Immobilienwirtschaft 3/2019 - page 51

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In der Hausverwaltungsbranche schlummert viel Potenzial. Das kann mit einer durchdachten
Digitalisierungsstrategie geweckt werden. Davon ist Moritz Ertl, Geschäftsführer der Nunovo
Immobilienverwaltung GmbH, überzeugt. Der Betriebswirt erzählt, wie er vorgegangen ist.
Die Kosten für die Digitalisierung
musste das Unternehmen nicht alleine
stemmen. „Es gibt viele Fördermöglich-
keiten, auch für die Berater. Die haben wir
in Anspruch genommen“, so Ertl. Für die
Berater fielen innerhalb von vier Jahren
weniger als 40.000 Euro an. Nach Abzug
von Subventionen blieben knapp 25.000
Euro an Kosten übrig.
Nach Übernahmen von früheren
Konkurrenten, häufig im Zuge einer
Nachfolgeregelung, betreut die Nunovo
Immobilienverwaltung heute über 9.500
Wohn- und Gewerbeeinheiten in den
Regionen München, Ulm/Neu-Ulm und
Berlin. Die Pionierarbeit im Bereich der
Digitalisierung bescherte dem Unterneh-
men den zweiten Platz bei der Wahl zum
„Immobilienverwalter des Jahres 2018“
des Dachverbands der Deutschen Immo-
bilienverwalter (DDIV).
ren Blickwinkel von einem Fachfremden
zu bekommen, hat Ertl 2017 zusätzlich ei-
nen Berater aus der Automobilindustrie
hinzugezogen. Dieser bestätigte im We-
sentlichen die Einschätzung seines Kolle-
gen, brachte aber dennoch neue Impulse
ins Unternehmen.
Ertl konnte zwar seine Mitarbeiter
für die Digitalisierung begeistern, aber
nicht immer alle Eigentümer. Manche
sähen es kritisch, dass sein Unternehmen
den digitalen Kommunikationsweg vor-
gibt oder andere Lösungen wählt als der
Wettbewerb. „In der Vergangenheit hieß
das leider auch, dass wir den einen oder
anderen Kunden verloren haben.“
In der Neukundenakquise
ist die Digitalisierung ein
starkes Argument
Das solle aber die Kollegen nicht ent-
mutigen. Im Gegenteil will Ertl andere
Verwalter motivieren, auch zu digitalisie-
ren, da sie sich dadurch viel Arbeit sparen,
aber Kundenservice und Ertrag steigern
können. Auch Verwalter mit nur zwei,
drei Mitarbeitern könnten das leisten. Ertl:
„DerMut ist die viel größere Hürde als das
Geld, das man aufbringen muss.“
Aus seiner Sicht gibt es keine Alterna-
tive: „Ohne Digitalisierung und Prozess-
optimierung werden wir Hausverwalter
die steigenden Kundenerwartungen, die
zunehmenden gesetzlichen Anforderun-
gen und das wachsende Arbeitsvolumen
nicht bewerkstelligen können.“
Die Zahl der Kunden, die analog blei-
ben wollen, werde immer geringer. „In
den letzten Jahren haben wir nur wenige
Objekte verloren, während wir sehr viele
neue einwerben konnten.“ Gerade in der
Neukundenakquise habe sich der digitale
Weg bewährt. „In drei von vier Fällen ho-
len wir das Objekt“, sagt Ertl.
Mitarbeiter sei es anfangs eine Umstellung
gewesen, nicht mehr einfach den Ordner
aus demRegal ziehen zu können. Bald hät-
ten sie aber die Vorteile schätzen gelernt.
Der erste zu automatisierende Prozess
lag für Ertl auf der Hand: die sehr fehler
anfällige und zeitaufwändige Schlüssel­
bestellung. Bei der 2016 eingeführten Soft-
warelösung von Casavi kann der Eigen-
tümer angeben, welcher Schlüssel genau
gefragt ist. Die Bestellung wird per E-Mail
an den Schlüsseldienst weitergereicht, mit
demErtl zuvor einAgreement geschlossen
hatte: Der Dienstleister erhält exklusiv alle
Bestellungen. ImGegenzug verpflichtet er
sich, diese innerhalb von drei Stunden an
den Schließzylinderhersteller weiterzuge-
ben. Die Hausverwaltung spart pro Bestel-
lung 20 bis 30Minuten Arbeitszeit bei viel
geringerer Fehlerquote.
Weitere Prozesse mit Optimierungs-
potenzial kamen durch Mitarbeiter
befragungen zumVorschein. In wöchent-
lichen Treffen wird nicht nur über das
operative Geschäft gesprochen, sondern
auch über die Abläufe. Ertl hat beobachtet,
dass selbst Mitarbeiter mit zum Teil jahr-
zehntelanger Betriebszugehörigkeit sich
weiterentwickelt und ihre Arbeitsweise
geändert haben, nun viel prozessorien-
tierter denken und strukturierter arbeiten.
Dabei haben die Zeiteinsparungen nicht
zu Entlassungen geführt. ImGegenteil: Es
wurde mehr qualifiziertes Personal nötig,
um weitere Prozesse zu optimieren. Und
die Mitarbeiter haben mehr Zeit, sich um
anspruchsvollere Aufgaben zu kümmern.
Nach der internen Befragung wurde
ein externer, unabhängiger Berater aus der
Immobilienbranche hinzugezogen. Dieser
nahm alle Prozesse und den Arbeitsalltag
jedes einzelnen Mitarbeiters unter die
Lupe und lieferte anschließend eine Eva-
luation. Auf dieser Grundlage wurden
Prioritäten festgelegt, welche Vorgänge als
Erstes in Angriff genommen werden. Um
noch eine Einschätzung aus einem ande-
«
Dr. Kathrin Dräger, Freiburg
„Bei der Digitalisierung ist
der Mut die viel größere
Hürde als das Geld, das
man aufbringen muss.“
Moritz Ertl,
Geschäftsführer der
Nunovo Immobilienverwaltung GmbH
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