DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 6/2019 - page 59

führend für die Beantwortung von komplexen
Fragestellungen genutzt werden.
Projektstrukturen als Ergänzung
klassischer Linienorganisation
Ein Erfolgsfaktor für die Einführung von (agilen)
Projektmanagementmethoden in Wohnungsun-
ternehmen ist die passende Organisationsstruk-
tur. Die Arbeit in den klassischen Abteilungenwird
durch die Arbeit in teamübergreifenden Projekten
ergänzt. In diesem Zusammenhang wird oft von
einer temporären Organisationseinheit gespro-
chen.
In Unternehmen, in denen die Projektarbeit bis-
her eine untergeordnete Rolle gespielt hat, stehen
Mitarbeiter vor der Herausforderung, das Tages-
geschäft parallel zumProjektgeschäft zu bewälti-
gen – keine leichte Aufgabe. Während Abläufe und
Vorgehensweisen des Tagesgeschäfts seit Jahren
erprobt und geübt sind, stellen Projektaufträge
die Beteiligten vor neue Anforderungen. Agile
Vorgehensweise wie das Arbeiten in Sprints und
die Retropspektive verlangen ein Umdenken und
ein neues (agiles) Mindset.
Die häufigsten Gründe, warum
Projekte scheitern
In vielen Fällen scheitern Projekte nicht aufgrund
eines Wissens- oder Erkenntnisproblems, sondern
vielmehr an einemUmsetzungsproblem. Die Ursa-
chen sind hierbei vielschichtig. Klassische Gründe
für das Scheitern sind:
• keine Verbindlichkeiten,
• kein iteratives Vorgehen,
• keine klaren Verantwortlichkeiten,
• vermeintlich keine Ressourcen (nicht genügend
Zeit/Geld) und
• keine einheitlichen Projektvorgaben.
Da die Projektarbeit häufig abteilungsübergrei-
fend organisiert ist, sind die Verantwortlichkeiten
nicht immer eindeutig geregelt. Die Projektarbeit
findet „unter demRadar“ statt. Es fehlt der Über-
blick über laufende Projekte und ihre Ergebnisse.
Im Zuge der Stärkung von Projektarbeit in Woh-
nungsunternehmen empfiehlt es sich daher, ein
zentrales Projektbüro einzurichten. Es bündelt alle
Projekte und übernimmt die zentrale Steuerung.
Aufbau eines Projektbüros
Die Einrichtung eines solchen Büros gibt der
Projektarbeit in Wohnungsunternehmen einen
neuen Stellenwert. Mit dieser Instanz, die häufig
als Stabsstelle organisiert ist, wird die Möglich-
keit geschaffen, unabhängig von Abteilungen die
Projektarbeit zentral zu steuern. Der Aufgabenbe-
reich, der hier gebündelt wird, kann dabei beliebig
ausgestaltet werden. Typische Aufgaben sind:
• Schaffung von Transparenz: Dokumentation
und Controlling der laufenden Projekte,
• Steuerung der Meta-Struktur und Gesamtkoor-
dination des Projektgeschäfts,
• Verwaltung des Berichtswesens und ggf. des
Projektmanagementtools,
• Etablierung eines Projektmanagementstan-
dards,
• Weiterentwicklung der Qualität von Projekten
anhand der Sammlung von Erfahrungen und
Best-Practice-Beispielen,
• Entwicklung von einheitlichen Vorlagen und
Templates, die die Arbeit unterstützen,
• Aufbau einer Projektmanagementkompetenz.
Das Projektbüro schafft Strukturen und Standards.
Die Arbeit wird nicht dem Zufall überlassen, son-
dern unterliegt einer transparenten und einheit-
lichen Projektmanagementmethodik. Diese hilft
sowohl Mitarbeitern als auch Führungskräften,
den Spagat zwischen Tages- und Projektgeschäft
erfolgreich zu meistern. Zudem unterstützt das
Projektbüro bei allen Fragestellungen des Pro-
jektmanagements, optimiert die Prozessabläufe
und sorgt für einen laufenden Informationsfluss
zwischen allen Beteiligten.
Neue Kompetenzanforderungen
an Mitarbeiter und Führungskräfte
Nicht zuletzt haben die Projektbeteiligten einen
maßgeblichen Einfluss auf den erfolgreichen Pro-
jektabschluss. Jeder Beteiligte hat eine bestimmte
Rolle und Verantwortung für das Gesamte. Insbe-
sondere Führungskräfte müssen darauf vorberei-
tet und dafür sensibilisiert werden, an definierten
Stellen „Macht“ abzugeben. Innerhalb eines Pro-
jekts trifft der Projektleiter die Entscheidungen,
wie ein Projektauftrag realisiert wird – und diese
Rollemuss nicht zwangsläufig eine Führungskraft
einnehmen. Vertrauen in dieMitarbeiter und „los-
lassen können“ von alten Strukturen und Macht-
mustern sind zwei wesentliche Erfolgsfaktoren für
die Etablierung von Projektarbeit. Hierbei helfen
klare Regeln für Verantwortlichkeiten und Ent-
scheidungskompetenzen.
Eine gute Fachkraft ist nicht gleichzeitig ein guter
Projektleiter oder ein gutes Projektmitglied. Hier-
zu gehört mehr als die fachliche Expertise. Neben
der klassischen und agilen Methodenkompetenz
sind Selbstverantwortung, Teamfähigkeit, Selbst­
organisation und Umsetzungsstärke gefragt. Der
Projektleiter überzeugt zudem durch Eigenini-
tiative und die Bereitschaft, Verantwortung im
Team zu übernehmen. Darüber hinaus stehen alle
Beteiligten vor der Herausforderung, die Balance
zwischen Tages- und Projektgeschäft zu halten
und ihre Ressourcen zielgerichtet und verantwor-
tungsbewusst einzusetzen.
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