Immobilienwirtschaft 12/2017 1/2018 - page 9

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ahrscheinlich würde sich Konrad Wachsmann wun-
dern, wenn er die heutige Debatte über serielles
Bauen verfolgen würde. Denn schon vor vielen Jahr-
zehnten befasste sich der deutsche Architekt (1901-
1980)mit denMöglichkeiten, das Bauen zu industria-
lisieren. In der Zwischenkriegszeit arbeitete er in der sächsischen
Kleinstadt Niesky bei der Holzbaufabrik Christoph & Unmack,
die auf die Fertigung von Bauelementen spezialisiert war; diese
mussten dann auf der Baustelle nur noch montiert werden. Und
1959 schriebWachsmann in seiner Publikation „Wendepunkt im
Bauen“ mit Blick auf die Baupraxis einen Satz, den heute wieder
viele Immobilienexperten unterschreiben würden: „Das Prinzip
der Industrialisierung erfordert die Verlegung der Produktions-
stätte von der Baustelle oder dem Werkplatz in die Fabrik.“
Vor allemzwei Gründe haben dazu beigetragen, dass das seri-
elle undmodulare Bauen das Nischendasein, das es lange fristete,
hinter sich gelassen hat. Zum einen haben die gesellschaftlichen
Veränderungen vor Augen geführt, dass manchmal ganz plötz-
lich ein Bedarf an Gebäuden entsteht, der mit konventionellen
Baumaßnahmen nicht zu decken ist – man denke an die Flücht-
lingskrise von 2015/16 oder daran, dass viele Kommunen unter
Hochdruck Schulen bauenmüssen, weil die Prognosen die Schü-
lerzahlen massiv unterschätzten. Zum anderen verlangt die aku-
te Wohnungsknappheit in immer mehr Städten nach Lösungen,
schnell günstigen Wohnraum zu schaffen.
Genau diese Lösung verspricht das serielle und modulare
Bauen. „Serielles Bauen kann einen Beitrag zum bezahlbaren
Wohnen leisten und sollte daher forciert werden“, sagt die schei-
dende Bundesbauministerin Barbara Hendricks. Marcus Becker,
Vizepräsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie,
ist überzeugt: „Statt teure Unikate zu fertigen, müssen künftig
stärker Prototypen geplant und deutschlandweit in Serie umge-
setzt werden.“ UndAxel Gedaschko, Präsident des GdWBundes-
verbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen,
fordert „schnell realisierbare Wohnungsbaukonzepte“.
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Foto: Algeco - Schmale Architekten
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2-01.2018
SUMMARY
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Immobilienwirtschaft und Politik versprechen sich vom
seriellen und modularen Bauen eine
Reduktion der Baukosten und
eine Verkürzung der Bauzeit
.
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Dass die Baukosten signifikant sinken,
können erste Projekte nicht bestätigen.
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Ein europaweites Ausschrei­
bungsverfahren
soll den Durchbruch für den seriellen Wohnungsbau
bringen.
»
Hersteller erweitern derzeit ihre Kapazitäten.
»
Archi-
tekten fordern, beim seriellen Bauen die
architektonische und städte­
bauliche Qualität nicht zu vernachlässigen
.
Zentrale Unterbrin-
gungseinrichtung
für Asylsuchende
der Bezirksregierung
Düsseldorf in Neuss
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