Immobilienwirtschaft 3/2019 - page 38

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FINANZIERUNG, INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
FACHKONGRESS
„Rechnen Sie mal, statt zu fühlen!“
B
ereits zum zwölften Mal traf sich am
9. und 10. Februar die Immobilien-
branche imSüdwesten zur Fachmesse
Immo in Freiburg. Die größte Neuerung
der Veranstaltung fand bereits am Vortag
statt: der Fachkongress „1. Freiburger Im-
mo-Update“ zum Thema „Der regionale
Immobilienmarkt – jetzt und in Zukunft“.
Die Rednerliste und das Podiumsgespräch
waren hochkarätig besetzt, und unser
Chefredakteur Dirk Labusch führte als
Moderator durch den Abend.
Kritisch mit der Wohnungspolitik
des Bundes setzte sich Prof. Dr. Dr. h.c.
Lars P. Feld auseinander. Er gehört dem
Sachverständigenrat zur Begutachtung
der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
an, den „fünf Wirtschaftsweisen“, und ist
Lehrstuhlinhaber an der Freiburger Uni-
versität. „Die Mietpreisbremse hat relativ
wenig gebremst“, sagte er und plädierte
für Verschärfungen. Die Sonder-AfA sei
ein Geschenk an die Falschen gewesen,
und das Baukindergeld habe nur denje-
nigen geholfen, die ohnehin gebaut hätten.
Die Fehlanreize der Grunderwerbsteuer
sollten beseitigt werden. Bei der Debatte
um die Grundsteuer hält er eine Wertori-
entierung für richtig, wobei ihm der Bo-
denrichtwert reichen würde.
Während Feld kein Ende der Nied-
rigzinsphase sieht, rechnet er mit einer
weiteren Konjunkturabkühlung im zwei-
ten Halbjahr 2019. Die Bauwirtschaft,
derzeit eine Stütze der Konjunktur, werde
dennoch stark bleiben. Die Gefahr einer
Immobilienblase sei nicht besorgniserre-
gend, gerade im internationalenVergleich.
Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen, Fi-
nanzwissenschaftler an der Universität
Freiburg und Studienleiter der Deutschen
Immobilien-Akademie (DIA), würzte sei-
nen humorigen Vortrag mit überspitzten
Thesen, etwa: „Die Immobiliennachfrage
wird sich nie wieder auf so niedrigem
Niveau befinden wie heute.“ Der Grund:
Die Nachfrage hänge mit der Größe der
Haushalte bezogen auf die Personen-
zahl zusammen. Denn die Personen in
den Haushalten werden immer weniger,
etwa durch die steigende Zahl der Single-
Wohnungen und dadurch, dassMenschen
in ihren Wohnungen bleiben, auch wenn
sich durch familiäre Veränderungen der
Bedarf an Wohnfläche vermindert.
In Relation betrachtet,
ist Wohnen heutzutage
erschwinglich
Freiburg sei mit einem Anteil der
Wohnkosten am Nettoeinkommen von
31,4 Prozent die teuerste Stadt Deutsch-
lands. Allerdings sei die Erschwinglichkeit
von Wohnimmobilien seit den 1980er
Jahren stark gestiegen. Dadurch seien
Immobilien nicht teuer geworden. Denn
die Erschwinglichkeitsberechnung beruht
auf der Frage, wie lange einDurchschnitts-
mensch arbeitenmuss, um eineWohnung
zu kaufen. „Rechnen Sie mal, statt zu füh-
len“, forderte Raffelhüschen sein Publikum
auf – und empfahl das Statistische Jahr-
buch als lehrreiche Bettlektüre.
Prof. Dr. MarcoWölfle, Wissenschaft-
licher Leiter des Center for Real Estate
Studies (CRES) der Steinbeis-Hochschu-
le Berlin, bestätigte die Einschätzung der
Erschwinglichkeit und ergänzte, dass die
gefühlte Wohnkostenbelastung in der
Bundesrepublik im Vergleich zum Aus-
land eher gering sei.
Wölfle hat den Freiburger Wohnim-
mobilienmarkt analysiert. Die Kaufange-
bote seien seit 2009 massiv zurückgegan-
gen, während die Zahl der Mietangebote
wesentlich stabiler sei. „Die Immobilien-
wirtschaft ist der Markt der Geduldigen“,
resümierte Wölfle. Der geplante Stadtteil
Dietenbach mit Raum für 15.000 Men-
schen reiche nicht aus, da die Flächen
schnell vom Markt absorbiert würden.
Hier würde lediglich ein Versäumnis der
Fotos: FWTM-Salzer-Deckert
„Die Immobiliennachfra­
ge wird sich nie wieder
auf so niedrigem Niveau
befinden wie heute.“
Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen,
Universität Freiburg/Deutsche
Immobilien-Akademie (DIA)
„Die Immobilien­
wirtschaft ist der Markt
der Geduldigen.“
Prof. Dr. Marco Wölfle,
Center for Real Estate Studies (CRES)
der Steinbeis-Hochschule Berlin
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