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PERSONALquarterly 02/16
SCHWERPUNKT
_KOMPETENZENTWICKLUNG
D
er demografische Wandel und die moderne Arbeits-
welt mit schnell wechselnden Technologien und
Marktlagen bringen neue Herausforderungen für
Wirtschaft und Gesellschaft. Diversität wird in den
Betrieben immer wichtiger. Begann das Thema Vielfalt mit der
Aufmerksamkeit für Unterschiede beim Lernen zwischen Jung
und Alt und setzte sich fort in dem Bemühen um Chancengleich-
heit für Männer und Frauen im Beruf, so kommt nunmehr durch
Quereinsteiger/-innen und insbesondere durch Migrant/-innen
nochmals Vielfalt dazu, die einer besonderen Aufmerksamkeit
und Achtsamkeit, gerade in der Personalentwicklung, bedarf.
Hier reichen nicht Qualifikationsabgleiche, wie sie – zumindest
für den Facharbeiterbereich – seit zwei Jahren gut strukturiert
sind. Es geht zusätzlich um den Einfluss kultureller Unter-
schiede, die wiederum auf Veränderungen des Betriebsklimas
und den Umgang miteinander Auswirkungen haben können. Un-
ternehmen wollen immer häufiger ihren Fachkräftebestand mit
heterogenen Belegschaften sichern. Um das erforderliche Wissen
und die notwendigen Kompetenzen für Quereinsteiger/-innen
zur Verfügung stellen zu können, sollten kleine und mittelstän-
dische Unternehmen (KMU) Instrumente zur Kompetenzdiag
nostik und Wissensübertragung einsetzen, die vor allem auf der
eigenen Ausbildungskultur und -erfahrung basieren.
KMU als Wirtschaftskraft mit besonderen Eigenschaften
Die deutsche Wirtschaft wird besonders vom Mittelstand ge-
prägt. Die Mehrheit der Beschäftigten arbeitet in kleinen und
mittelständischen Unternehmen. Bei der Bewältigung neuer
Herausforderungen zeigt sich oft ein enger, schwer auflösbarer
Zusammenhang zwischen den spezifischen Stärken, aber auch
den spezifischen Schwächen von KMU.
Zu den wesentlichen Stärken von kleineren Betrieben ge-
hört Flexibilität im Sinne der Fähigkeit zu raschem und situ-
ationsangemessenem Reagieren auf veränderte Zwänge und
Gelegenheiten. Viele KMU sind somit in der Lage, hohe Innova-
tionsleistungen zu erbringen. Die Konzentration von Strategie-
potenzial und Entscheidungshoheit auf wenige, in vielen Fällen
einzelne Personen, die als Inhaber/-in oder Geschäftsführer/-in
weitgehende Verantwortung tragen, macht KMU aber auch ab-
hängig von der Kompetenz und dem Schicksal Einzelner.
Ausbildungskultur in KMU als Schlüssel
für den Quereinstieg
Von
Bettina Wiener
und
Susanne Winge
(Zentrum für Sozialforschung Halle e.V.)
Je kleiner Unternehmen sind, desto mehr charakterisieren sie
sich durch einen hohen Grad an regionaler bzw. lokaler Ein-
bindung sowie durch ihre Zugehörigkeit zu mehr oder weniger
formalisierten und organisierten Netzwerken technischer, öko-
nomischer oder sozialer Art. Kunden sowie Mitarbeiter/-innen
leben oftmals im direkten Umfeld (Wiener/Winge, 2006). Ebenso
ist für KMU – im Vergleich zu größeren Organisationen mit aus-
geprägter hierarchisch-funktionaler Arbeitsteilung – die Knapp-
heit notwendiger Ressourcen für strategisches Arbeiten, gerade
im Personalbereich, charakteristisch (Winge, 2008). Das trifft so
auch für die hier untersuchte Gruppe der Agrarbetriebe Sachsen-
Anhalts zu, die oft als wichtigste Arbeitgeber agieren.
Bei der Betrachtung der personalstrategischen Rahmenbe-
dingungen dieser Unternehmen sind drei Besonderheiten ost-
deutscher gegenüber westdeutscher Unternehmen erkennbar:
1. Betriebe in Ostdeutschland sind imDurchschnitt kleiner als
der bundesweite Schnitt. Eine Angleichung der Unternehmens-
größenstruktur zwischen West- und Ostdeutschland wird auch
für die nächsten Jahre nicht erwartet (Arnold u.a., 2015. S. 2).
2. Viele, gerade kleine Betriebe, werden von Techniker/-in-
nen und Ingenieur/-innen geleitet. Somit wurden und werden
Abb. 1:
Veränderung der Altersstruktur in der Land-
wirtschaft Sachsen-Anhalts 2007 bis 2013
Quelle: Angaben des statistischen Landesamtes in den Agrarstruktur
erhebungen für 2007, 2010 und 2013, eigene Darstellung des ZSH
Beschäftigte unter 35 Jahre
Beschäftigte über 54 Jahre
2013
2010
2007
18,3
17,5
16,3
33,8
29,5
25,6
Angaben in Prozent