DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 6/2019 - page 69

schalmieten Kosteneinsparungen imFokus. Als die
Energiekosten zwischen 2005 und 2010 extrem
hoch waren, wurde der Entschluss gefasst, Neu-
bautenmit einemmöglichst hohen Anteil regene-
rativer Energien zu versorgen, um unabhängiger
von den Kostensteigerungen fossiler Brennstoffe
zu sein. Gleichzeitig wurde die Passiv- und Nied-
rigenergiebauweise marktfähig.
In diesemKontext kambei der GEWOBA-Nord eine
pauschalisierte Miete ins Spiel. Denn nun konnte
auf Ablesevorrichtungen verzichtet werden. Laut
GEWOBA-Nord-Vorstand Dietmar Jonscher ent-
fallen pro Wohnung etwa 100 € an Installations-
kosten: Für das Ablesen und Abrechnen spart die
Genossenschaft zusätzlich pro Jahr undWohnung
etwa 150 €.
Weil die Kosten für fossile Energieträger in den
zurückliegenden Jahren niedrig blieben, hat der
erste Grund für die Einführung der Globalmiete
an Bedeutung verloren. Aber mit der Umstellung
auf regenerative Energien ist die Genossenschaft
auch dann auf der sicheren Seite, falls die Kosten
für Öl und Gas wieder klettern. Von den insgesamt
ca. 6.500 Wohneinheiten sind zwischenzeitlich
rund 600 auf Pauschalmiete umgestellt worden.
Diese umfasst die Ausgaben für Heizung und
Warmwasser sowie weitere umlagefähige Aus-
gaben etwa für Gartenpflege, Winterdienst, Ver-
sicherungen etc. Lediglich für Stromund Telefon
müssen die Bewohner persönliche Versorgerver-
träge abschließen.
Die Inklusivmiete liegt zwischen 9,50 und
11,50 €/m
2
Wohnfläche und ist auf drei Jahre
fixiert. Klettert in dieser Zeit eine Kostenstelle,
wird die Pauschalmiete angepasst.
Die Flatrate bei der eG Wohnen 1902 in Cottbus
bleibt hingegen fünf Jahre lang unangetastet bei
10,50 €/m
2
. In zwei Mehrfamilienhäusernmit ins-
gesamt 600 m
2
Wohnfläche, die zum Jahresende
2018 fertiggestellt wurden, hat die Genossen-
schaft diese Abrechnungsart erstmals eingeführt.
DieMietzusammensetzung unterscheidet sich von
den Schleswiger Kollegen: In der Pauschale sind
die Ausgaben für Strom, Warmwasser und Heizung
enthalten. Hierüber werden keine Nebenkosten-
abrechnungen erstellt. Diese gibt es hingegen für
die sonstigen Nebenkosten, also Grundsteuer,
Hausreinigung etc.
Vermieter trägt Risiko bei
Kostensteigerungen
Bei der Pauschalmiete trägt der Vermieter immer
das Risiko von Nebenkostensteigerungen. Er kann
dies aber puffern, indemer für die Folgejahre eine
gewisse Erhöhung bereits zu Mietvertragsbeginn
in der Pauschale berücksichtigt. Hierzu muss er
eine Prognose anstellen und beispielsweise die
vorausgesetzt die entsprechenden Ablesevor-
richtungen sind installiert: entweder durch eine
Mietvertragsanpassung, der der Mieter zustim-
men muss, oder nach einem Mieterwechsel.
Der Gesetzgeber sollte indessen darüber nach-
denken, die Ausnahmeregelungen der Heizkos-
tenverordnung dem Stand der Zeit anzupassen.
Energiesparende Technologien, wie etwa Wind-
kraftanlagen, Biogas, Abwärme aus landwirt-
schaftlichen Betrieben oder unter Verwendung
von Stroh, werden nicht erfasst; bei diesen Ver-
sorgungsarten ist keine Flatrate vereinbar. Das
gilt selbst dann, wenn die von ihnen erwartete
Energieerzeugung aussichtsreicher erscheint als
etwa die Verwendung von Solaranlagen.
Letztlich könnte ein Vormarsch der Flatratemiete
zu einer erheblichen Entlastung der Gerichte
beitragen. Jedes Jahr kursiert die Meldung, dass
jede zweite Betriebskostenabrechnung falsch sei.
Das mag stimmen oder nicht. Jedenfalls ist die
Streitlust der Deutschen in diesem Bereich hoch.
Entfiele zukünftig die Auseinandersetzung um
Verteilungsschlüssel, Gradtagszahlen oder Haus-
meisterkosten, so könnten Vermieter und Mieter
viel Energie, Zeit und Kosten sparen.
Preisentwicklungen zurückliegender Jahre analy-
sieren bzw. die Entwicklungen am Energiemarkt
unter die Lupe nehmen.
Als Fazit lässt sich sagen, dass in vielen neue-
ren Mehrfamilienhäusern die Voraussetzungen
stimmen, um auf Pauschalmieten umzusteigen.
Viele Wohnungsunternehmen schrecken davor
zurück, zumeist aus Angst, dass die Risiken für
Kostensteigerungen bei den kalten Nebenkosten
zu hoch sein könnten. Diese lassen sich aber da-
durch abfedern, dass nur bestimmte Kostenstel-
len pauschalisiert werden, etwa die für Heizung
undWarmwasser, die aus regenerativen Energien
gewonnen werden. Außerdem steht es Vermie-
tern frei, zu bestimmen, über welchen Zeitraum
hinweg der Festpreis unangetastet bleiben soll.
Auf der Haben-Seite sparen sie die Kosten für
den Einbau von Ablesevorrichtungen sowie die
für das Ablesen und die Nebenkostenerstellung.
Bei Mieterwechseln verringert sich der adminis-
trative Aufwand, die Anschrift des Altmieters zu
recherchieren, falls Nachzahlungen in Rechnung
gestellt werden sollen.
Schließlich ist ein Rückwechsel zu einer Mietemit
gewohnten Nebenkostenabrechnungen möglich,
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