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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
DATENSCHUTZ
Die große Welle der Abmahnungen von
Verstößen gegen die Pflichtangaben aus §
16a EnEVwurde nicht amTag des Inkraft
tretens dieser Vorschrift losgetreten. Die
se hat sich schrittweise entwickelt und ist
umso stärker geworden, je deutlicher die
Rechtsprechung die Anforderungen der
Immobilienfirmen definiert hat.
Die Situation erinnert an
die anfänglich unklare
Rechtsprechung bei der
Umsetzung der EnEV
So könnte es sich auch mit den Ab
mahnungen im Datenschutzrecht verhal
ten. ImÜbrigen gibt es einenwesentlichen
Unterschied zwischen der EnEV und den
Anforderungen der DSGVO. Der Buß
geldrahmen und die Ordnungswidrig
keitentatbestände im Datenschutz sind
deutlich breiter gefasst. Auf einer Veran
staltung zumDatenschutz imHerbst 2018
wurde von verschiedenen Datenschutz
behörden zu erkennen gegeben, dass der
hohe Bußgeldrahmen, den die DSGVO
vorgebe, die Unternehmen allein dazu an
halten müsste, die Anforderungen imDa
tenschutz umzusetzen und einzuhalten.
Die Aufsichtsbehörden würden aufgrund
von Beschwerden von Verbrauchern ein
schreiten und die Fälle untersuchen. Ak
tuell gingen Hunderte von Beschwerden
in jeder der 16 Landesaufsichtsbehörden
im Monat ein. Allein deshalb sollten die
Immobilienfirmen sich nicht darauf ver
lassen, dass schon nichts passieren werde.
Was lernen Immobilienfirmen aus den
erstenUrteilen? AmLGWürzburgwar der
Betreiber einer Webseite (in diesem Fall
eine Rechtsanwaltskanzlei) wegen einer
unvollständigen Datenschutzerklärung
(hier: sieben Zeilen im Impressum) abge
mahnt worden. Zugleich wurde ein Kon
taktformular in die Webseite eingebun
den, ohne dass die Webseite ersichtlich
verschlüsselt war, und damit die Daten
aus dem Kontaktformular unverschlüs
selt übertragen. Das LG Würzburg führt
in der Begründung des Beschlusses aus:
„Es fehlen Angaben zum/zur Verantwort
lichen, zur Erhebung und Speicherung
personenbezogener Daten sowie Art und
Zweck derenVerwendung, eine Erklärung
zur Weitergabe von Daten, über Cookies,
Analysetools, aber vor allemdie Belehrung
über die Betroffenenrechte, insbesondere
Widerspruchsrecht, Datensicherheit und
ein Hinweis zur Möglichkeit, sich bei ei
ner Aufsichtsbehörde zu beschweren. (...)
Dass die Antragsgegnerin Daten erhebt,
wird schon aus der gleichzeitigen Ver
wendung eines Kontaktformulars auf der
Homepage indiziert. Da die Antragsgeg
nerin jedenfalls über ein Kontaktformular
Daten erheben kann, ist zwingend auch
eine Verschlüsselung der Homepage erfor
derlich, die hier fehlt.“
Bei Veränderungen
der Webseite muss die
Datenschutzerklärung
angepasst werden
Sollte sich die Rechtsprechungsten
denz fortsetzen, dürfen Wettbewerber
(und Abmahnvereine) unvollständige
Datenschutzerklärungen und nicht ver
schlüsselteWebseitenbei Verwendung von
Kontaktformularen abmahnen. Das führt
dazu, dass dieDatenschutzerklärungen auf
Vollständigkeit überprüft werden sollten.
Bei Veränderungen an der Webseite, bei
Einbindung neuer Tools, bei der Einfüh
rung vonChat-Bots oder der Verwendung
von 360-Grad-Besichtigungen muss die
Datenschutzerklärung angepasst werden.
Das ist eine immer wiederkehrende An
forderung an die Unternehmen. Das gilt
auch bei Durchführung von neuen SEO-
Maßnahmen und der Auswertung des
Nutzerverhaltens auf der Webseite durch
Analysetools. Die IT-Verantwortlichen in
den Firmen, Geschäftsführungen, Vor
stände und Agenturen sollten dies in Zu
kunft unbedingt beachten.
«
Sven R. Johns, Berlin
Sven R. Johns
ist Partner
der Rechtsanwaltskanzlei
Mosler + Partner Rechts-
anwälte in München und
Berlin. Bis Mitte 2012 war
er Bundesgeschäftsführer
des Immobilienverbandes
IVD und eines der beiden
Vorgängerverbände. Sven
R. Johns ist Autor verschie-
dener Fachbücher und als
Referent auf Seminaren und
Kongressen aktiv.
AUTOR
„Kern der juristischen
Auseinandersetzung zur
Frage der Abmahnfähig-
keit ist, ob die Vorschrif-
ten über Sanktionen in
der DSGVO (Art. 77 ff
DSGVO) eine abschlie-
ßende Regelung für
Rechte Dritter enthalten.
Das LG Bochum sagt Ja,
das LG Würzburg Nein.“