Immobilienwirtschaft 6/2018 - page 32

32
FINANZIERUNG, INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
FACHKRÄFTEMANGEL
Developer: Jetzt ist Kreativität gefragt
E
ine Umfrage des Deutschen Industrie-
und Handelskammertags zeigt, dass
jedes vierte Bauunternehmen Investi-
tionen plant. Mit 77 Prozent durchschnitt-
licher Auslastung im Jahr 2017 erreichte
darüber hinaus die Bauindustrie laut Ifo-
Institut einen historischen Höchststand.
Mit 800.000 Erwerbstätigen liegt die Zahl
der in der Bauindustrie Beschäftigten so
hoch wie seit 2003 nicht mehr, ermittelte
Strabag. Die Branche sieht dieser eigent-
lich erfreulichen Entwicklung allerdings
mit Sorge entgegen, denn 80 Prozent der
Baufirmen sehen laut einer Umfrage des
DIHK den Fachkräftemangel als größtes
Risiko ihres wirtschaftlichen Erfolgs. Im
Durchschnitt aller Wirtschaftszweige wa-
ren es nur 60 Prozent der Unternehmen.
Am stärksten davon betroffen sind derzeit
Tiefbauunternehmen (85 Prozent) und
Betriebe mit mehr als 200 Beschäftigten
(89 Prozent).
Arbeitskräfte sind
so begehrt, dass andere
Firmen sie abwerben
Kann die deutsche Bauwirtschaft
damit ihrem Auftrag überhaupt noch
gerecht werden? Der Hauptverband der
Deutschen Bauindustrie bestätigt, dass
immer mehr Bauunternehmen in ihrer
Bautätigkeit durch Arbeitskräftemangel
behindert werden. So war im November
2017 laut Ifo-Umfrage jedes fünfte Bau-
unternehmen vom Arbeitskräftemangel
betroffen. Das stellt den höchsten je ge-
messenen Wert dar. Selbst im Januar lag
der Anteil noch bei 13 Prozent. Im glei-
chen Vorjahresmonat lag der Wert noch
bei sieben Prozent – trotz Winter. Der
langjährige Januar-Durchschnitt liegt so-
gar bei nur zwei Prozent.
Zusätzlich sind immer mehr Bau­
unternehmen von Abwerbungen ihres
Personals durch andere Firmen betroffen.
Das bestätigen dem Fachmagazin „Im-
mobilienwirtschaft“ auch zahlreiche Pro-
jektentwickler. So wurde oftmals beklagt,
dass Personal von den Baustellen weg von
anderen Unternehmen mit enormen Ge-
haltsversprechungen abgeworben werde.
Im September 2017 gaben 22 Prozent der
Ifo-Befragten an, von Abwerbungen be-
troffen zu sein. Selbst im Bauboom der
1990er Jahre war dieser Anteil mit 13
Prozent deutlich kleiner.
Engpass ist vor allem der fehlende
Nachwuchs. So ist die Zahl der in den
Ruhestand gehenden Bauarbeiter deut-
lich höher als die der neu für die Bran-
che arbeitenden Auszubildenden. 2016
gingen 13.500 Bauarbeiter in den Ruhe-
stand. Gleichzeitig zählte der Hauptver-
band der Deutschen Bauindustrie nur
10.784 neue Auszubildende. Gleiches gilt
für die hochqualifizierten Baufachleute.
So übersteigt die Zahl der offenen Stel-
len bei Bau
ingenieuren längst die Zahl
der arbeitslosen. Bei den gewerblichen
Fachkräften ist die Arbeitslosenzahl zwar
noch höher als die der offenen Stellen, in
einigen Regionen wie Bayern und Baden-
Württemberg hat sich dieses Verhältnis
allerdings bereits umgekehrt.
„Fachkräftemangel ist für die Immo-
bilienwirtschaft eine ernstzunehmende,
um nicht zu sagen existenzielle Heraus-
forderung“, resümiert Bärbel Schomberg,
Vizepräsidentin des Zentralen Immobi-
lien Ausschusses (ZIA) und Vorsitzen-
de des ZIA-Ausschusses Diversity. Der
ZIA-Ausschuss beschäftigt sich mit der
Wertschätzung individueller Fähigkeiten
und Eigenschaften der Mitarbeiter, um so
Unternehmenspotenziale besser heben zu
können. Das Verinnerlichen dieser Per-
spektiven werde in Zukunft maßgeblich
zum Geschäftserfolg der Unternehmen
aus der Immobilienwirtschaft beitragen,
so der ZIA. „In Zeiten des Mangels an
qualifizierten Fachkräften und vor dem
Foto: Kanchana P/shutterstock.com
Auf den Baustellen können
immer mehr Stellen nicht
besetzt werden.
1...,22,23,24,25,26,27,28,29,30,31 33,34,35,36,37,38,39,40,41,42,...76
Powered by FlippingBook