Immobilienwirtschaft 12/2017 1/2018 - page 36

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INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
KOLUMNE
(wenn Verkehrsmittel, Fahrkarten, Zeiten und Routen über Apps
besorgt werden), Smart Environment (wenn alle sich das holen,
was sie brauchen, aber nicht von ihren Kindern, Enkeln und Ur-
enkeln) und Smart Living (wenn Strom, Wärme und Nahrung
vor Ort erzeugt werden).
Viele sehen darin Chancen und verbinden mit der digitalen
Vernetzung die Lösung aller Probleme der postindustriellen
Gesellschaften: Ob Umweltverschmutzung, demografischer
Wandel, Bevölkerungswachstum, Finanzkrise oder Ressour-
cenknappheit, alles kann mit Kameras, Sensoren und digitaler
Vernetzung zum Guten gewendet werden. Auch die Share
Economy (Autos, Fahrräder, Werkzeug, Wohnung teilen) oder
Bürgerbeteiligungen (viele werden gefragt und entscheidenmit)
gehören in die Diskussion um die Stadt der Zukunft. Auch ich
habe da Hoffnungen.
Die Smart City wird zum Internet of Things and Services:
Die gesamte Infrastruktur wird dabei mit Sensoren ausgestattet,
die endlos viele Daten erfassen und in der Cloud im günstigen
Falle für alle verfügbar machen. Durch die permanente Interak-
tion zwischen Bewohnern und Technologie werden die Bürger
geradezu ein Teil ihrer technischen Infrastruktur. Sensoren sind
mittlerweile so günstig geworden, dass sie über der ganzen Stadt
ausgeschüttet und eigentlich überall eingebaut werden können
(„Haben Sie schon Ihren Hund gechipt?“). Die dabei aufkom-
mende Euphorie erinnert stark an die Technikbegeisterung der
1960er Jahre („I believe that this nation should commit itself to
achieving the goal, before this decade is out, of landing a man on
W
er kennt sie nicht, die berühmte Szene in dem Film „The
Shining“ von Stanley Kubrick, in der Jack Nicholson mit
der Axt die Tür einschlägt und Shelley Duvall in Panik um
ihr Leben schreit? Doch Stephen King war nicht zufrieden mit
der Kino-Verfilmung seines Romans. Nicholsons Spiel verdränge
die eigentliche Hauptperson: das Haus selber. „Ich war zutiefst
enttäuscht von dem Endergebnis. […] Kubrick konnte einfach
nicht das schiere, unmenschliche Böse des Overlook-Hotels fas-
sen.“ Stattdessen habe er eine häusliche Tragödie mit nur vagen
übernatürlichen Andeutungen gedreht.
Der Horrorfilm der Horrorfilme als müder Abklatsch des
wahren Horrors: die riesige, unübersichtliche Architektur des
Hauses als Irrgarten der Gefühle, Albtraum ohne Entkommen,
allmächtige, allwissende, fremdgesteuerteMaschine, diemanipu-
lierend ihre Insassen zunächst in den Schlaf wiegt und dann in
denWahnsinn treibt. Heute ist das Overlook-Hotel zumSinnbild
für die Ängste vieler in der Diskussion um die Stadt der Zukunft
geworden. Der Oberbegriff, unter dem diese vielschichtige Dis-
kussion seit Beginn des Millenniums geführt wird, ist bereits ver-
brannt, bevor alles überhaupt so richtig begonnen hat: Smart City.
ALLES WIRD SMART
Im Rausch der Digitalisierung soll irgend-
wie alles smart werden: Smart Economy (wenn alle wissen, was
Einzelne wissen, und digital zusammenarbeiten), Smart People
(wenn digital vernetzte Leute sich einmischen und kümmern),
Smart Government (wenn in der digitalen Demokratie alle al-
les kapieren und bei allem mitmachen können), Smart Mobility
Smart City
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