37
        
        
          02/16  PERSONALquarterly
        
        
          möglichen  Basen des Commitments. So wurde beispielhaft das
        
        
          normative Commitment durch Fragen wie „Wissen Ihre Mitar-
        
        
          beiter, wofür das Unternehmen steht und was dem Unterneh-
        
        
          men kompromisslos wichtig ist?“, das affektive Commitment
        
        
          durch Fragen wie „Wie schaffen Sie positive Gefühle der Mit-
        
        
          arbeiter gegenüber dem Unternehmen?“ und das kalkulative
        
        
          Commitment durch Fragen wie „Bieten Sie Ihren Mitarbeitern
        
        
          besondere materielle oder immaterielle Anreize?“ thematisiert.
        
        
          Die Auswertung der aufgezeichneten und transkribierten Inter-
        
        
          views erfolgte mittels der Software MAXQDA im Rahmen einer
        
        
          qualitativen Inhaltsanalyse. ImRahmen der qualitativen Inhalts-
        
        
          analyse stellen die drei Basen des Commitments die deduktive
        
        
          Analysebasis dar. Dieser wurde ein im Rahmen der Datenanaly-
        
        
          se entwickeltes induktives Kategoriensystem für personalwirt-
        
        
          schaftliche Instrumente gegenübergestellt. Die Zuordnung der
        
        
          jeweiligen Maßnahmen erfolgte analog der Commitment-Basen.
        
        
          Sieben der befragten Unternehmen sind demnach über Werk-
        
        
          verträge mit ihren Kunden verbunden und lediglich ein Unter-
        
        
          nehmen über Dienstverträge. Hierbei wurden die Airbus Group
        
        
          SE, die BMW AG, die  Daimler AG, die Dr. Ing. h.c. F. Porsche
        
        
          AG sowie die Robert Bosch GmbH beispielhaft als industrielle
        
        
          Kunden genannt – allesamt also Unternehmen, denen gemeinhin
        
        
          eine hohe Arbeitgeberattraktivität zugesprochen wird, was den
        
        
          Aufbau eines hohen Commitments als Arbeitgeber für die in der
        
        
          Studie inkludierten industriellen Dienstleiter nicht vereinfacht.
        
        
          Hinsichtlich der Qualifikation der beim Kunden eingesetzten
        
        
          Mitarbeiter geben die Unternehmen an, dass diese weit über-
        
        
          wiegend akademisch qualifiziert sind – nur vereinzelt handelt
        
        
          es sich um gewerblich-technische Fachkräfte (z.B. Techniker).
        
        
          Hinsichtlich der Ausgangsdiagnose teilen sechs der acht Unter-
        
        
          nehmen die Einschätzung, dass die permanent beim Kunden
        
        
          eingesetzten Mitarbeiter eine geringere Bindung zu ihrem Ar-
        
        
          beitgeber aufweisen als die intern für das Unternehmen tätigen
        
        
          Mitarbeiter. Ein Geschäftsführer unterstreicht diese Problemdi-
        
        
          agnose: „Wir haben uns viele Maßnahmen überlegt bzw. machen
        
        
          viele Dinge, um die Mitarbeiter trotzdem zu integrieren. Also um
        
        
          genau nicht diese Situation entstehen zu lassen, dass sie sich mit
        
        
          dem Kunden mehr identifizieren als mit der Firma, für die sie
        
        
          tätig sind.“ Insgesamt konnten im Rahmen der teilstandardisier-
        
        
          ten Expertenbefragung 63 personalwirtschaftliche Instrumente
        
        
          und Maßnahmen identifiziert werden, die die Unternehmen
        
        
          einsetzen, um die Problematik des dualen Commitments der
        
        
          Mitarbeiter zu entschärfen und das Commitment gegenüber dem
        
        
          Arbeitgeber zu erhöhen. In Abbildung 3 erfolgt eine verdichtete
        
        
          Ergebnisdarstellung, in der die von den Unternehmen genannten
        
        
          Instrumente und Maßnahmen den identifizierten personalwirt-
        
        
          schaftlichen Problembereichen einerseits sowie den drei Com-
        
        
          mitmentarten andererseits zugeordnet sind.
        
