IMMOBILIENWIRTSCHAFT 12/2016 01/2017 - page 53

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2-01.2017
Mietrecht
– Aktuelle Urteile
FAKTEN:
Die Parteien schlossen einenWohnungsmietvertrag. Der Formularmietvertrag
enthält folgende Klausel: „Die Parteien verzichten wechselseitig auf die Dauer von ... (in
Worten: ...) Jahren auf ihr Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrags. Sie ist
erstmals zumAblauf dieses Zeitraums mit der gesetzlichen Frist zulässig.“ In die Klausel
sind handschriftlich die Zahl „4“ und das Wort „vier“ eingefügt.
Der Mieter hat die Mietzahlungen im November 2014 eingestellt. Mit der im Januar
2015 erhobenen Klage nimmt der Vermieter denMieter auf Zahlung rückständiger und
künftigerMiete bis zur rechtswirksamen Beendigung desMietverhältnisses inAnspruch.
Mit Schreiben vom 16.02.2015 hat der Mieter das Mietverhältnis gekündigt. Der BGH
hatte über die Wirksamkeit der Kündigung zu entscheiden.
EinGrund zur fristlosen Kündigung lag nicht vor. Nach der imMietvertrag vereinbarten
Kündigungsausschlussvereinbarung war die ordentliche Kündigung erst zum Ablauf
des 09.04.2020 möglich. Der Mieter vertritt allerdings die Ansicht, dass die fragliche
Klausel unwirksam sei. Der BGH teilt diese Ansicht nicht. Der BGH hat bereits in frü-
heren Urteilen entschieden, dass das Recht zur ordentlichen Kündigung durch einen
beiderseitigen Kündigungsverzicht ausgeschlossen werden kann. Dies gilt auch, wenn
die Ausschlussvereinbarung durch Formularvertrag getroffen wird.
FAZIT:
Ein formularmäßiger Kündigungsverzicht wegen unangemessener Benachteili-
gung des Mieters ist jedoch in der Regel unwirksam, wenn seine Dauer mehr als vier
Jahre beträgt.
FORMULARMIETVERTRAG
Ausschluss der ordentlichen
Kündigung – wirksam?
Ein formularmäßiger Kündigungsaus-
schluss ist wirksam, wenn er einen
Zeitraum von vier Jahren – gerechnet
vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses
bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der
Mieter den Vertrag erstmals beenden
kann – nicht überschreitet.
BGH, Beschluss v. 23.08.2016, VIII ZR 23/16
KÜNDIGUNG
Verweigerung der
Untermieterlaubnis
Sind in einem gemischt genutzten
Gebäude Gewerberäume zur „aus-
schließlichen Nutzung als Büroräume“
vermietet, ist eine Nutzung durch
einen ambulanten Pflegedienst aus-
geschlossen, wenn die damit verbun-
denen Außenwirkungen aus Sicht der
Mieter weit lästiger sind als reiner
Bürobetrieb. Der Vermieter ist so nicht
zur Erteilung einer Untermieterlaubnis
verpflichtet, wenn der Untermieter
Räume zum Betrieb eines ambulanten
Pflegedienstes nutzen will. Der Mieter
ist nicht zur Kündigung berechtigt,
wenn der Vermieter die Untermiet­
erlaubnis zu Recht verweigert.
OLG Düsseldorf, Urteil v. 16.02.2016, 24 U 63/15
FRISTLOSE KÜNDIGUNG
Unpünktliche Mietzahlung
durch Jobcenter
Ein wichtiger Grund für die fristlose
Kündigung im Sinne des § 543 Abs. 1
Satz 2 BGB kann allein in der objek-
tiven Pflichtverletzung unpünktlicher
Mietzahlungen und den für den
Vermieter daraus folgenden nega-
tiven Auswirkungen liegen, wenn die
Gesamtabwägung ergibt, dass eine
Fortsetzung des Mietverhältnisses für
den Vermieter unzumutbar ist. Bei der
Abwägung kann von Bedeutung sein,
ob viele Verspätungen aufgetreten
sind, diese jeweils einen erheblichen
Zeitraum und erhebliche Beträge be-
treffen oder der Vermieter in besonde-
rem Maße auf den pünktlichen Erhalt
der Miete angewiesen ist.
BGH, Urteil v. 29.06.2016, VIII ZR 173/15
UNWIRKSAME KLAUSEL
Umlage nach „tatsächlich
vermieteten Mietflächen“
Eine Klausel in einem Gewerbemiet-
vertrag, wonach die Umlage von
Betriebskosten im Verhältnis der
Fläche des Mieters zu den „tatsächlich
vermieteten Mietflächen im Objekt“
erfolgen soll, ist unwirksam. Die durch
den Wegfall der Klausel entstehende
Vertragslücke ist im Wege der ergän-
zenden Vertragsauslegung dahinge-
hend zu schließen, dass die Umlage
im Verhältnis der Gesamtfläche des
Gebäudes zu der Fläche des einzelnen
Mieters zu erfolgen hat. Im Falle eines
Leerstands sind die auf die leer ste-
henden Räume entfallenden Kosten-
anteile also vom Vermieter zu tragen.
KG Berlin, Urteil v. 06.06.2016, 8 U 40/15
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