56
TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
PODIUMSDISKUSSION
E
s war die gefühlt fünfundneunzigste Podiumsdiskussion zur
Digitalisierung, der ich beiwohnen durfte. Diesmal in mode-
rierender Rolle. Und es gab doch neue Erkenntnisse. Anbei
die wichtigsten nach Themen geclustert.
Veränderung ist immer auch Risiko.
Warum sollten wir das eingehen?
Wir gehen immer davon aus, dass das, was wir imMoment haben,
das Richtige und gut ist. Also muss logischerweise die Verän-
derung ein Risiko bedeuten. Wenn ich mir aber darüber klar
werde, dass das Risiko das Verharren in der Situation ist, die ich
heute habe, wenn in bestimmten Bereichen die Lösung, die ich
heute habe, eine schlechte ist, dann wird das Änderungsrisiko
plötzlich relativ.
Stichwort „Fehlerkultur“: Wir hatten den Mut und die Res-
sourcen, auch Fehler zu machen und daraus zu lernen. Ohne die
Fehler kann ich mich nicht nachhaltig verbessern. Das geht von
der Methodik bis zum Produkt, bis zur Frage: „Wie führe ich
Zielvereinbarungsgespräche?“ Digitalisierung ist nicht nur ein
Technologiethema, sondern sie ist auch ein kultureller Aspekt
in einem Unternehmen, das sehr stark mit Strategie zu tun hat.
Wie sieht es aus mit der Einführung von Standards?
Die Bereitschaft, Informationen zur Verfügung zu stellen und sich
dabei selber zu kannibalisieren, ist bei IT-Unternehmen nicht
wirklich ausgeprägt. Man verdient halt Geld damit, Daten von A
nach B zu transferieren, wenn der Property Manager wechselt.
Auch wenn das Ganze ein Jahr dauert. Natürlich wäre es gut, hier
einmal einen einheitlichen Standard zu entwickeln, nach dem
das dann alles automatisch geht, aber da müssten sich ein paar
Hersteller die Umsätze herausstreichen. Und das tut ein bisschen
weh. Aber es lässt sich auf Dauer kaum verhindern, dass Stan-
dards entstehen.
OpenImmo ist ein Erfolgsbeispiel, das sich selber auch in
die Nachbarländer exportiert hat. Das ist nur ein Standard, um
Immobiliendaten in ein Portal zu stellen, aber der kommt jetzt
immer mehr, und irgendwann werden wir auch einmal Bewirt-
schaftungsdaten standardisiert haben, da gibt es einige Gremien
zu diesemThema. Aber das ist nicht so einfach.
In anderen Ländern, etwa den USA, kam das Thema niemals
aus der Immobilienbranche, sondern aus anderen Bereichen, in
denen es Unternehmen gab, die ein solches Monopol hatten, dass
es quasi den Standard gebildet hat.
Es gibt in Deutschland keinen verbindlichen BIM-Standard.
Es ist nicht so, dass Daten standardisiert sind, dass der Archi-
tekt sie erhebt und an den Bauherren weitergibt und dieser sie
weitergibt an den Eigentümer und dieser sie bei Verkauf an den
Digitalisierung –
ein Unternehmen legt den Schalter um
Lernen von „First Movers“: Thesen-
artig zusammengefasste Erkenntnisse
aus einer lehrreichen Podiumsdiskus-
sion. Anlass: die digitalen Verände-
rungen bei JLL Deutschland. Ort: ein
überfüllter Raum auf der Expo Real.
Frage des Tages: „Warum?“
Satz des Tages: „Das war wie bei den
Webereien, die von Dampfmaschinen
auf Strom umstellten.“
Prof. Dr. Peter Russo
Director International Business der ebs,
Überblicker der Immobilien- und anderer
Branchen, eingeladen in Helikopter-
Funktion
TEILNEHMER
Kai Zimprich
Head of Digital Services Germany JLL,
Haupt-Schuldiger an einer erfolgreichen
Unternehmenstransformation von
JLL Germany
Lars Grosenick
CEO Flowfact GmbH und digitale
Gründerpersönlichkeit aus Fleisch
und Blut
Martin Rodeck
Vorsitzender der Geschäftsführung OVG
Real Estate GmbH, Innovationsbeauftrag-
ter beim ZIA und sturm- („das haben wir
schon immer so gemacht“) erprobter
Erneuerer