Immobilienwirtschaft 3/2019 - page 41

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aus, 60 Arbeitsplätze mit Blick über Berlin, aber auf klitzekleinen
420 Quadratmetern. Mehr wollen wir jetzt aber hier auch nicht
werden. Wir eröffnen aber gerade unser Büro in Frankfurt. Mit
Parisa Omidi, unserer neuen Niederlassungsleiterin, telefoniere
ich über ihre Visitenkarte. Manchmal geht es auch um Status.
Nach der hart erkämpften Einigung mit dem Bezirk hat un­
ser bisheriger Auftraggeber den ehemaligen Postbank-Turm am
Halleschen Ufer verkauft. Nun soll das Haus nicht mehr zu Mi­
krowohnungen umgebaut, sondern als Büroturm saniert werden.
Drei Jahre unserer Arbeit und Begeisterung sind damit für die
Tonne. Aber jetzt kennen wir die morbide Struktur des Hauses,
und ich freue mich auf die neue Aufgabe. Gerade rechtzeitig
schaffe ich es zu der Telefonkonferenz mit der FAZ. Sie sagen
denmorgigen Terminmit denHerausgebern ab. Schade, ich habe
mich schon auf das Gespräch mit den von mir bewunderten Zei­
tungsmachern gefreut. Anschließend sind die Perspektiven für
unserenWettbewerb in Teheran zu korrigieren, die Kollegen hat­
ten die letzte Nacht bis vier Uhr früh gearbeitet, umdie Prüfpläne
abzuschicken. Jetzt sind die Helden wieder frisch geduscht im
Büro. Anschließend kann ich mit dem Team Kennedyallee die
Zimmertypen besprechen, für die Bundesalleemit demFassaden­
planer das Gefälle der Fensterbänke klären, für Mannheim mit
dem Statiker die Stützengeometrie diskutieren und vieles mehr.
Mit Helge Schmidt, meinem weitsichtigen Partner, gehe ich
in unserem kleinen Hausrestaurant beimMittagessen die Zahlen
durch. Anschließend telefoniere ichmit dem grandiosenMatthi­
as Schuler auf Schwäbisch, verschicke endlich das Angebot für
die Kurfürstenstraße, wähle nach langem Zögern die Fotos von
Jens Willebrand aus, korrigiere den Wettbewerb Teheran und
ändere den Wettbewerb Augsburg. Alles ist heute Architektur.
Abends rühren mich 350 Sänger mit Gustav Mahlers 8. Sinfonie
im Konzerthaus am Gendarmenmarkt zu Tränen. Dafür liebe
ich mein Leben.
Freitagabend im Turm entscheiden wir letzte Anpassungen
bei den Perspektiven für den Wettbewerb in Teheran. Wir ar­
beiten mit einem Animationsbüro aus dem Iran zusammen. Die
Jungs sind an dieser Stelle ausnahmsweise überfordert, und wir
müssen ihnen helfen. Das verspätete Abendessenmit meiner Frau
und Tochter genieße ich. Den Sport sage ich für morgen früh ab.
AmSamstagwache ichauf und erinneremichaneinenTraum.
Lionel Messi kommt amKurfürstendamm auf mich zu, freut sich
mich zu sehen und übergibt mir ein liebevoll eingepacktes Ge­
burtstagsgeschenk. Ich erinnere mich an ein tatsächliches Ge­
spräch mit Olafur Eliasson, der mir in der letzten Woche das
nette Kompliment eines brasilianischen Geschäftsmannes und
Sammlers weitergab. Der ist mit mir über Instagram verbunden.
Wie wirr und chaotisch dasmenschlicheGehirnWirklichkeit und
Traum vermischt. Meine Frau und ich haben einen Moment der
Zweisamkeit. Und schon gehts wieder zumFlughafen. In Teheran
planen wir zusammen mit Hadi Teherani Architects amMontag
die entscheidende Präsentation für das neue Headquarter der Na­
tional Iranian Gas Company. Seit der letzten Jurysitzung werden
wir an erster Stelle geführt. Für die Endabgabe haben wir wieder
vieles geändert und gehen volles Risiko. Ein super Entwurf, wir
werden alles geben und wollen gewinnen.
Vor der Gepäckkontrolle in Tegel bildet sich eine lange
Schlange. Eine Dreijährige stampft mit den Füßen auf, schreit,
weint, rennt vor Tatendrang und Verzweiflung wild herum. Ich
wundere mich, warum das nicht jeder in der Schlange macht.
Das Ganze hier ist einfach viel zu langweilig. IhreMama versucht
zu vertrösten, und die Schreierei geht weiter. So geht Erziehung.
Hat ja auch bei den anderen in der Schlange funktioniert. Pri­
ority boarding ist eine Dummheit. „We kindly ask passengers
with Tickets der Business Class, Hon-CircleMembers, Senatoren,
Goldkartenbesitzer und Flexs Ticket Inhaber ...“ Hier drängelt
sich keiner vor. Es reisen keine schlauen business people in den
Iran. Die wollen es sich nicht mit Trump verscherzen. Weicheier.
„Ah, are there Families with small children?“ Die gibts.
In Wien taumele ich leicht beschwipst aus der Austria Air­
lines Lounge. Dort habe ich den Erläuterungsbericht für den
Wettbewerb in Augsburg fertig geschrieben und zwei, drei Gläser
Prosecco getrunken. Ich genieße das neue Terminal. Baumschla­
ger Eberle sind die Architekten. Ich kenne sie und erfreue mich
im Vorbeigehen an ihrem schönen Haus.
„Eine Logistikhalle außerhalb mit Industrie light darüber. Die Flächen
werden für 10,50 Euro angeboten. Das ist der Mietpreis, den wir vor
15 Jahren im GSW Hochhaus in bester Lage am Gendarmenmarkt zahlten.“
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ZUR PERSON
Eike Becker
leitet seit Dezember 1999 mit Helge Schmidt gemeinsam das Büro Eike Becker_Architekten in Berlin.
Internationale Projekte und Preise bestätigen seitdem den Rang unter den erfolgreichen Architekturbüros in Europa. Eike Becker_Architekten arbeiten
an den Schnittstellen von Architektur und Stadtplanung mit innovativen Materialien und sozialer Verantwortung.
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