Immobilienwirtschaft 12/2017 1/2018 - page 19

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2-01.2018
Foto: Deutscher Verband
Keine Spekulationsblase in Sicht
D
ie Preise für Wohnimmobilien in den städtischen Wachstumsregionen sind in den
letzten Jahren erheblich gestiegen. In ländlichen oder strukturschwachen städ-
tischen Räumen stellt sich die Situation demgegenüber anders dar. So weist der
aktuelle Raumordnungsbericht der Bundesregierung auf die zunehmenden regionalen
Entwicklungsunterschiede hin, die sich auch auf denWohnimmobilienmärkten zeigen.
Die ArbeitsgruppeWohnungswesen des DeutschenVerbandes erörterte am13. Novem-
ber 2017 mit Referenten aus Forschung und Beratung sowie Wohnungs- und Finanz-
wirtschaft unterschiedliche Perspektiven der Preisentwicklungen bei Wohnimmobilien.
DieWohnimmobilienpreise in Deutschland haben seit 2010 einen kräftigen Anstieg
erfahren. Von einer „Spekulationsblase“ kann aber nicht die Rede sein. Die Immobi-
lienbranche ist stabil, auch wenn für bestimmte Standorte und Segmente Preisüber-
treibungen nicht ausgeschlossen sind. Zuletzt hat sich die Preisdynamik zwar etwas
verringert. Da die Baufertigstellungen der aktuellen Nachfrage nach Wohnraum nicht
ausreichend gerecht werden, kann die bisherige Angebotsaufstockung den Preisan-
stieg nicht begrenzen. Von der „Immobilienpreisblase“, die die Finanzmarktstabilität
gefährden könnte, sind wir derzeit weit entfernt. Denn selbst wenn sich das absolute
Kredit
volumen erhöht hat, die durchschnittliche Kredithöhe imEinzelfall ebenfalls leicht
ansteigt und die Eigenkapitalunterlegung leicht zurückgeht, fußt die Immobilienfinan-
zierung hierzulande in der Regel weiterhin auf einer soliden Wertermittlung.
ZUKUNFT: VERLANGSAMTE PREISDYNAMIK
Die Immobilienbranche selbst rechnet da-
mit, dass sich die Preisdynamik zwischen 2019 und 2023 mehrheitlich über alle Asset-
klassen verlangsamen wird. Das gilt insbesondere auch für das Hochpreissegment im
Wohnungsbau. Denn in den kommenden Jahren könnten steigende Baufertigstellungen
Angebotsüberhänge auf den Wohnungsmärkten aufbauen. Diese „Bauüberhang-Auto-
matik“ ergibt sich aus der zeitlichen Verzögerung zwischen Baugenehmigungen und
Baufertigstellungen und kann zu Irritationen auf denWohnungsmärkten führen. Künf-
tige Preiskorrekturen bei Wohnimmobilien sind nicht ausgeschlossen, lassen allerdings
nicht die Schlussfolgerung zu, dass auch die Nachfrage in allen Marktsegmenten glei-
chermaßen rückläufig ist. Engpässe werden auch bei Preiskorrekturen „nach unten“ auf
den Wohnungsmärkten bestehen bleiben; insbesondere bei bezahlbarem Wohnraum.
Entwicklungen undTrends derWohnimmobilienpreise differenzieren sich inAbhän-
gigkeit von der Standortklassifikation deutlich aus. A-Städte weisen eine hohe Preisdy-
namik und Marktdruck auf. Davon können deren Umlandgemeinden und B-Standorte
als „Ankerstädte“ in ländlichen und peripheren Regionen profitieren und werthaltige
Investitionen in Wohnimmobilien tätigen. Moderate Preissteigerungen sind (noch) in
den „unechten Wachstumsstädten“ festzustellen, die nur vorübergehend und vor allem
aus dem Umland Bevölkerung gewinnen, langfristig aber wieder Einwohner verlieren
werden. Dagegen kennzeichnen Märkte in ländlichen, strukturschwachen und peri-
pheren Räumen rückläufige Preisentwicklungen.
Entscheidend ist aus Sicht des DV, dass zur Entlastung der „Schwarmstädte“ keine
zusätzlichen Zuzugsanreize in die städtischen Wachstumsräume geschaffen werden.
Vielmehr müssen deren Umland und die Ankerstädte gezielt gefördert werden, indem
durchNeubau attraktiveWohnungsangebote geschaffen und Investitionen in Infrastruk-
turen, Daseinsvorsorge und kulturelle Angebote getätigt werden.
Lutz Basse, Vorsitzender der AG Wohnungs-
wesen des Deutschen Verbandes
Deutscher Verband
Auch
wenn punktuell und für be-
stimmte Wohnungssegmente
künftig gewisse Preiskorrek-
turen möglich sind, werden
viele städtische Wohnungs-
märkte gerade bei bezahl-
barem Wohnraum weiterhin
sehr angespannt bleiben.
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Lutz Basse
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