Immobilienwirtschaft 12/2018 - page 18

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POLITIK, WIRTSCHAFT & PERSONAL
I
VERBANDSINFORMATIONEN
D
er Begriff Spezialimmobilie umfasst auch Kirchen- und Sakralgebäude, da diese
für eine bestimmte Nutzung konzipiert sind – bei eingeschränkter Drittverwen-
dungsfähigkeit. In den vergangenen Jahren wurden deutschlandweit aber durchaus
diverse Umnutzungen ehemals betriebsnotwendiger Objekte realisiert: etwa als Wohn-
raum, Bibliothek, Museumoder für gastronomische Zwecke. Aufgrund verschiedenster
Veränderungsprozesse in den Kirchen kam und kommt es vermehrt zu Verkäufen bzw.
Umnutzungen dieser Spezialimmobilien, immer wieder verbunden mit besonderen
Fragestellungen der Immobilienbewertung. Gerade bei diesen Objekttypen reichen die
normierten Verfahren der ImmoWertV häufig nicht aus, weshalb regelmäßig auch auf
nicht normierte Bewertungsverfahren zurückgegriffen wird. Hierzu zählt auch das Re-
sidualwertverfahren, auch Extraktionsverfahren genannt.
Wegen seiner weit verbreiteten Anwendung bei Investoren und Projektentwicklern
wird dieses Verfahren auch als Investoren- oder Developer-Methode bezeichnet. Es
kommt insbesondere dann zur Anwendung, wenn der höchste für einen Investor noch
tragbare Ankaufspreis eines Grundstücks – das Residuum – oder die Rentabilität der
Bebauung eines bereits im Eigentum befindlichen Grundstücks ermittelt werden soll.
Das Residualwertverfahren ist aber auch für in- und ausländische Immobilienbewerter
ein bewährtes und etabliertes Instrument – nicht zuletzt aufgrund der Prägung der
europäischen Märkte durch Bewertungsstandards, die etwa im Red Book der RICS ent-
halten sind. Das Verfahren steht wegen der Sensitivität seiner Berechnungsbestandteile
und der auf Annahmen über künftig erzielbare Erträge und voraussichtlich anfallende
Bau-, Bewirtschaftungs- und Kapitalkosten beruhenden Wertfindung in der Kritik. Je
nach Adjustierung der Kostenansätze im Rahmen der Wertermittlung lässt sich ein
Residuum in fast jeder beliebigen Höhe rechnerisch ausweisen. Nichtsdestoweniger
kann das Residualwertverfahren eine geeigneteMethodik bei der Bewertung kirchlicher
Spezialimmobilien sein, wenn die deutschen normierten Verfahren nicht sinnvoll an-
gewendet werden können.
FAZIT:
Trotz der genannten Risiken aufgrund spekulativer Betrachtungen sollte man
der Bewertung von kirchlichen Immobilien imResidualwertverfahren in der fachlichen
Diskussion weiterhin Beachtung schenken und die Methodik zumindest zur Plausibi-
lisierung des jeweiligen Marktwerts berücksichtigen.
Ein tragfähiges Netzwerk qualifizierter Marktteilnehmer und der intensive, regel-
mäßige Austausch der Sachverständigen mit Bauträgern, Bestandshaltern, Investoren
und auch potenziellenNutzern ist in diesemZusammenhang allerdings unerlässlich.
Linus Becherer FRICS, Ltd. Verwaltungsdirek-
tor, Leiter der Hauptabteilung Immobilien-
und Baumanagement im Erzbistum Freiburg
Kirchen- und Sakralgebäude
im Wandel
«
Linus Becherer FRICS, Freiburg
RICS
Bei Sakralgebäuden
reichen die normierten
Verfahren der ImmoWertV
häufig nicht aus. Das Residu-
alwertverfahren kann eine
geeignete Methodik bei
der Bewertung kirchlicher
Spezialimmobilien sein.
rics.org/de
TERMINE
Ab 1. Dezember 2018
stehen die aktuell gültigen
RICS Valuation - Professional Standards
(„Red Book“) auch in der deutschen Übersetzung zur Verfügung.
Am 24. Januar 2019
findet die
12. RICS Bewertungskonferenz 2019
mit der Fragestellung „Mensch versus Maschine – Wer bewertet in Zukunft?“ statt.
Austragungsort ist das Jumeirah Frankfurt.
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