Immobilienwirtschaft 6/2018 - page 29

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Die Immobiliendienstleister sind große Profiteure des Immobilienbooms. Bald könnten
jedoch magerere Zeiten anbrechen – wegen steigender Zinsen und einer schwächer wer-
denden Konjunktur. Auch die Digitalisierung stellt sie vor große Herausforderungen.
ter streben danach – nicht nur digital –,
die Wertschöpfung zu optimieren“, weiß
Branchenkenner Beyerle. So weitete Engel
& Völkers vor 20 Jahren den Beratungsfo-
kus von Wohn- auf Gewerbeimmobilien
aus. „Fundiertes Know-how wird immer
bedeutsamer“, ist Beller überzeugt. Vor
zwei Jahren ging die Engel & Völkers
Hotel Consulting, die institutionelle An-
leger bei großen Hotel-Deals berät, an
den Start. Sie erstellte unter anderem für
eine große Fondsgesellschaft Immobilien­
bewertungen.
Der Hotelinvestment-
markt boomt enorm:
die Dienstleister beraten
auch hier
Der Hotelinvestmentmarkt verviel-
fachte sich binnen weniger Jahre auf 4,1
Milliarden Euro und erfordert eine sehr
spezielle Expertise. Deswegen hat auch
das Beratungshaus Dr. Lübke & Kelber
ein eigenes Hotel-Beratungsteam aufge-
baut. „Hotels sind Betreiberimmobilien,
deren Wertentwicklung vor allem von
einem marktfähigen Nutzungskonzept
und der Qualität des Betreibers abhän-
gig ist, was sehr detaillierte Objekt- und
Marktkenntnisse des Transaktionsbera-
ters voraussetzt“, betont Ulrich Jacke, ge-
schäftsführender Gesellschafter von Dr.
Lübke & Kelber.
Und in alle Modelle mischt sich die
Digitalisierung verstärkt ein. Sie zwingt
die Immobiliendienstleister, ihre Ge-
schäftsmodelle undKommunikationsstra-
tegie stark zu hinterfragen. „Exklusivität
und Größe waren lange wesentliche Ga-
ranten für den Erfolg“, resümiert Beller.
Die Branche weiß nur zu gut, dass diese
Zeiten endgültig vorbei sind.
Digitalisierung unserer Angebotspalette
investiert“, sagt Alexander von Erdély,
Geschäftsführer von CBRE Deutschland.
Eingesetzt wurde das Geld zum Bei-
spiel für die Entwicklung von Software-
Tools wie „Calibrate“, mit dem aus Daten
und Bewegungsprofilen von Handynut-
zern Kaufkraftanalysen erstellt werden
können. „Derartige Serviceangebote ge-
winnen erheblich an Bedeutung“, stellt
Erdély fest.
Der Wandel vom Maklerhaus zum
Immobiliendienstleister wird auch vom
starken Interesse institutioneller auslän-
discher Anleger an deutschen Immobilien
vorangetrieben. „Gerade diese Klientel er-
wartet oft Problemlösungen und Dienst-
leistungen aus einer Hand“, weiß Timo
Tschammler, Geschäftsführer von JLL
Deutschland. Die professionelle Immo-
bilienberatung habe im angelsächsischen
Raum eine lange Tradition. „Dort werden
das Entwicklungspotenzial von Objekten
und die darauf wirkenden Einflüsse genau
analysiert“, sagt er.
Bei CBRE werden deshalb neben
der klassischen Maklerangebotspalette
Dienstleistungen rund um den Lebenszy-
klus einer Immobilie bis hin zum Work-
place-Consulting angeboten. Mit dem
zuletzt genannten Tool ist es möglich,
Immobiliennutzer etwa bei Gestaltungs-
konzepten zu beraten.
Dass hier großer Beratungsbedarf
besteht, hat auch Savills erkannt. „Die
Flexibilisierung der Arbeitswelt – Stich-
wort: Coworking – erfordert flexiblere Ge-
bäudenutzungskonzepte für das Property
Management“, argumentiert Lemli. Das
benötigte Know-how möchte sich Savills
vor allem durch Beteiligungen an Start-
ups, die hierfür Konzepte entwickeln,
sichern. Integriert werden könnten die
digitalen Tools ins Internet-Portal „Work-
there“, das zudem mit einer digitalen
Transaktionsplattform vernetzt werden
soll. „Die meisten Immobiliendienstleis
bereits ganz gut gelungen“, erklärt er. In
Deutschland entfallen allerdings noch fast
drei Viertel des Umsatzes aufs Transakti-
onsgeschäft. Diese Quote soll durch den
Ausbau des Beratungs- undManagement-
geschäfts zügig auf weniger als 50 Prozent
verringert werden. Bei JLL bewegt sich
dieser Umsatzanteil hierzulande schon in
dieser Größenordnung, bei CBRE liegt er
mit über 25 Prozent sogar weit darunter.
Wachsende Datentrans-
parenz beschleunigt das
Digitalisierungstempo
Michael Müller, Leiter Real Estate &
Construction des Beratungsunterneh-
mens Deloitte, prophezeit: „Bei der Daten-
transparenz wird es in den nächsten Jah-
ren einen gewaltigen Schub geben, sodass
sich selbst Gewerbeimmobilientransakti-
onen digital arrangieren lassen werden.“
Allenfalls komplexe, sehr hochvolumige
Portfolio-Deals würden künftig weiter
mittels Beratern eingefädelt und realisiert.
In Estland etwa, so Müller, könnten
bereits Immobilientransaktionen mittels
Blockchain und digitalen Grundbüchern
abgewickelt werden. „Ob so etwas in
Deutschland in absehbarer Zeit realisier-
bar sein wird, lässt sich schwer einschät-
zen“, räumt er ein.
Fast alle großen Maklerhäuser nutzen
– auch in Deutschland – die Digitalisie-
rung zur Optimierung von Geschäfts-
prozessen, etwa zur Kommunikation mit
Kunden. „Bei uns können die Kunden
beispielsweise via 3D-Rundgängen Ge-
bäude besichtigen oder uns über soziale
Medien kontaktieren“, erklärt Dirk Beller,
Bereichsleiter Commercial bei Engel &
Völkers. Für solche Tools sind Immobili-
enfirmen auch bereit, tiefer in die Tasche
zu greifen. „In den vergangenen fünf Jah-
ren haben wir 450 Millionen Euro in die
Foto: bizvector/shutterstock.com
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Norbert Jumpertz, Staig
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