PERSONALquarterly 2/2016 - page 23

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02/16 PERSONALquarterly
ABSTRACT
Forschungsfrage:
Welche Strategien wenden Berufstätige mit hoher Autonomie und Flexibi-
lität an, um Erholungskompetenzen aufzubauen?
Methodik:
Interviews und qualitative Inhaltsanalyse.
Praktische Implikationen:
Die Interviews zeigen, dass der Einsatz von Erholungsstra-
tegien in den Bereichen angenehmes Erleben, Entspannen und positives Denken die
Erholung und Regeneration von täglichen Anforderungen fördert. Diese können trainiert
und somit Erholungskompetenzen gezielt gefördert werden.
mentaler als auch auf physiologischer Ebene zu Erholung und
gesteigertem Wohlbefinden führen. Daher ist die Fertigkeit,
„sich entspannen zu können“, eine wichtige Erholungskompe-
tenz. Wer über verschiedene Entspannungsstrategien verfügt
und diese auch einzusetzen weiß, kann Ressourcen wieder
auffüllen und Wohlbefinden und Gelassenheit stärken.
Positive Gedanken erzeugen positive Emotionen, die den
Aufbau von verbrauchten Ressourcen und damit die Erholung
fördern. Zum einen unterbrechen positive Emotionen negative
Gedanken (z.B. Grübeln), die die Erholung erschweren. Zum
anderen erweitern positive Emotionen – entsprechend der
Broaden-and-Build-Theorie (Fredrickson, 1998) – den Fokus,
sodass neue Sichtweisen auf Situationen oder Erlebnisse ent-
stehen. Dadurch können Personen neue Gedanken entwickeln
oder neue Strategien und Fertigkeiten entdecken (Fredrickson,
1998). Dabei kann es sich z.B. um Strategien zum Umgang
mit stressreichen Situationen bei der Arbeit handeln. Diese
positiven Gedanken dienen dann als Ressource, z.B. in Form
von optimistischemDenken. Der Aufbau von Ressourcen durch
positive Emotionen kann wiederum eine Gewinnspirale ini-
tiieren und Verlustspiralen unterbrechen (Hobfoll, 1989). Im
Sinne des Ressourcenerhaltungsmodells kann positives Den-
ken ebenfalls dazu beitragen, sich der vorhandenen Ressour-
cen bewusst zu werden und diese in Erholungsmomenten für
sich zu nutzen. Somit fungiert positives Denken als wichtige
Erholungskompetenz. Wer über die Fertigkeiten verfügt, seine
Gedanken und Wahrnehmung in eine positive Richtung zu len-
ken und sich auf Positives zu fokussieren, kann sich schneller
und effizienter von belastenden Tätigkeiten erholen.
Ziel der hier beschriebenen Studie ist es, bei Berufstätigen
mit hoher Autonomie und Flexibilität zu untersuchen, welche
Strategien in den Bereichen Angenehmes Erleben, Entspannen
und Positives Denken eingesetzt werden und welche Bedeu-
tung diese für die eigene Erholung haben.
Stichprobe und Erhebung
Es wurden explorativ 20 Berufstätige interviewt, deren Ar-
beitsalltag durch einen hohen Anteil an Eigenverantwortlichkeit
für Arbeitsgestaltung und Erholungsmöglichkeiten charakteri-
siert war. Im Interview baten wir die Berufstätigen, von ihrem
tegien dabei, sich z.B. trotz hohen Termindrucks entspannen zu
können. In der Literatur werden folgende Strategien beschrieben,
die Erholung und Regeneration von Ressourcen fördern:
Angenehmes Erleben, Entspannen und Positives Denken
Angenehmes Erleben ist gekennzeichnet durch eine positive
Aktivierung, die durch ein Ereignis oder eine Aktivität, die po-
sitiv bzw. angenehm bewertet wurden, ausgelöst wird (Gable/
Reis/Elliot, 2000). Studien zeigen, dass sich Personen durch po-
sitiv bewertete Erholungsaktivitäten erholter fühlen und sich ihr
Stresserleben reduziert (Sonnentag/Zijlstra, 2006). Angenehmes
Erleben ist mit positiven Gefühlen verbunden, die, entspre-
chend der Broaden-and-Build-Theorie, den Aufbau persönlicher
Ressourcen fördern und die Wirkung negativer Emotionen
unterbrechen (Fredrickson, 1998). Im Sinne des Ressourcen­
erhaltungsmodells (Hobfoll, 1989) strebt jeder Mensch danach,
Ressourcen zu erhalten, zu schützen und neue Ressourcen auf-
zubauen. Bei einer Akkumulation von Ressourcen entsteht eine
Gewinnspirale, während der Verlust von Ressourcen – z.B. durch
ständige Belastungen bei der Arbeit – einen weiteren Verlust
von Ressourcen herbeiführen und zu einer Verlustspirale führen
kann. Hier kommen erholungsförderliche Strategien ins Spiel:
Angenehmes Erleben kann zu einer Unterbrechung der Verlust-
spirale führen und beim Aufbau einer Gewinnspirale helfen,
sodass es zu Erholungsprozessen kommen kann. Daher ist die
Fertigkeit zum angenehmen Erleben eine wichtige Erholungs-
kompetenz. Wer in der Lage ist, sich auf angenehme Dinge in
seiner Umwelt zu fokussieren und diese bewusst wahrzuneh-
men, kann Erholungsvorgänge beschleunigen und unterstützen.
Entspannung ist der Zustand, in dem der sympathische
Teil des autonomen Nervensystems gering aktiviert ist und
sich ein Gefühl von Ruhe und Gelassenheit einstellt (Son-
nentag/Fritz, 2007). Sich entspannen zählt folglich zu den
Erholungsaktivitäten, die keine größeren körperlichen oder
geistigen Anstrengungen erfordern. Entsprechend des Effort-
Recovery-Modells (Meijman/Mulder, 1989) wirken Entspan-
nungsaktivitäten erholsam, da – ohne weitere Ressourcen zu
beanspruchen – verbrauchte Ressourcen wieder hergestellt
werden. Verschiedene Studien bestätigen die Wirksamkeit von
Entspannungsaktivitäten und zeigen, dass diese sowohl auf
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