        
          Im Bereich der Personalbeschaffung gilt es insbesondere auf
        
        
          eine hohe Passung des neuen Personals mit der Unternehmens-
        
        
          kultur des Arbeitgebers („Person-Organisation-Fit“) zu achten
        
        
          und im Rahmen der Einarbeitung nicht nur die fachliche sondern
        
        
          ebenso die soziale und kulturelle Eingliederung sicherzustellen
        
        
          (normatives Commitment). Hinsichtlich des affektiven Commit-
        
        
          ments achten die Unternehmen insbesondere darauf, dass neue
        
        
          Mitarbeiter ins jeweilige beim Kunden tätige Team passen („Per-
        
        
          son-Arbeitsgruppen-Fit“), und zur Beförderung des kalkulativen
        
        
          Commitments ist eine anforderungsgerechte Personalauswahl
        
        
          („Person-Job-Fit“) sowie eine realistische Rekrutierung, die keine
        
        
          falschen Versprechungen macht, wichtig zur Vermeidung ent-
        
        
          täuschter Erwartungen. Eine als gerecht erlebte Entgeltpolitik,
        
        
          die zudem individuelle Leistungen honoriert und Mitarbeiter
        
        
          am Unternehmenserfolg partizipieren lässt, soll das normative
        
        
          Commitment fördern. Werden variable Entgeltbestandteile mit
        
        
          persönlicher Wertschätzung verknüpft, ist eine Erhöhung des
        
        
          affektiven Commitments beabsichtigt. Und eine als marktgerecht
        
        
          erlebte Vergütung mit umfangreichen, möglicherweise gar indi-
        
        
          vidualisierten Sozialleistungen (Cafeteria-System), zielt auf das
        
        
          kalkulative Commitment. Im Bereich der Mitarbeiterbindung
        
        
          werden die Besonderheiten des Unternehmens regelmäßig in
        
        
          Erinnerung gerufen. Zudem wird für die Mitarbeiter erlebbar
        
        
          gemacht, dass diese an erster Stelle stehen (normatives Commit-
        
        
          ment). Durch die symbolische Präsenz des Arbeitgebers am Ar-
        
        
          beitsplatz (auf T-Shirts, Büromaterial, Tassen etc.) und intensiven
        
        
          Gemeinschaftserlebnissen wird das affektive Commitment geför-
        
        
          dert. Wenn der Arbeitsplatz die gleichen Ausstattungsmerkmale
        
        
          aufweist wie die Arbeitsplätze der Angehörigen des Kundenun-
        
        
          ternehmens, entsteht nicht die Gefahr, dass sich die Mitarbei-
        
        
          ter des industriellen Dienstleisters als „Mitarbeiter 2. Klasse“
        
        
          verstehen, was das kalkulative Commitment stützt. Wenn Top
        
        
          führungskräfte als Mentoren für die Mitarbeiter und mithin als
        
        
          vorbildhafte Unternehmensrepräsentanten fungieren oder Mit-
        
        
          arbeiter für soziale Projekte freigestellt werden, bewirkt dies im
        
        
          Rahmen der Personalentwicklung eine Erhöhung des normativen
        
        
          Commitments. Personalentwicklungsmaßnahmen, die das sozi-
        
        
          ale Miteinander fördern, wie bspw. Teamtrainings, zielen auf das
        
        
          affektive Commitment und ein umfangreiches Schulungsangebot
        
        
          sowie eine institutionalisierte Karriereplanung beeinflussen das
        
        
          kalkulative Commitment. Hinsichtlich der Mitarbeiterführung
        
        
          wird ein transformierender Führungsstil zur Erzielung eines
        
        
          normativen und ein transaktionaler Führungsstil mit Blick auf
        
        
          das kalkulative Commitment gewählt, was zusammengenommen
        
        
          dem „full range leadership“ (Bass/Avolio, 1997) entspricht. Da
        
        
          die Mitarbeiter vor Ort beim Kunden stark auf sich selbst ge-
        
        
          stellt agieren müssen, passt der transformierende Führungsstil
        
        
          zur Situationsbedingung der Distanzführung: In den eher spo-
        
        
          radischen Interaktionen versucht die Führungskraft hierbei als
        
        
          exemplarisches Vorbild zu agieren und die Rolle als Botschafter
        
        
          der arbeitgeberseitigen Unternehmenskultur einzunehmen. Sie
        
        
          stellt zudem durch visionäre Führung den beruflichen Alltag der
        
        
          Mitarbeiter in einen übergeordneten Zusammenhang, regt ferner
        
        
          die Mitarbeiter zu eigenständigem und unabhängigem Denken