Immobilienwirtschaft 3/2019 - page 57

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3.2019
Mietrecht
– Aktuelle Urteile
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PREISGEBUNDENE WOHNUNG
Mieterhöhung richtet sich
nach allgemeinen Vorschriften
Die Miete für eine preisgebundene
Wohnung sollte erhöht werden. Die
Vermieterin verlangte die Zustimmung
dazu nach den Vorschriften der §§
558 ff. BGB. Zur Begründung legte sie
zehn Vergleichswohnungen zugrunde,
die der Preisbindung unterlagen. Da
der Mieter jedoch abschätzen können
muss, ob die neue Miete der maximal
zulässigen ortsüblichen Vergleichsmie-
te entspricht, bleibt bei den Ver-
gleichswohnungen öffentlich geför-
derter Wohnraum außer Betracht. Das
gilt auch, wenn die Wohnung, deren
Miete erhöht werden soll, selbst der
Preisminderung unterliegt.
LG Lübeck, Urteil v. 14.06.2018, 14 S 47/17
GEMEINSCHAFTSFLÄCHEN
Mieter hat Anspruch auf
Hoftorschlüssel
Eine Mieterin klagte auf Herausgabe
eines Hof-Schlüssels. Zu Recht. Sie hat
Anspruch auf alle Schlüssel, die sie
benötigt, um die Mietsache samt Ge-
meinschaftsflächen zu benutzen. Dies
gilt nicht nur dann, wenn der Mieter
gebrechlich oder krank ist. Es gilt
selbst dann, wenn diesbezüglich keine
vertragliche Regelung getroffen wur-
de. Die allgemeinen Sicherheitsbeden-
ken (etwa die Gefahr, dass Unbefugte
über das offene Tor ins Haus gelangen
könnten) erkennt das Gericht nicht an.
Die Mieterin könne das Tor nach der
Benutzung wieder verschließen.
AG Berlin-Charlottenburg, Urteil v. 09.01.2018,
224 C 254/17
MESSIEWOHNUNG
Fristlose Kündigung erst nach
Abmahnfrist zulässig
Die Kündigung gegenüber dem Mieter
einer Messiewohnung ist unwirksam,
wenn sie zu früh erklärt wurde. Zwar
erfolgte sie erst nach Ablauf der
Abmahnfrist. Diese war mit zwei Wo-
chen jedoch zu kurz bemessen. Denn
hier gab es keine Beschwerden von
Nachbarn über Gerüche. Der Vermieter
wurde erst durch die Einschaltung des
Vaters des Mieters auf den Woh-
nungszustand aufmerksam. Für den
Vermieter war es ersichtlich, dass der
Mieter Hilfe brauchte und diese nicht
kurzfristig binnen zweier Wochen zu
erreichen sein konnte.
AG Hamburg, Urteil v. 03.07.2018, 43b C 62/18
FAKTEN:
In einem befristeten Mietvertrag über Gewerberäume ist vereinbart, dass die
Mieterin die Verlängerung des Mietverhältnisses um zehn Jahre über den vereinbarten
Beendigungstermin hinaus verlangen kann, wenn sie das Optionsrecht spätestens fünf
Monate vor Ablauf der vereinbarten Mietzeit ausübt. Nachträgliche Änderungen und
Ergänzungen dieses Mietvertrages bedürften der Schriftform. Später wurde über das
Mietobjekt die Zwangsverwaltung angeordnet. Die Mieterin erklärte per Computer-
fax gegenüber dem Zwangsverwalter, dass sie von der Option Gebrauch mache. Nach
der Zwangsversteigerung des Objekts kündigte der neue Vermieter. Der BGH hatte zu
entscheiden, ob das Mietverhältnis durch die Ausübung der Option verlängert wurde.
Hinsichtlich der Schriftformmeinenmanche, dass die Optionserklärung der Schriftform
des § 550 BGB bedarf, wenn der Mietvertrag dadurch um mehr als ein Jahr verlän-
gert wird. Nach überwiegender Ansicht muss zwar die Optionsregelung als solche in
Schriftform vereinbart werden; die Ausübung der Option ist dagegen formlos möglich.
Die Frage ist hier wichtig, weil die Schriftform des § 550 BGB eine unterzeichnete Er-
klärung voraussetzt. Dies ist bei einem Computerfax nicht der Fall. Der BGH folgt der
letztgenannten Ansicht.
FAZIT:
ImMietvertrag ist vereinbart, dass „Änderungen und Ergänzungen“ des Vertrags
der Schriftform bedürfen. Für den vorliegenden Fall ist die Regelung nicht einschlägig,
weil die Ausübung der Option weder zu einer Vertragsänderung noch zu einer -ergän-
zung führt. Soll die Schriftform auch für die Optionserklärung gelten, so muss sich dies
aus der Vereinbarung zweifelsfrei ergeben.
SCHRIFTFORM & CO.
Mietvertrag: Die Ausübung
der Verlängerungsoption
Eine Option zur Verlängerung eines
Mietvertrags ist während der für das
vermietete Grundstück bestehenden
Zwangsverwaltung gegenüber dem
Zwangsverwalter auszuüben. Die
Ausübung einer Verlängerungsoption
ist nicht schriftformbedürftig i. S. d.
§ 550 Satz 1 BGB.
BGH, Urteil v. 21.11.2018, XII ZR 78/17
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