PERSONALquarterly 2/2016 - page 14

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PERSONALquarterly 02/16
SCHWERPUNKT
_KOMPETENZENTWICKLUNG
Für die Entwicklung und Förderung der OO-Kompetenzen wur-
de in dem Projekt Rakoon zudem ein niederschwelliges digi-
tales Lernspiel entwickelt. Ziel dieses rundenbasierten und
interaktiven Spiels, das Erwerbstätige für eine gewisse Zeit ca.
zehn Minuten am Tag „spielen“, ist die Sensibilisierung für die
Ausprägungen der drei erfahrungsbasierten OO-Kompetenzen
(Müller, 2015). Darüber hinaus wurde ein erfahrungsbasiertes
elektronisches Kompetenzmanagementsystem (eKMS) entwi-
ckelt, mit dem neben fachlichen und auf Erfahrung beruhenden
projektbezogenen Kompetenzen auch die OO-Kompetenzen „ge-
matcht“ werden können (Huchler et al., 2014).
Management und Führung der Offenen Organisation durch
Vertrauenskultur
Was bedeutet das für Führung und (Personal-)Management
hinsichtlich neuer Aufmerksamkeitsfelder und mit Blick auf
Organisationsgestaltung sowie Führungspraxis? Im Folgen-
den werden praxisbewährte Gestaltungsempfehlungen auf der
Basis unserer empirischen Forschung vorgestellt:
• Das Management und die Führung sind bei Öffnungspro-
zessen auf eine hohe Eigenständigkeit und Selbstorganisa-
tion der Mitarbeiter, die Schnittstellen nach außen bedienen
müssen, angewiesen. Hierfür bedarf es eines angemessenen
Rahmens. Umgekehrt ist eine hohe Integrationskraft er-
forderlich, sollen zum Beispiel externe Mitarbeiter partiell
produktiv in die eigenen Prozesse einbezogen werden, ohne
„verschlissen“ zu werden. Somit kann eine organisationale
Öffnung nicht als einseitiger Rückzug aus der betrieblichen
Steuerung (inklusive der Verantwortung) verstanden wer-
den. Organisationale Öffnung muss vielmehr mit besonderer
Sensibilität für die Justierung zwischen Öffnung und Schlie-
ßung begleitet werden. Die Sensibilität für und Integration
von Erfahrungswissen, ein methodischer Gegenstandsbe-
zug, die Konzentration auf die Situation und das Handeln
„vor Ort“ gehören hierzu ebenso maßgeblich wie Partizipa-
tionsmöglichkeiten, eine Ermöglichungskultur und direkte
Feedbackschleifen durch alle Ebenen und Bereiche.
• Führungsansätze in Richtung eines „vertrauensbasierten
Shopfloormanagements“ (Porschen-Hueck/Neumer, 2016)
können dies unterstützen: Dieses zeichnet sich durch die
„Integration der Führung in laufende Arbeitsprozesse“ so-
wie eine „Personalverantwortung vor Ort“ (siehe Böhle et al.,
2014) aus und setzt das Menschenbild Y voraus.
3
Im Zent­
rum steht der Aufbau bzw. Erhalt von Nähe zu den realen
Geschehnissen und den konkreten Bedürfnissen der Mitar-
beiter vor Ort. Gleichzeitig wird damit für das Management
ein realistischer Zugang zu den informellen Leistungen und
Kompetenzen der Mitarbeiter – wie den oben beschriebenen
OO-Kompetenzen – möglich.
3 Frameworkkompetenz
Potenziale
Defizite
Frameworkkompetenz heißt, Ordnung bzw. Struktur ad hoc in der Aus-
einandersetzung mit einem konkreten laufenden Prozess herzustellen,
ohne von diesem zu stark zu abstrahieren (Vermeidung von einseitiger
„Verobjektivierung“). Sie steht also vor allem für eine situationsspezi-
fische Strukturbildung.
Die Frameworkkompetenz bietet Orientierung in der Praxis und in sozialen
Interaktionen und ist verbunden mit Fähigkeiten zur Analyse, Selektion,
Abwägung und Gelassenheit. Verbunden ist die Frameworkkompetenz mit
• Orientierung an Funktionalität
• Pragmatismus
• Intersubjektivität/Anschlussfähigkeit herstellen (durch Objektivitätskri-
terien)
• Interessenausgleich
Plan
• Arbeitstypus mit Lust/Gespür am Zerlegen
• Ordnen
• Systematisieren
• Strukturieren
• Einbetten
• Rückkoppeln
• Verfestigen
• Rahmen schaffen
• Überformalisierung
• Bürokratisierung
• Endlosschleifen der Sortierung
Planlosigkeit
• Beibehaltung der Offenheit
• Options- und Gestaltungsräume lange
verfügbar halten
• keine Systematisierung
• keine Fokussierung
• sich in der Offenheit verlieren
Die Frameworkkompetenz ist wesentlich für die Rückkopplung der Create-/Playkompetenz. Bei ihr geht es vor allem um die Vermittlung zwischen Plan und Plan-
losigkeit, z.B. hinsichtlich eines strukturierenden und systematisierenden Arbeitshandelns ohne Vereinnahmung durch Formalisierung und Bürokratisierung.
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 4:
Kompetenzen in und für die Offene Organisation
3 Diesem wird Motivation, Befähigung und Engagement unterstellt. Das herkömmliche Menschenbild
X geht dagegen von antriebsschwachen und opportunistischen Mitarbeitern und der Notwendigkeit
eines Kontroll- und Kommandosystems aus (McGregor, 1960).
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