Immobilienwirtschaft 12/2018 - page 56

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TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
TITELTHEMA
für Verwaltungssoftware. Gefragt sind häufig umfassende Appli-
kationen zur Vereinfachung und durchgängigen Bearbeitung von
Abläufen. Die Umsetzung der Ziele ist dabei noch nicht sehr weit
gediehen, sie betrifftmeist Basislösungen der Digitalisierung: 35
Prozent der befragten Betriebe verfügen über eine professionelle
Verwaltungssoftware, 28 Prozent der Geschäftsführer nutzenmo-
bile Endgeräte wie Tablets und Smartphones.
Zum Überleben in einer hochdigitalisier-
ten Gesellschaft und Wirtschaft muss
das Denken vom internen Alltag auf das
Gesamtgefüge erweitert werden
In den Abteilungen dominieren digitalisierte Routinepro-
zesse, also etwa digitale Rechnungen oder Eingangspost (35
Prozent) sowie digitale Archive oder Dokumentenmanagement-
systeme (32 Prozent). Als gute Voraussetzung für weitergehende
Digitalisierungsschritte verwenden immerhin bereits 49 Prozent
der Betriebe häufig genutzte Dokumente in digitaler Form.
Von einer durchgängigen und medienbruchfreien Digitali-
sierung von Anwendungen und Prozessen ist man in der Bran-
che aber noch weit entfernt: In 60 Prozent der Fälle werden den
Kunden keine Dokumente über ein Kundenportal zur Verfügung
gestellt. 76 Prozent der Befragten nutzen keine Cloud-Lösungen,
70 Prozent keine Apps, beispielsweise für dieWohnungsübergabe
oder für Handwerkereinsätze.
Hintergrund für die noch recht unsystematische Annäherung
der Branche an das Thema digitale Transformation ist wohl die
Getriebenheit durch die Alltagsprozesse statt eines umfassenden
Durchdenkens der Chancen und Optionen, die diese Technolo-
gienmit sich bringen. Digitalisierung ist – dies betonen Experten
immer wieder eindringlich – weit mehr als das Ersetzen analoger
durch digitale Geräte. Auch die viel zitierte Prozessoptimierung
bedeutet nicht, einfach die vorhandenen Abläufe mit digitalen
Lösungen abzubilden. Sie müssen grundsätzlich auf ihre Taug-
lichkeit in der digitalen Zukunft überprüft werden. Es geht um
eine neue Betrachtung aller Prozesse, und zwar unter Beachtung
der gegenseitigen Verknüpfungen, Vernetzungen und Abhän-
gigkeiten. Die Businessprozesse imUnternehmen sind das nahe
liegendste Digitalisierungsziel. Aber Chancen, in einer hochdigi-
talisierten Gesellschaft und Wirtschaft zu überleben, bieten sich
nur, wenn das Denken vom internenAlltag auf das Gesamtgefüge,
in dem ein Unternehmen operiert, erweitert wird.
Digitalisierung transformiert das Zusammenspiel unter-
schiedlicher Akteure und Aktionen. Im Fall der Immobilien-
wirtschaft betrifft dies über das eigene Unternehmen hinaus im
engeren Sinn die Kunden und die zu verwaltenden Gebäude.
Doch jenseits davon finden sich die unterschiedlichstenMitspie-
ler am Wirtschafts- und Arbeitsprozess, die miteinander Daten
austauschen und kommunizieren: Bauindustrie, Finanz- und
Versicherungsbranche, Handel, Logistik, Handwerk, Kommu-
nalverwaltung und so weiter. Je höher der Digitalisierungsgrad
einer der Akteure, desto wichtiger das Nachziehen der anderen,
damit ein optimales Netzwerk entsteht. Die Prozesse im Woh-
nungsunternehmen müssen so gestaltet werden, dass sie einer-
seits die Kompetenzen und Geschäftsmodelle imBetrieb optimal
unterstützen, andererseits aber auch die außerhalb des Unter-
nehmens liegenden Aufgaben adäquat bearbeiten können. Dazu
zählen beispielsweise die Wünsche der Kunden, die Gestaltung
entsprechender Dienstleistungen sowie auf Seiten der Gebäude
die Ausstattung mit sinnvollen Sicherheitslösungen, Energie­
effizienztechnologien, Smart-Home-Elementen und so weiter.
Digitalisierungsstrategien werden in den meisten Unter-
nehmen mit einer Ordnung und effizienteren Verarbeitung und
Auswertung der vorhandenen Daten und Informationen begin-
nen. Ein entscheidender Schritt hierzu ist die Einführung eines
Enterprise-Resource-Planning(ERP)-Systems. Damit lassen sich
zahlreiche Abläufe wie die kaufmännische und technische Be-
standsbewirtschaftung, die interne Unternehmensverwaltung
(etwa Personal- und Kundenmanagement, Bewirtschaftung/In-
standhaltung, Rechnungsmanagement, E-Invoicing) oder Con-
trolling-Elemente wie Portfoliomanagement und Investitionspla-
nung digital abbilden. Die Anzahl der Verwaltungsbetriebe, die
solche Systeme zunehmend auch als Cloud-Lösung einsetzen,
steigt schnell an.
Abrechnungen und Beschwerdemanage-
ment werden digital effizienter, kosten-
günstiger und kundenfreundlicher
Damit einher gehen sinnvollerweise weitere Prozessdigita-
lisierungsmaßnahmen. Dokumente sollten von Beginn an in
einem zentralen Posteingang digitalisiert, Vorgänge bis hin zum
Versand aus dem Betrieb elektronisch bearbeitet werden. Spe-
ziellen Prozessen können mit entsprechendem IT-Know-how
digitale Anwendungen zugeordnet werden, zum Beispiel zu den
Themen Vertragsmanagement, Wohnungsübergabe oder Prü-
fungsabläufe. Damit lassen sich Zeit und Kosten einsparen und
die Qualität verbessern.
Umdas Potenzial zu nutzen, das ERP-Software für weitere Di-
gitalisierungsprojekte bietet, gehen fortschrittliche Unternehmen
bereits einen Schritt weiter und implementieren Schnittstellen zur
Vernetzungmit Kunden, Partnern, Serviceunternehmen und an-
deren Instanzen. Hinzu kommen bei größerenVerwaltern immer
mehr Portale, auf denenKunden und Partner schnell und unkom-
pliziert kommunizieren und verschiedene Prozesse abwickeln
können. Abrechnungen und Beschwerdemanagement sind nur
zwei prominente Beispiele für Abläufe, die sich auf dieseWei-
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