Immobilienwirtschaft 12/2017 1/2018 - page 26

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INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
IMMOBILIENBANKEN
geren Spannen sei es schwierig, Reserven
für Ausfälle in einer konjunkturellen Ab-
schwungphase anzusammeln. Wegen des
steigenden Zinsniveaus im langfristigen
Bereich sind Versicherungen prinzipiell
wieder wettbewerbsfähiger gegenüber
Banken. „Sie refinanzieren sich nicht über
den Kapitalmarkt und orientieren sich
deshalb nicht an der Zinsmarge, sondern
an der Bruttorendite von Investments“,
erklärt Herz. Dass großvolumige, lang-
fristige Portfoliofinanzierungen aktuell
gefragt sind, kommt ihnen entgegen. Sie
konkurrieren um solche Kreditengage-
ments allerdings verstärkt mit auslän-
dischen Immobilienfinanzierern wie der
holländischen INGoder der französischen
Crédit Agricole.
„Die einheimischen Immobilien-
banken sind jedoch nach wie vor die tra-
gende Säule in allen Segmenten der ge-
werblichen Immobilienfinanzierung“, be-
tont Jan Peter Annecke, Bereichsleiter für
gewerbliche Immobilienfinanzierungen
bei der Münchener Hypothekenbank
(Münchener Hyp). Auf sie entfielen 85
Prozent des Kreditvolumens. Allerdings
ist die Zahl der Immobilienbanken hierzu-
lande schon seit mehreren Jahren rückläu-
fig. So ist die Eurohypo/Hypothekenbank
Frankfurt von der Bildfläche verschwun-
den. Die Corealcredit wurde von der Aare-
al Bank gekauft. Im nächsten Jahr droht
womöglich zwei weiteren Instituten ein
ähnliches Schicksal: Die HSH Nordbank
muss infolge eines EU-Beihilfeverfahrens
bis Ende Februar 2018 einen neuen Ei-
gentümer finden. Die NordLB prüft den
Verkauf ihrer gewerblichen Immobilien­
finanzierungstochter Deutsche Hypo.
NACHFRAGE NACH BÜROOBJEKTEN STEIGT
Ein weiterer Trend 2017 – und wohl auch
2018 – ist, dass die Nachfrage nach Büro-
objekten deutlich gestiegen ist, Projektent-
wicklungen in diesem Nutzungssegment
boomen ebenfalls. „Die Leerstände an
den Topstandorten sind deutlich zurück-
gegangen“, sagt Maria-Teresa Dreo, Be-
reichsleiterin Real Estate der HypoVer­
einsbank (HVB). Der Bedarf an modern
gestalteten und ausgestatteten Büros ist
groß. „Gerade in Frankfurt wird momen-
tan recht viel gebaut“, so Annecke. Der
ganz große Brexit-Effekt sei jedoch noch
nicht auszumachen.
Man müsse genau hinsehen, wo neue
Projekte langfristig Sinn machen, rät
Köntgen. Spekulative Projektentwick-
lungen in Randlagen zu finanzieren hält
er für riskant. „Die Nachfrage nach Büro-
räumen im Zuge des Brexit wird sich auf
das Bankenviertel und die Frankfurter
Innenstadt konzentrieren“, ist Köntgen
überzeugt. Doch attraktive Flächen sind
nicht nur hier knapp. Da sei auch die Po-
litik gefordert, mitzuhelfen, um Angebot
und Nachfrage besser ins Gleichgewicht
zu bringen. „Die Genehmigungsverfah-
ren sind zu langwierig“, kritisiert Andreas
Pohl, Vorstandschef der DeutschenHypo.
Die Folge ist, dass sich die Finanzierung
von Projektentwicklungen in die Länge
zieht. „Statt wie früher über zwei erstre-
cken sich diese inzwischen oft über drei
bis vier Jahre“, so Pohl. Und Bauvorhaben
werden erheblich teurer. Für Immobili-
enbanken sind sie trotz der Risiken unter
Margengesichtspunktennachwie vor recht
attraktiv. Bei der Deutschen Hypo entfal-
len etwa gut 30 Prozent des Neugeschäfts
auf Kredite für Projektentwicklungen, bei
der DG Hyp rund 20 Prozent und bei der
HSH Nordbank etwa ein Drittel.
Besonders turbulent geht es imWohn-
immobiliensegment zur Sache. Preisgüns­
tige Wohnungen sind knapp. Doch die
Zahl der Baugenehmigungen ist rückläu-
fig. Und in Metropolen und Regionalzen-
tren wird mit dem knappen Gut Bauland
spekuliert. Von 2011 bis 2016 verteuerte
sich in den Großstädten der Quadratme-
ter Bauland laut Bundesinstitut für Bau-,
Stadt- und Raumforschung imSchnitt um
über 35 Prozent von gut 250 auf fast 350
Euro. Hinzu komme, dass die Bauindus­
trie an ihrer Kapazitätsgrenze operiere,
fügt Pohl hinzu.
Fast alle Immobilienbanken erhöhten
2017 das Volumen ihrer gewerblichen
Wohnimmobilienfinanzierungen. „Auch
bei Portfoliotransaktionen waren wir
verstärkt mit von der Partie“, bilanziert
Annecke. HVB-Bankerin Dreo prognos-
tiziert: „Das Thema Wohnen bleibt 2018
spannend.“ Die Politik habe durch Förder-
maßnahmen, etwa der KfW, schon viel ge-
tan, umdenWohnungsbau zu stimulieren.
Aber im kommenden Jahr seien weitere
Impulse zu erwarten, ist sie überzeugt.
Eine große Zukunft prophezeit Dreo
übrigens dem modularen Wohnungsbau:
„Die Serienfertigung von Gebäudemo-
dulen kann Bauvorhaben erheblich be-
schleunigen und wirkt kostendämpfend.“
Hier beobachte man ein wachsendes In-
teresse der Kunden – nicht nur mit Blick
auf den Wohnungsbau, sondern auch um
schnell flexibel nutzbare Gewerbeimmo-
bilien zu konzipieren.
«
Norbert Jumpertz, Staig
Neugeschäftsentwicklung wichtiger gewerb-
licher Immobilienfinanzierer in den Jahren 2016
und 2017 (Angaben in Milliarden Euro)
NEUGESCHÄFTSENTWICKLUNG
2016
(Januar bis
September)
2017
(Januar bis
September)
Aareal Bank Gruppe
(inkl. Prolongationen)
6,0
5,7
Berlin Hyp
4,1
5,1
Deutsche Hypo
1,8*
2,1*
Deutsche Pfand-
briefbank (pbb)
6,3
6,9
DG Hyp
k.A.
4,6
Helaba
7,0
6,4
HSH Nordbank
3,1
3,4
HypoVereinsbank
k.A.
k.A.
Münchener Hyp
0,9
1,4
Postbank
2,6
2,4
*Januar bis Juni 2017/Januar bis Juni 2016; k.A. = keine Angaben
Quelle: Angaben der Immobilienbanken
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