16
PERSONALquarterly 02/16
SCHWERPUNKT
_KOMPETENZENTWICKLUNG
D
as Humankapital in Form von Fähigkeiten, Wissen
und Fertigkeiten hat einen positiven Effekt auf den
Unternehmenserfolg (Crook/Todd/Combs/Woehr/
Ketchen, 2011). Kompetente Mitarbeiter sind in
Zeiten des „Kampfs um Talente“ (Michaels/Handfield-Jones/
Axelrod, 2001) und vor dem Hintergrund des demografischen
Wandels zu einer wertvollen Ressource zur Fachkräftesi-
cherung geworden. Mitarbeiterbindung steht bei vielen Un-
ternehmen hoch im Kurs. Doch es reicht nicht aus, Mitarbeiter
zu binden. Durch kontinuierliche Veränderungen im Wettbe-
werbsumfeld müssen Mitarbeiter auf neue Anforderungen vor-
bereitet werden, auch um ihre Beschäftigungsfähigkeit bis ins
höhere Alter zu erhalten (Frerichs, 2014).
Formalisierte Weiterbildungen nach einem vorgegebenen Cur-
riculum alleine werden den Anforderungen nicht gerecht (Kauf-
feld, 2016). Sie bereiten verspätet und oft nur unzureichend auf
die zukünftigen Arbeitsanforderungen vor. Statt den in formellen
Lernsituationen erworbenen Qualifikationen sind für die Tätig-
keit Kompetenzen gefragt, d.h. alle Fähigkeiten, Fertigkeiten und
Wissensbestände, die bei der Bewältigung konkreter Arbeitsauf-
gaben handlungs- und reaktionsfähig machen (Kauffeld, 2006).
Kompetenzen werden vor allem auch im Prozess der Arbeit er-
worben und können dort entwickelt werden. Inwieweit dies ge-
lingt, ist oft von der Kultur im Unternehmen abhängig.
Die Basis des Kompetenzmanagements
Das Kompetenzmanagement verknüpft die Kompetenzent-
wicklung einzelner Beschäftigter mit der Unternehmensstra-
tegie. Die für das Unternehmen erforderlichen und strategisch
relevanten Kompetenzanforderungen werden in Kompetenz-
modellen festgehalten. Das Kompetenzmodell ist dann Aus-
gangspunkt für verschiedene HR-Instrumente. Doch welche
Kompetenzen sind für das Unternehmen relevant? In der Li-
teratur werden drei Ansätze zur Ermittlung von Kompetenzen
unterschieden, die komplementär zueinander sind (vgl. Bris-
coe/Hall, 1999; Hamel/Prahalad, 1990):
• Trends/Außenanforderungen: Unternehmen agieren nicht
in einem Vakuum, sondern sind konkreten Außenanforde-
rungen ausgesetzt. Trends zeigen künftige Entwicklungen
im Wettbewerbsumfeld an, auf die Unternehmen reagieren
Branchentrends und Betriebskultur als Basis
strategischer Kompetenzentwicklung
Von
Timo Kortsch
und
Hilko Paulsen
(Technische Universität Braunschweig),
Laura Naegele
und
Prof. Dr. Frerich Frerichs
(Universität
Vechta),
Prof. Dr. Simone Kauffeld
(Technische Universität Braunschweig)und ihre Strategie entsprechend anpassen müssen.
• Kernkompetenzen: Die vorhandenen Kompetenzen bilden Po-
tenziale. Insbesondere vorhandene Kompetenzen, die beson-
ders spezifisch, schwer imitierbar, damit knapp und wertvoll
amMarkt sind, bilden einenWettbewerbsvorteil für Unterneh-
men. Diese Kompetenzen werden auch als Kernkompetenzen
bezeichnet (Hamel/Prahalad, 1990). Kernkompetenzen kön-
nen in den Strategiebildungsprozess einbezogen werden.
• Betriebskultur: Die Werte und Normen eines Unternehmens
bestimmen, welches Verhalten in den Betrieben als wichtig
und zielführend betrachtet wird (Schein, 1985).
In der konkreten Umsetzung des betrieblichen Kompetenzma-
nagements lassen sich verschiedene Schritte herausstellen, die
die Entwicklung von Mitarbeiterkompetenzen fördern:
Zunächst sollten die erforderlichen Kompetenzen in Kompetenz-
modelle überführt werden, die an Unternehmenszielen und für
den Betrieb zukünftig relevanten Trends ausgerichtet sind. Um
nun notwendigen Entwicklungsbedarf zu erkennen, ist es not-
wendig zu diagnostizieren, welche Kompetenzen in welchem
Ausmaß imBetrieb und bei denMitarbeitern vorhanden sind. Im
Folgenden können Kompetenzen gezielt entwickelt und zukünf-
tige Bedarfe abgeschätzt werden. Dies geschieht z.B. im Rahmen
von Maßnahmen der arbeitsintegrierten Kompetenzentwick-
lung, kompetenzbasierten Trainings aber auch gezielter Lauf-
bahngestaltung oder Nachfolgeplanung. Die Umsetzung eines
Kompetenzmanagements setzt also eine Kompetenzdiagnose
voraus, die durch Softwarelösungen unterstützt werden kann.
Im Rahmen des Projekts „In-K-Ha“
1
werden für diese Schrit-
te, aufbauend auf Forschungsarbeiten, Lösungen erarbeitet,
die Unternehmen beim betrieblichen Kompetenzmanagement
unterstützen und sie befähigen, Kompetenzen systematisch zu
entwickeln.
Branchenspezifische Trends als Kompetenzanforderungen
Forschungsarbeiten aus dem Projekt zeigen, dass sich aus
Trends Kompetenzanforderungen ergeben (Naegele/Kortsch/
Paulsen/Wiemers/Kauffeld/Frerichs, 2015). Eine zweistufige
Delphi-Studie mit Experten (z.B. Technologieberater, Wissen-
1 Das Projekt „Integrierte Kompetenzentwicklung im Handwerk“ wird gefördert durch das Bundesministe-
rium für Bildung und Forschung (Förderkennzeichen: 01FK13015, 01FK13016). Website: