15
2-01.2019
lienmarkt. So liegt die Eigentumsquote
in der Schweiz bei 42,5, in Deutschland
bei 45,5 und in Österreich bei 55,5 Pro-
zent, um die Schlusslichter zu nennen.
In Rumänien liegt sie hingegen bei 96, in
Kroatien bei 90 und in der Slowakei bei
89 Prozent. Diese Situation erklärte der
Experte mit geringer Eigentumsmobilität
in Wohlstandsstaaten, vor allem aber mit
dem gut ausgebauten Sozialstaat, der das
Besitzen einer eigenen Immobilie imAlter
oder bei Arbeitslosigkeit als soziale Absi-
cherung eher entbehrlicher macht.
Die hohe soziale Absicherung als ein
Faktor für steigende Nachfrage und damit
Anstieg von Mieten dürfte Sozialpolitiker
ebenso interessieren wie der Befund Rü-
rups, dass Bestandsmieten seit 2009 nur
um 1,9 Prozent gestiegen seien.
G
esellschaftlicher Wandel als Triebfe-
der sich ändernder Immobilienmärk-
te war ein Thema im Eröffnungs-
vortrag von Professor Bert Rürup, dem
Präsidenten des Handelsblatt Research In-
stitute. Allein seit der Wiedervereinigung
stieg der Flächenbedarf pro Person um
rund 50 Prozent auf derzeit 46,5 Quadrat-
meter. Diesen gesellschaftlich bedingten
Faktor an der von vielenMedien beklagten
Wohnungsnot unterlegte Rürup in seinem
faktenreichenVortrag eindrucksvoll. Zwar
gehe langfristig durch den demographi-
schen Wandel trotz Zuwanderung die
Wohnbevölkerung zurück.
In den Wohlstandsstaaten
wird die Eigentumsmobi-
lität geringer – Eheschei-
dungen nehmen zu
Durch den steigenden Flächenbedarf
und die sich wandelnden Haushaltsgrö-
ßen werde dennoch die Flächennachfrage
steigen. Dies begründete Rürup mit ver-
schiedenen Faktoren. Zuallererst sei die
gute Konjunkturlage zu nennen. Jedoch
werde mittelfristig die Nachfrage großer
Haushalte sinken und die Anzahl der Ein-
undZwei-Personen-Haushalte zunehmen.
Allgemein bekannte Trends, wie das im-
mer frühere Ausziehen Jugendlicher aus
dem elterlichen Haushalt, immer späteres
Zusammenziehen und Eheschließungen,
werden durch mehr und frühere Schei-
dungen verstärkt.
Der daraus resultierende steigende
Flächenbedarf werde noch weiter ange-
heizt durch den auch zukünftig steigenden
Bedarf pro Person. Man gehe von weite-
ren elf Prozent bis 2030 aus – also rund
51,6 Quadratmeter pro Person. Dies ist in
der westlichen Welt ein Spitzenplatz, was
eher ein Zeichen erfreulich steigenden re-
lativenWohlstands ist als sozialer Verwer-
fungen. Das Phänomen, dass bestimmte
Gruppen bevorzugt in der Nähe eigener
Communities in den Ballungsräumen
wohnen möchten, mag die Nachfrage in
den Metropolen ebenso erhöhen wie die
durch zehntausende Airbnb-Wohnungen
in den Hotspots den dort demMietmarkt
entzogenen Flächen. Aber auch dies sind
keine Sozialindikatoren.
Angehörige dieser Communities
und auch Airbnb-Vermieter gehören zu-
meist nicht zur Gruppe der medial gegei-
ßelten Immobilienspekulanten. Jedoch,
das machte der Vortrag von Bert Rürup
deutlich, beeinflussen sozialpolitische
Faktoren sehr wohl den Wohnimmobi-
Foto: Willi Nothers für Euroforum
Hohe Sozialstandards – hohe Mieten
Bert Rürup machte auf der
25. Handelsblatt Jahrestagung Immobilienwirtschaft
in Berlin
auch umfangreiche Vorschriften für die steigende Flächennachfrage verantwortlich
Hat sich als Veranstaltungsort etabliert: das Hotel de Rome in Berlin
«
Julien Reitzenstein, Kerry