55
3.2019
»
VERWALTERVERTRAG
Sondervergütung und
Bestimmtheit
Der Begriff „Netto-Bausumme“ als
Maßstab für die Höhe der Sonder-
vergütung des Verwalters kann sich
entweder auf die „Nettoauftrags-
summe“ oder die „abgerechneten
Netto-Baukosten“ beziehen. Beides ist
als Bemessungsgrundlage für Verein-
barungen von Sondervergütungen
für die Begleitung aufwändiger
Baumaßnahmen durch den Verwalter
gebräuchlich. Ist die beschlossene
Sondervergütung in drei Raten vor der
Erstellung der eigentlichen Schluss-
rechnungen zu entrichten, kommt nur
die Auslegung des Begriffs der „Netto-
Bausumme“ als „Nettoauftragssum-
me“ in Betracht.
LG Berlin, Urteil v. 10.04.2018, 85 S 34/17
ANFECHTUNGSKLAGE
Weisungen an den Verwalter
per Beschluss
Es besteht eine Beschlusskompetenz
für Weisungen an den Verwalter über
das Verhalten im Anfechtungspro-
zess. Die Eigentümer können somit
beschließen, gegen ein amtsgericht-
liches Urteil Berufung einzulegen oder
das Rechtsmittel zurückzunehmen. Die
Beschlussfassung dient hier nur dazu,
ein prozessuales Vorgehen abzustim-
men. Nicht möglich ist ein Beschluss,
der in die Individualrechte der übrigen
beklagten Eigentümer eingreift und
diesen verbindlich ein bestimmtes
Prozessverhalten vorschreibt, etwa ein
Verbot der Berufungseinlegung.
LG Frankfurt am Main, Urteil v. 23.10.2018,
2-09 S 71/17
KOSTENFESTSETZUNG
Mehrere Rechtsanwälte
Sind zugunsten eines von mehreren
obsiegenden Beklagten die Kosten
von dessen Anwalt bereits in vol-
ler Höhe rechtskräftig festgesetzt
worden, können die übrigen Beklag-
ten gleichwohl die Erstattung ihrer
Kosten in Höhe einer nach Kopftei-
len bestimmten Quote vom fiktiven
Honorar eines gemeinsamen Anwalts
verlangen. Ist eine Quotelung nicht
erfolgt, heißt das jedoch nicht, dass
die übrigen Beklagten nur noch die
verbliebenen Beträge erstattet be-
kommen könnten. Denn die beklagten
Eigentümer haben untereinander
keine Ausgleichsansprüche.
LG Frankfurt am Main, Beschluss v. 03.09.2018,
2-13 T 91/18
FAKTEN:
Die Eigentümer beschließen, dass auf der Fläche „südlich hinter den beiden
westlichen Carports“ keine weiteren Gegenstände abgestellt werden dürfen und dass
diese Fläche nicht bebaut oder bepflanzt werden darf. Gegen diesen Beschluss geht ein
Eigentümer vor. Er hält ihn für nicht bestimmt genug. Ferner meint er, man hätte regeln
müssen, was gelte, wenn ein Eigentümer auf der Fläche etwas abstelle. Nach Ansicht der
Kammer ist der Beschluss nicht zu beanstanden. Der Beschluss bezeichne die erfasste
Fläche konkret. Es sei eine eindeutige und konkrete Bestimmung der erfassten Fläche
erfolgt. Eine Sanktionsregelung ist nicht erforderlich. Der Beschluss verstoße auch nicht
gegen die Regelungen des § 13 Abs. 2, § 14 und § 15 WEG.
FAZIT:
In erster Linie ist für die Auslegung der Wortlaut maßgeblich, wie er sich aus der
Niederschrift ergibt, und dessen sich hieraus für einen unbefangenen Beobachter er-
schließende nächstliegende Bedeutung. Begleitumstände, also Umstände außerhalb des
protokollierten Eigentümerbeschlusses, können im Einzelfall nur dann zur Auslegung
berücksichtigt werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls
für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind, z. B. weil sie sich aus der Niederschrift
ergeben. Beschlüsse müssen bestimmt sein. Ein Beschluss ist „bestimmt“, wenn er aus
sich heraus genau, klar, eindeutig und widerspruchsfrei erkennen lässt, was gilt. Er
muss – ggf. durch Verweisung – sein Regelungsproblem (den Anlass seiner Entstehung)
vollständig lösen.
NICHTSSAGEND ODER
WIDERSPRÜCHLICH
Beschluss:
Bestimmtheit ist wichtig
Weil ein Beschluss nach § 10 Abs. 4
WEG auch gegen Sondernachfolger
gilt, ist er nur dann rechtlich beacht-
lich, wenn sein Inhalt bestimmt und
klar sei. Ob ein Beschluss wegen
inhaltlicher Unbestimmtheit oder
mangelnder Klarheit nichtig oder nur
anfechtbar ist, richtet sich danach,
ob der Beschluss einen erkennbaren,
ggf. unvollständigen Inhalt hat oder
ob er in sich widersprüchlich bzw.
vollkommen nichtssagend ist.
LG Stuttgart, Beschluss v. 20.08.2018, 19 S 51/17