & Political
Science LSE),
Luigi Gruiso
(Einaudi Institute for Economics and
Finance EIEF),
Andrea Prat
(LSE) und
Raffaella Sadun
(LSE):
„Matching Firms, Managers, and Incentives”. Journal of Labor
Economics (2015), pp. 623-681.
Unterschied machen. Talentierte und risikotolerantere Manager
werden von Unternehmen, in denen Leistung und leistungsbe-
zogene Belohnung betont werden, angezogen. Dies widerspricht
früheren Ergebnissen, dass Anreize besonders bei risikoaversen
Arbeitnehmern wirken. Manager mit anreizlastigen Verträgen
bringen erhöhten Arbeitseinsatz. Sie erhalten mehr nicht-mo-
netäre Belohnungen und sind alles in allem (und leicht über-
raschend) zufriedener. Andrerseits führen ebendiese Verträge
auch zu einer erhöhten Produktivität der Unternehmen sowie
zu höheren Gewinnen. Als letzten interessanten Punkt zeigt der
Datensatz die Verbindung von Anreizstrukturen und Inhabern
des Unternehmens: Familiengeführte Unternehmen bieten er-
heblich weniger leistungsbezogene Boni. Auch wenn nicht jeder
einzelne Punkt eine neue Erkenntnis birgt, zeigen die Autoren,
dass dies alles in nur einem Datensatz mit denselben Managern
und Firmen zusammen auftritt und kein Ergebnis isolierter Be-
trachtungen ist. Wichtig ist zu betonen, dass es sich bei diesen
Ergebnissen „lediglich“ um Korrelationen handelt. Die Richtung
der Kausalität ist aus den Daten nicht eindeutig, wird aber von
den Autoren anhand eines mathematischen Modells untersucht.
Dieses macht Vorhersagen, die die genannten Ergebnisse wider-
spiegeln, und bietet somit aus Sicht von Bandiera und Kollegen
einen Ansatz, die Ergebnisse zu validieren.
Besprochen von
Timo Vogelsang
, Seminar für ABWL und Perso-
nalwirtschaftslehre, Universität zu Köln
V
on Führungskräften wird erwartet, dass sie ihre Mitar-
beiter fördern und motivieren. Dies gelingt nicht allen.
Bisweilen kommt es sogar zu Feindseligkeit ggü. Mitar-
beitern (z.B. Einschüchtern, Verspotten, Anschreien).
Die Arbeitszufriedenheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter
leiden. Auch das Commitment ggü. dem Arbeitgeber kann sin-
ken, weil Führungskräfte als Vertreter der Organisation gesehen
werden. Mitarbeiter können diese negativen Effekte vermeiden,
sich weniger als Opfer empfinden, indem sie selbst Feindseligkeit
ggü. der Führungskraft zeigen (z.B. durch Ignorieren oder offene
Kritik an der Führungskraft). Diesen möglichen Zusammenhang
haben Tepper und Kollegen in zwei längsschnittlichen Studien
Wie Feindseligkeit wirkt
Bennett J. Tepper
(Ohio State University),
Marie S. Mitchell
(Uni-
versity of Georgia),
Dana L. Haggard
(Missouri State University),
Ho Kwon Kwan
(Shanghai University of Finance and Economics) &
Hee-Man Park
(Ohio State University): „On the exchange of hos­
tility with supervisors: An examination of self-enhancing and self-
defeating perspectives“. Personnel Psychology, 68 (2015), 723-758.
mit insg. 540 Mitarbeitern unterschiedlicher Organisationen un-
tersucht. Die Autoren zeigen, dass Mitarbeiter im Bezug auf Ar-
beitszufriedenheit, Commitment und psychischen Stress deutlich
weniger unter Feindseligkeiten von Vorgesetzten leiden, wenn sie
diese durch eigene Feindseligkeit „wettmachen“. In der zweiten
Studie wurden die zugrunde liegenden psychischen Mechanis-
men untersucht. Dabei zeigte sich, dass Mitarbeiter gerade dann
weniger unter Feindseligkeiten von Führungskräften leiden, wenn
sie sich selbst weniger als Opfer sehen. Die Ergebnisse sprechen
dafür, dass Mitarbeiter die subjektive Wahrnehmung der eigenen
Person in der Opferrolle möglichst vermeiden sollten. Dies dient
den Mitarbeitern und den Unternehmen. Unternehmen sollten al-
les tun, um Feindseligkeiten von Führungskräften zu unterbinden
(z.B. durch eine „Null Toleranz“-Regel). Bei der Personalauswahl
könnten Mitarbeiter mit positiver emotionaler Grundhaltung be-
vorzugt werden oder man könnte in der Personalentwicklung auf
selbstwertförderliche Maßnahmen setzen. Die Negativspirale von
gegenseitiger Feindseligkeit zwischen Führungskräften und Mit-
arbeitern könnte so durchbrochen werden.
Besprochen von
Dr. Nale Lehmann-Willenbrock,
VU Amster-
dam, Department of Social & Organizational Psychology
1...,42,43,44,45,46,47,48,49,50,51 53,54,55,56,57,58,59,60
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