Immobilienwirtschaft 12/2017 1/2018 - page 12

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MARKT & POLITIK
I
TITELTHEMA
Planungs- und Genehmigungsaufwand, sondern perfektioniert
durch witterungsunabhängige Vorfertigung den Produktions-
prozess und verringert die Bauzeit“. Für nächstes Jahr plant die
Gewoba den Baubeginn für vier weitere „Bremer Punkte“.
INTRANSPARENZ BEI PREISEN
Wer allerdings wissen möchte, wie
es um die Kosten steht, beißt bei den Bremern auf Granit. „Zu
den Baukosten können wir leider keine Angaben machen“, sagt
eine Unternehmenssprecherin. Sie begründet dies damit, dass
die Gewoba für jedes Projekt eine neue Ausschreibung durch-
führt. „Deshalb wäre es für uns kontraproduktiv, im Zuge neuer
Angebotsabfragen die bisherigen veröffentlichten Preise ange-
boten zu bekommen.“ Aus ähnlichen Gründen nennt auch die
Berlinovo keine Baukosten. Offener ist die Vonovia, welche die
Kosten für ihr Pilotprojekt in Bochum auf 1.800 Euro pro Qua-
dratmeter Wohnfläche beziffert. Davon unbeeindruckt zeigt sich
Wolfgang Ries, Vorstand der im Rhein-Main-Gebiet als Woh-
nungsentwickler tätigen Bien-Ries AG. „Wir können mit unserer
konventionellen Bauweise genauso günstig sein wie Anbieter mit
modularer Bauweise“, versichert der Unternehmer selbstbewusst.
Er hat ein Mehrfamilienhaus entwickeln lassen, das zwar noch
nicht realisiert ist, bei dem Ries aber reine Baukosten von ledig-
lich 1.300 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche anstrebt. „Auf
Qualität verzichtenwir dabei nicht“, betont Ries. DieWohnungen
verfügen nach seinen Angaben beispielsweise über Parkettfuß-
boden, Fußbodenheizung und Balkon.
Auch sonst hält Ries mit seiner Kritik an der seriellen Bauwei-
se nicht hinter dem Berg. Er spricht von einem „Hype“, der „in
Wirklichkeit keine großen Auswirkungen haben“ werde. „Denn
serielles und modulares Bauen funktioniert nur, wenn große
Serien hergestellt werden. Dann besteht aber die Gefahr, dass
Wohnanlagen entstehen, wie wir sie von den DDR-Plattenbau-
siedlungen kennen.“ Eine Individualisierung sei zwar möglich;
dann gehe aber der Kostenvorteil verloren.
DROHT ARCHITEKTONISCHE EINÖDE?
Ähnliche Kritik ist von Ar-
chitekten zu hören. „Zahlreiche Großwohnsiedlungen der 1960er
und 1970er Jahre legen noch heute Zeugnis davon ab, wohin eine
Uniformierung des Planens und Bauens führen kann“, heißt es in
einer Pressemitteilung der Hamburgischen Architektenkammer.
Man sollte deshalb „nicht zu einemWohnungsbau zurückkehren,
bei dem immer gleiche Bauten aneinandergereiht werden und
städtebauliche und stadtplanerische Aspekte zu kurz kommen“.
Vorreiterin: Für ihren
„Bremer Punkt“ heimst
die Gewoba einen Preis
nach dem anderen ein.
Fotos: GEWOBA; MARS ARCHITEKTEN
Trotzdem unterstützt die Bundesarchitektenkammer (BAK) das
europaweiteAusschreibungsverfahren für seriellenWohnungsbau,
das derGdWBundesverband deutscherWohnungs- und Immobi-
lienunternehmen sowie das Bundesbauministerium2017 ausgelobt
haben. Der Wettbewerb verfolgt das Ziel, im Frühjahr 2018 eine
Rahmenvereinbarung mit fünf bis zehn Bietergemeinschaften aus
Planung und Ausführung abzuschließen. Diese sollen dann im
Auftrag von Wohnungsunternehmen mehrgeschossige Wohnge-
bäude in serieller und modularer Bauweise errichten.
Die Beteiligung an der Ausschreibung sei intern umstritten
gewesen, räumt BAK-Präsidentin Barbara Ettinger-Brinckmann
ein. Letztlich habe sich der Vorstand aber mit großer Mehrheit
dafür ausgesprochen. Zur Begründung verweist Ettinger-Brinck-
mann auf die Vergangenheit: „Architekten wie Bruno Taut haben
bereits in den 20er und 30er Jahren modulare Bauten in her-
vorragender Qualität geplant. Und auch heute kann modulares
und serielles Bauen hervorragende Architektur produzieren. Vo-
raussetzung dafür ist, dass Architekten daran beteiligt sind und
dass die Gebäude dem jeweiligen Grundstück sowie dem städte-
baulichen Kontext angepasst werden.“ Allerdings zeigt sich die
BAK-Präsidentin überzeugt, dass modulares und serielles Bauen
auch künftig die Ausnahme seinwird: „In denmeisten Fällenwird
weiterhin einArchitekt das Gebäude individuell planen.“ Anderer
Ansicht ist da Franz Seemeier, Zentralbereichsleiter Modulbau
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